Der Schwarzwald ist in Krimis ja meist neblig und düster. So, als wären die Klamotten immer ein bisschen klamm. Dazu dieser Satz, der nach der neuen Episode des Breisgau-„Tatorts“ hängenbleibt: „Gerechtigkeit gibt es nicht, nur Schadensausgleich.“ Bei diesem ernüchternden Fazit ist der Weg in die Herbstdepression nicht weit, und dann fährt Kommissarin Tobler (Eva Löbau) auch noch mit eingeschaltetem Autoradio durch die Nacht, es läuft: Leonard Cohens in Erwartung des eigenen Todes entstandenes Album „You Want It Darker“. Man ist schon ganz emotional durchgefroren, bis Tobler und ihr Kollege Berg (Hans-Jochen Wagner) am Lagerfeuer vor dessen Landhaus sitzen und ihre eigene Form von Gerechtigkeit schaffen.
Mehr als von der Umgebung aber kommt die Frostigkeit im Fall „Ad Acta“ (Sonntag, ARD, 20.20 Uhr; Regie: Rudi Gaul, Buch: Bernd Lange) von den Figuren, vor allem von Anwalt Rainer Benzinger (August Zirner). Er boxt auch schwerste Straftäter vor Gericht frei. Clanfamilien, Organisiertes Verbrechen, Rechtsradikale, Rockerbanden, alles in seinen Erfolgsakten. Stiefsohn Tobias Benzinger (Jan Liem), ebenfalls Anwalt in der Kanzlei, leidet unter diesem Vater; auch er will auf seine Weise Gerechtigkeit herstellen und bekommt dafür eine Kugel in den Kopf, niedergestreckt von einem Motorradfahrer mit schneller Motocross-Maschine und schwarzem Visier. Der Alte hat kein Interesse daran, dass der Mörder gefunden wird, er schiebt seine anwaltliche Schweigepflicht vor. Kein Wunder, dass Berg wütend wird. Das gipfelt in einem schönen Best-of badischer Beschimpfungen: „Du Schafsäckl!“
Bei all dem unsympathischen Topverdiener-Justizpersonal tut die Behäbigkeit der Normalo-Kommissare, die den „Tatort“ aus dem Schwarzwald oft ein bisschen einschläfernd macht, diesmal richtig gut. Während die Bösen in kalten Luxushäusern und sterilen Gerichtssälen agieren, bearbeitet der bodenständige Berg mit dem Traktor die Hänge rund um sein Bauernhäuschen. Lebensecht auch die Verzweiflung und Empörung, wenn vor Gericht ein möglicher Mord so routiniert abverhandelt wird, als ginge es um einen Falschparker-Fall.
Nur: So wirklich Spannung kommt auch diesmal nicht auf. Wenn den Kommissaren in Minute 54 ein Licht aufgeht, hat man als Zuschauerin oder Zuschauer längst ausermittelt, was es mit dem kleinen Jungen aus einem früheren Fall Benzingers auf sich hat, den die Kommissare in alten Akten entdecken. Der Zusammenhang ist so offensichtlich wie die Haare des Kindes rot.
Doch es lohnt sich dennoch, bis zum Ende zu schauen. Die letzte Szene beinhaltet einen Cliffhanger, ein offenes Ende, nach dem man sich wünscht, die nächste Episode aus dem Schwarzwald möge bitte, bitte bald kommen. Und damit ist die Spannung schlagartig doch noch da.
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