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Wiederaufbau: Der Kampf um die Schönheit von Notre-Dame

Wiederaufbau

Der Kampf um die Schönheit von Notre-Dame

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    Die Kathedrale Notre-Dame ist ein Pariser Wahrzeichen.
    Die Kathedrale Notre-Dame ist ein Pariser Wahrzeichen. Foto: Sadak Souici, dpa

    Werden die Besucher der Kathedrale Notre-Dame in Paris diese noch wiedererkennen, wenn sie voraussichtlich 2024 wieder für alle zugänglich ist? Direkt nach der Feuerkatastrophe im April 2019, bei der unter anderem der hölzerne Dachstuhl aus rund 1300 Eichenbalken, der Vierungsturm und die Turmuhr zerstört worden waren, versprach Präsident Emmanuel Macron, Notre-Dame innerhalb von nur fünf Jahren wieder aufzubauen. Doch die Frage, ob es sich um eine identische Rekonstruktion oder um eine Modernisierung des Wahrzeichens handeln soll, erregt die Gemüter.

    Obwohl Macron für eine „zeitgenössische architektonische Geste“ plädiert hatte, wurde entschieden, dass sich am äußeren Erscheinungsbild mitsamt dem Spitzturm, den der Architekt Eugène Viollet-le-Duc erst im 19. Jahrhundert hinzugefügt hatte, nichts ändert. Das hatten rund 1200 Spezialisten in einem offenen Brief gefordert und entsprach auch dem Wunsch der Pariser Bevölkerung. Für die Gestaltung des Innenraums soll dies aber nicht gelten. Das sehen zumindest die Pläne der Diözese vor, die am Donnerstag der nationalen Kommission für Kulturerbe und Architektur präsentiert wurden. Das Gremium segnete diese weitgehend ab und gibt sie als Empfehlung an die Regierung weiter. Denn das letzte Wort in der Sache hat der Staat als Eigentümer der Kathedrale.

    Notre Dame soll wie ein Museum behandelt werden

    Laut dem Geistlichen Gilles Drouin, der für das Projekt verantwortlich ist, will man gleichermaßen den Empfang der Gläubigen und der jährlich bis zu zwölf Millionen Touristen verbessern. Vor dem Unglück wurden pro Jahr 2500 Messen in der Kathedrale abgehalten. „Es steht außer Frage, Notre-Dame wie ein Museum zu behandeln oder die religiösen Feiern in einer Ecke zu isolieren“, sagte Drouin. Besucher sollen künftig durch das zentrale Tor und nicht mehr durch Seitentüren eintreten und dadurch sofort einen weiten Blick vom Taufbecken am Eingang über den Altar bis zum Tabernakel bekommen. Die neue Besucherführung verläuft demnach vom Nordflügel bis zum südlichen Querschiff, wo die Statue der Jungfrau mit Kind steht, welche unversehrt aus den Trümmern der beschädigten Kathedrale geborgen werden konnte.

    In Flammen: Weite Teile der Kathedrale wurden zerstört, der Vierungsturm auf dem Dach stürzte ein.
    In Flammen: Weite Teile der Kathedrale wurden zerstört, der Vierungsturm auf dem Dach stürzte ein. Foto: Thierry Mallet, AP/dpa

    Doch schon vorab wurde heftig Stimmung gegen die geplanten Änderungen gemacht. „Das, was der Brand verschont hat, will die Diözese zerstören“, wetterten rund 100 Intellektuelle und Kunsthistoriker in einem offenen Brief. Die Konzeption des „genialen Architekten“ Viollet-le-Duc drohe „auf ein Nichts reduziert“ zu werden. Speziell wandten sich die Kritiker gegen die geplante Videoprojektion von Bibelzitaten in verschiedenen Sprachen, eine Umgestaltung des Wandschmucks in den Seitenkapellen, die Einrichtung beweglicher und beleuchteter Bänke und die Idee, zeitgenössische Kunstwerke mit einigen alten Gemälden „in einen Dialog treten“ zu lassen.

    Kritik: Notre Dame werde zu einem Disneyland gemacht

    So könnten laut französischen Medienberichten Bildern von Rubens oder Luis Chéron Werke von der 2010 verstorbenen Bildhauerin Louise Bourgeois oder des deutschen Künstlers Anselm Kiefer gegenübergestellt werden. Notre-Dame werde zu einem „Disneyland“ gemacht, klagte Stéphane Bern: „Das ist modern, um des Modernseins willen und letztlich in erster Linie grotesk.“

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