Die Baupreise für Wohnraum sind derzeit kaum zu stämmen: Strenge Energiestandards verlangen große Investitionen, Preise für Baumaterialien und Energie sind auf dem Höchststand und die Zinsen sind hoch. Kein Wunder, dass kaum neuer Wohnraum entsteht und selbst Immobilienriesen wie Vonovia ihre Investitionspläne auf Eis legen. Dagegen will die Bundesregierung etwas unternehmen: Sie hat dafür unterschiedliche Maßnahmen zur Unterstützung der Baubranche angekündigt, die am 25. September 2023 mit Experten aus der Branche besprochen werden. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht es um "ganz konkrete Dinge". Was könnte sich ändern?
Wohnungsbaugipfel: Weniger Klimaschutzvorgaben bei der Dämmung?
Klimaschutzvorgaben zur stärkeren Dämmung neuer Häuser scheinen vorerst nicht zu kommen. Bereits vor dem Klimaschutzgipfel am Montag sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes ist sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen. Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH 40 einzuführen."
Das könne noch warten, heißt es, vor der EU-Gebäuderichtlinie mache der Standard laut Habeck auch keinen großen Sinn. Das Bundesministerium wolle aber dafür sorgen, dass in Zukunft "Nachhaltigkeitskriterien unbürokratischer, einfacher und dadurch besser zum Tragen kommen". Die Baubranche kritisiert schon länger die strengen Vorgaben im Bau zum Klimaschutz, die zu hohen Kosten führen würden.
Wohnungsbaugipfel: Werden Kredite erleichtert?
Im Kanzleramt wird beim Wohnungsbaugipfel auch über staatlich geförderte Kredite für Familien diskutiert. Das Ziel: Mehr Familien als bisher sollen zinsgünstige Baukredite bekommen. Im Beschlusspapier der Bundesregierung zum Wohnungsgipfel am Montag im Kanzleramt steht deshalb auch, dass die staatlich geförderten Kredithöchstbeträge um 30.000 Euro angehoben werden sollen."Außerdem wird die Grenze des zu versteuernden Einkommens, bis zu dem ein zinsvergünstigtes Darlehen beantragt werden kann, von 60.000 Euro im Jahr auf 90.000 Euro im Jahr angehoben." Das Beschlusspapier liegt unterschiedlichen Medien vor, zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet.
Eine Familie bekommt beispielsweise maximal 170.000 Euro bei der staatlichen Förderbank KfW. Das sind 30.000 Euro mehr als bisher. Der effektive Jahreszins soll bei 0,5 Prozent liegen. Bundesbauministerin Klara Geywitz hofft, dass so mehr Familien als bisher die Wohneigentumsförderung beantragen würden.
Außerdem will die Bundesregierung demnach die Länder unterstützen: Der Bund plant, den Ländern bis 2027 als Unterstützung für den sozialen Wohnungsbau 18,15 Milliarden Euro bereitstellen. Die Summe sollen die Länder zusätzlich kofinanzieren, sodass für den sozialen Wohnungsbau insgesamt rund 45 Milliarden Euro bis 2027 zu Verfügung stünden.
Wohnungsbaugipfel: Könnten sich Sanierungen lohnen?
Wirtschaftsminister Habeck erklärte vorab, dass auch gezielte steuerliche Sanierungsanreize kommen würden. Das könne die Baukonjunktur anschieben und Fläche und Energiekosten bei bestehenden Gebäuden sparen. Belohnt werden sollen laut Habeck zügige Investitionen: "Langes Warten rechnet sich weniger."
Wohnungsbaugipfel: Bekommen die Mieter mehr Rechte?
Aber reicht es in der derzeitigen Lage, den Bau neuer Wohnungen zu erleichtern? Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hält bei der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt den Neubau nicht als einzigen Teil der Lösung. Sie forderte eine Stärkung der Mieterrechte: "Die Ampel sollte sich jetzt auch mietenpolitisch dem Problem annehmen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die steigenden Mieten würden "zur Belastungsprobe bis weit in die Mitte der Gesellschaft".
Wohnungsbaugipfel: Was wird kritisiert?
Experten kritisieren das Maßnahmenpaket, das am Montag besprochen wird. Ökonomen geht die Förderung des Wohnbausektors nicht weit genug. "Fraglich ist, ob das Maßnahmenpaket ausreichen wird, um die absehbare Krise auf dem Wohnungsmarkt noch abzuwenden", sagte beispielsweise Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf der Nachrichtenagentur Reuters. Akteure wie die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt oder der Zentralen Immobilienausschuss (ZIA), ein Dachverband der Branche, wünschten sich bereits im Vorhinein größere Konjunkturpakete und weitere staatliche Kreditprogramme. Einige Verbände boykottierten den Wohnungsbaugipfel.