Es war einer der großen Aufreger der Münchner Sicherheitskonferenz: US-Außenminister Antony Blinken war kurz vor seinem Treffen mit dem chinesischen Chefdiplomaten Wang Yi mit einem Verdacht an die Öffentlichkeit gegangen. "Die Sorge, die wir jetzt haben, basiert auf Informationen, die wir haben, wonach China erwägt, Waffen zu liefern", sagte Blinken dem US-amerikanischen Fernsehsender CBS: "Wir haben sehr klar gemacht, dass das ein ernstes Problem für unsere Beziehung verursachen würde."
Aus China kam schnell der Konter, dass der Außenminister der USA Desinformation betreibe. Es scheint allerdings, dass nicht nur Blinken derartige Berichte erhalten hat. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock sprachen das Thema bei Wang an. "Ich habe bei meinem letzten Gespräch mit Vertretern Chinas klar gesagt, dass das nicht akzeptiert werden kann", sagte Scholz dann am Donnerstag in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner". Ein Bericht des Spiegel könnte nun erklären, worüber Blinken, Scholz und Baerbock mit Wang reden wollten.
Will China Russland Kamikazedrohnen liefern?
Laut dem Bericht verhandelt Moskau mit dem chinesischen Drohnenhersteller Xi’an Bingo Intelligent Aviation Technology. Es soll um eine Massenproduktion von Kamikazedrohnen gehen, welche Russland zugesichert werden könnte. Der Konzern soll eingewilligt haben, 100 Kamikazedrohnen des Typs ZT-180 bis April nach Russland auszuliefern. Die ZT-180-Drohne soll einen Sprengkopf von 35 bis 50 Kilogramm tragen können und von Design und Funktionsweise der iranischen Shahed-136-Kamikazedrohne ähneln. Diese setzt Russland verstärkt in der Ukraine ein, griff damit Kraftwerke, militärische Ziele und Wohnhäuser an.
Xi'an Bingo Intelligent Aviation Technology soll außerdem den Plan verfolgen, nach und nach Knowhow und wichtige Komponenten nach Russland zu liefern, was eine Produktion vor Ort möglich machen könnte. In Russland sollen so etwa 100 Kamikazedrohnen im Monat produziert werden können.
Der Spiegel berichtet, dass es schon im vergangenen Jahr chinesische Pläne gab, wonach das russische Militär unterstützt werden sollte. Es war demnach unter anderem die Lieferung von Ersatzteilen für russische Kampfjets im Gespräch.
China liefert wohl bereits Drohnen an Russland
Schon seit einigen Monaten wird darüber diskutiert, inwiefern Peking Moskau bereits beim Krieg in der Ukraine unterstützt. In den Sicherheitskreisen einiger Länder wurde zuletzt die Information ausgetauscht, dass chinesische Firmen Satellitenbilder an Russland liefern würden, welche das russische Militär zur Aufklärung des Kampfgebiets nutzen soll. Die USA reagierten darauf bereits: Die US-Regierung in Washington setzte die chinesische Satellitenfirma Changsha Tianyi Space Science and Technology Institute auf die Sanktionsliste.
Laut dem Bericht des Spiegel liegen in Berlin weitere brisante Berichte vor. Demnach soll China bereits Drohnen an russische Abnehmer liefern. Es sollen handelsübliche Drohnen sein, die aber auch zu Aufklärungszwecken im Kriegsgebiet genutzt werden können. Sie werden "Dual-Use-Objekte" genannt. Die Drohnen sollen über Import-Export-Firmen geliefert werden, welche vom chinesischen Staat kontrolliert werden. Über die Vereinigten Arabischen Emirate gelangen sie dann nach Russland. Und von dort aus geht es wohl weiter an die Front in der Ukraine.
China streitet Waffenlieferung an Russland ab
Chinas Chef-Diplomat soll auf die Konfrontationen von Scholz und Co. kühl reagiert haben. Das chinesische Außenministerium dementiert Berichte rund um Waffenlieferung an Russland seit Beginn des Krieges. Zuletzt legte China einen 12-Punkte-Plan vor, welcher die Forderung nach einem Waffenstillstand beinhaltet. In dem Dokument wird aber auch Verständnis für die russische Argumentation eingefordert.
Klar ist, dass die Lieferung von Kamikazedrohnen das chinesische Verhältnis zum Westen in ein weiteres Tief bringen würde. Nach den Spionage-Vorwürfen aus den USA waren die Spannungen ohnehin größer geworden.