Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Wiens geheime Seiten: Von Schnitzel ohne Soße bis zu skurrilen Museen

Reise

Wundern über Wien: Worauf Urlauber achten sollten

    • |
    • |
    Es ist nie ein Fehler, in Wien ein Wiener Schnitzel zu bestellen. Aber wehe, Sie ordern dazu eine Soße.
    Es ist nie ein Fehler, in Wien ein Wiener Schnitzel zu bestellen. Aber wehe, Sie ordern dazu eine Soße. Foto: Christian Bruna, dpa

    Jetzt einmal ehrlich: Von all den Klischees, die vor allem in Deutschland über das „Wiener Wesen“, die Eigen- und Schönheiten, die Abgründe und Fallgruben der österreichischen Hauptstadt kursieren, ist das „Sudern“, also das stetige Sich-Beschweren, wohl jenes, das den Wienern am stärksten anhaftet. Das Wienerische und damit auch das Sudern sind dabei, auszusterben und junge Wienerinnen und Wiener sind in Sprache und Ausdruck längst nicht mehr von ihren deutschen Altersgenossen zu unterscheiden, was älteren Hauptstadtbewohnern wiederum Stoff für oben genannte Beschwerdesucht liefert. Einige Wiener Besonderheiten – und Untiefen – halten sich jedoch hartnäckig. Wussten Sie zum Beispiel, …

    … dass es gelinde gesagt unangenehm werden kann, wenn Sie in einem authentischen Wiener Beisl – Touristen-Buden sind hier ausdrücklich nicht gemeint – zu Ihrem Schnitzel Soße bestellen? Wie es in Europas Hauptstädten nun mal der Fall ist bei Nationalgerichten: Den Wienern ist ihr „Wiener“, das ja aus Mailand kommt, genauso heilig wie das Frühstücks-Kipferl, das die Türken an die Donau gebracht haben sollen. Zwar werden Pommes statt dem eigentlich vorgesehenen Erdäpfelsalat als Beilage inzwischen durch die Bank akzeptiert, beim Wunsch nach Soße zum Panierten hört sich der Spaß aber auf. Eine patzige Replik vom „Herrn Ober“ ist dann garantiert und kann durchaus auch beleidigend ausfallen, persönlich sollte man das aber keinesfalls nehmen: In Wien geht seit geraumer Zeit die Geschichte eines deutschen Touristen um, der in einem Kaffeehaus nach einem „Schnitzel Goaned“ verlangt haben soll. Auf die Frage des verdutzen Kellners, was er denn damit meine, soll der Gast gesagt haben, er habe im letzten Lokal gefragt, wie man denn hier ein „Schnitzel mit Tunke“ bestellt. Da habe der Kellner gesagt: „Goaned“ (gar nicht).

    Der Zentralfriedhof, ja alles Vergängliche ist dem Wiener heilig

    … dass – apropos Essen – in Wien Pferde nicht nur als Fiaker-Kutschen zum Straßenbild gehören, sondern bei so manchem Wiener auch in Form von Leberkäse in der Semmel landen? Wer an einem klassischen Wiener Würstelstand eine Leberkässemmel ordert, wird nicht selten mit der Frage konfrontiert werden: „Schweindal oder Pferdal?“ Nicht jeder findet das tatsächlich appetitfördernd. So soll die Tradition, Pferde zu verwursten, dem Vernehmen nach besonders bei Gästen aus dem angelsächsischen Raum auf Unverständnis, ja teils Entsetzen stoßen. Die edlen Tiere in der Semmel essen, statt auf ihnen durch die grüne Landschaft zu galoppieren? Für reitbegeisterte Inselbewohner ein absolutes No-Go. Dann schon lieber „a Eitrige“ (eine Eiternde), also eine gebratene Käsekrainer.

    Das Wiener Fiaker-Pferd ist eine Berühmtheit in der Stadt. Aber auf der Semmel?
    Das Wiener Fiaker-Pferd ist eine Berühmtheit in der Stadt. Aber auf der Semmel? Foto: Georg Hochmuth, APA/dpa

    … dass sich die „Bestattung Wien GmbH“ den Ruf Wiens, Hauptstadt für alles Morbide zu sein, marketingmäßig zunutze gemacht hat? Im Online-Shop des eigenen „Bestattungs Museum“ kann man alles kaufen, was das rabenschwarze Herz begehrt: Sportbeutel mit Aufdruck „Ich turne bis zur Urne“, Eis-Schaber fürs Auto mit Motto „Mit uns kratzen Sie besser ab“, USB-Sticks in Sargform oder die beliebte Zigaretten-Schachtel „Rauchen sichert Arbeitsplätze“. Dieses besondere Beispiel des Wiener Umgangs mit der Vergänglichkeit kommt nicht nur bei Gläubigen eher weniger gut an. Wer den berühmten Wiener Zentralfriedhof besucht, dem könnten zudem Jogger in größerer Zahl entgegenlaufen: Was bis vor Kurzem von der Verwaltung nur toleriert wurde, wird nun unter dem Titel „Silent Run“ mit eigenen Laufstrecken sogar gefördert. Man solle sich dabei aber, bitte schön, „pietätvoll und angemessen“ verhalten.

    Ein Zebrastreifen bedeutet für den autofahrenden Wiener nur, dass hier auch Passanten es wagen könnten, die Fahrbahn zu betreten

    … dass etwaiges Fehlverhalten in den Wiener U-Bahn-Zügen durchaus eine ganz persönliche Ansprache vom Fahrer nach sich ziehen kann? Statt eine mahnende Durchsage auf Band abzuspielen, wenn mal wieder jemand die Türe blockiert oder ein Fahrrad mitführt und dies nicht erlaubt ist, greift der Fahrer auf manchen Linien lieber direkt zum Mikrofon und weist den Missetäter zurecht. Der „Herr im gelben T-Shirt“, die „Dame im weißen Kleid“ möge es sofortigst unterlassen, sich dauerhaft im Türbereich aufzuhalten, so klingt das dann. Derart bloßgestellt, so offenbar die Überlegungen der U-Bahn-Fahrer, prägen sich dem Fahrgast-Anfänger die Regeln wohl besser ein.

    … dass Sie, wenn Sie ihre Wege statt mit den Wiener Öffis lieber zu Fuß zurücklegen, das Diktat der Autofahrer akzeptieren müssen? Anders als in Paris sind es in Wien nicht die Fußgänger, die die Verkehrsregeln systematisch missachten. Ein Zebrastreifen, das bedeutet für den autofahrenden Wiener in vielen Fällen nur, dass hier lästigerweise auch Passanten es wagen könnten, die Fahrbahn zu betreten. Nicht selten bekommt man in Wien Fußgänger zu sehen, die sich artig bei Auto-Lenkern bedanken, die gnädigerweise stehen bleiben, um das Überqueren zu ermöglichen. Kaum bekannt ist außerhalb Österreichs auch die Tatsache, dass es europaweit nur hierzulande grün blinkende Ampeln gibt – bevor die Ampel auf Gelb und schließlich auf Rot springt. Eine grün blinkende Ampel ist für den Wiener Fahrer allerdings eher Aufforderung, aufs Gaspedal zu treten, als auf die Bremse. Obacht also, mit Wiener Autofahrern ist nicht zu spaßen. Zuwiderhandeln könnte Ihnen im günstigsten Fall eine unflätige Beschimpfung einbringen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden