Den Titelhelden kennen alle irgendwie – „Winnetou“. Aber so verklärt die Erinnerungen an Karl May, möglicherweise auch die Filme und die eigene Jugend dabei sein mögen, so verbittert wird gerade über Winnetou, den Apachen-Häuptling gestritten: Aktuell läuft der Film "Der junge Häuptling Winnetou" in den deutschen Kinos. Der Verlag Ravensburger hat ein gleichnamiges Buch zum Film veröffentlicht. Dafür gab es mächtig Kritik im Netz. Die Folge: Der Verlag hat das Buch aus dem Programm genommen und die Auslieferung gestoppt. Und es folgte der zweite Shitstorm.
Winnetou-Buch zurückgezogen: So äußert sich Ravensburger
"Wir haben die vielen negativen Rückmeldungen zu unserem Buch 'Der junge Häuptling Winnetou' verfolgt und wir haben heute entschieden, die Auslieferung der Titel zu stoppen und sie aus dem Programm zu nehmen", schreibt Ravensburger im August auf Instagram. Das Feedback habe dem Verlag gezeigt, dass er mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt habe. "Das war nie unsere Absicht und das ist auch nicht mit unseren Ravensburger Werten zu vereinbaren. Wir entschuldigen uns dafür ausdrücklich", so Ravensburger weiter.
Die Internetnutzer hatten kritisiert, dass der Stoff von Karl May überhaupt noch verlegt wird, vor allem für Kinder. Es würden rassistische Stereotype aufgezeigt, die ihren Ursprung im Kolonialismus haben.
Aber auf diese Ankündigung hagelte es auf dem Instagram-Kanal des Verlags noch viel mehr Kritik – etwa: „Wer sich einer militanten Minderheit unterwirft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er die große Mehrheit verärgert“ oder „Kann nicht euer Ernst sein“ oder „Ein Fehler – jetzt wird der Shitstorm noch größer“ oder „Cancel Culture in Reinkultur“. In die Kritik gekommen war zuvor schon der Film „Der junge Winnetou“, der am 11. August angelaufen ist. Der Film erzählt eine Geschichte vom jungen Winnetou und führt dabei die bekannten Charaktere von Karl May ein.
"Der junge Häuptling Winnetou": FBW-Jury uneinig
Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) erhielt „Der junge Häuptling Winnetou“ das Prädikat „besonders wertvoll“, dazu allerdings eine bemerkenswerte Jury-Begründung, weil diese absolut gespalten auf den Film reagiert hat : „zwischen vehementer Ablehnung einerseits und großer Zustimmung andererseits“, wie es auf der Internetseite der FBW heißt.
Für die einen sei der Film ein „kitschiges rückwärtsgewandtes Theaterstück, das nichts mit der Realität zu tun habe“, eine „literarische Idylle Karl Mays“, „welche den Genozid an den Ureinwohnern Amerikas und das ihnen zugefügte Unrecht der Landnahme der weißen Siedler und der Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums vollkommen ausblenden würde“. Für die anderen seien die Geschichten Karl Mays Märchen, ebenso wie die Filme aus den 1960er Jahren, „welche die Welt der indigenen Völker im absolut klischeehaften Bild darstellten“. Und es sei legitim, dies auch heute in einem märchenhaft anmutenden Film zu wiederholen.
Kunstpädagoge Brenne kritisiert Verlag-Entscheidung
Der Karl-May-Experte und Kunstpädagoge Andreas Brenne kritisiert die Entscheidung des Verlags. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte er: „Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen.“ Zuvor hätte sich der Verlag von Kinder- und Jugendbuchexperten beraten lassen sollen. Und weiter: „Hier hat wohl die Angst der Marketingabteilung des Verlags, das Haus könne in Verruf kommen, das Vorgehen diktiert.“
Und nun: Wird der Ravensburger Verlag von zweierlei Seite im Netz angegangen: Die einen, die nicht verstehen, dass das Buch zum Film überhaupt veröffentlicht wurde, die anderen, die fassungslos sind, dass der Verlag die Kritik der kulturellen Aneignung ernst nimmt und das Buch wieder einstampft.
Ravensburger zu Winnetou-Buch: "Wir haben einen Fehler gemacht"
Der Verlag selbst hat auf Instagram versprochen: "Die Entscheidung, die Titel zu veröffentlichen, würden wir heute nicht mehr so treffen. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt einen Fehler gemacht und wir können euch versichern: Wir lernen daraus!"