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Wie entsteht ein Tsunami? Ursachen einfach erklärt

Naturkatastrophe

Wie entsteht ein Tsunami? Ursachen einfach erklärt

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    Verwüstetes Banda Aceh: Bei der furchtbaren Tsunami-Katastrophe von 2004 kamen am zweiten Weihnachtstag mehr als 230.000 Menschen ums Leben.
    Verwüstetes Banda Aceh: Bei der furchtbaren Tsunami-Katastrophe von 2004 kamen am zweiten Weihnachtstag mehr als 230.000 Menschen ums Leben. Foto: Andy Rain, dpa (Archivbild)

    Das Wissen um eine Gefahr aus der Tiefe mit katastrophalen Folgen ist vielen Menschen wohl 2004 so richtig bewusst geworden, nach einer der größten Menschheitskatastrophen der Neuzeit im Indischen Ozean. TV-Bilder von verwüsteten Landstrichen und nie zuvor gesehene Todeszahlen, darunter viele Touristen, haben sich tief ins Gedächtnis einer Weltöffentlichkeit eingebrannt.

    Fortan war Indonesien mit der Tsunami-Tragödie verbunden, wenige Jahre später ereignete sich ein ähnliches Phänomen in Japan, was zur Nuklearkatastrophe von Fukushima führte. Doch was genau ist eigentlich ein Tsunami? Wie entsteht er, gibt es Frühwarnsysteme und eine Verbindung zum Klimawandel? Und ist ein

    Was ist ein Tsunami?

    Als einen Tsunami bezeichnet man unterirdisch ausgelöste Wassermassen, die sich zu Riesenwellen formieren und, vorausgesetzt sie treffen auf Land, zu großen Zerstörungen führen können.

    Das Wort "Tsunami" stammt aus dem Japanischen und setzt sich zusammen aus "Hafen" ("tsu") und "Welle" ("nami"). Im Kompositum "Hafenwelle" zeichnet sich demnach in der Überlieferung die Erfahrung japanischer Fischer ab, die einen Tsunami auf hoher See zunächst kaum bemerkten und erst bei der Rückkehr in den Hafen von einer Schneise der Verwüstung überrascht wurden, die von einer riesigen Welle verursacht wurde. Anders als bei üblichen Wellen, die man am Strand beobachten kann, wird ein Tsunami nicht vom Wind erzeugt.

    Wie entsteht ein Tsunami?

    Die Gefahr kommt aus der Tiefe. Verantwortlich für die Riesenwellen sind Erdbeben, Erdrutsche oder andere Erschütterungen wie Hangrutsche, Meteoriteneinschläge oder Vulkanausbrüche am Grunde des Ozeans. Wenn sich der Meeresboden senkt oder hebt, setzen sich zunächst riesige Wassermassen in alle Richtungen in Bewegung. Das Tückische dabei: An der Wasseroberfläche sind diese Vorgänge aus den Tiefen des Ozeans kaum spürbar. Das "Deutsche GeoForschungsZentrum" (GFZ) in Potsdam beispielsweise rechnet vor, dass bei einer Meerestiefe von 5000 Metern die Wellen auf hoher See gerade einmal wenige Dezimeter bis einen Meter hoch sind.

    Gefährlich wird es dennoch, und zwar dann, wenn sich die Wassermassen in Richtung flachere Gebiete, also potenziell auch auf Küsten zubewegen und sich nun mehr und mehr auf dem kleiner werdenden Raum verteilen und zu hohen Wellen auftürmen. Kritisch kann es werden, wenn sie tatsächlich auf Land treffen und dort einige hundert Meter bis mehrere Kilometer weit ins Landesinnere vordringen und heftige Überschwemmungen auslösen.

    Wie schnell kann ein Tsunami werden und wie hoch sind seine Wellen?

    Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Tsunami ausbreitet, hängt mit der Ozeantiefe ab, in der sich das Epizentrum der Erderschütterung befindet. Prinzipiell gilt: Je tiefer das Wasser ist, desto schneller sind die Wellen. Ein Bericht des Max-Planck-Instituts schätzt bei 6100 Metern Wassertiefe eine Tsunami-Geschwindigkeit von etwa 885 Kilometern pro Stunde.

    Im Flachwasserbereich verringert sich dann die Geschwindigkeit des Tsunamis erheblich, allerdings kommt es nun zu großen Wasserkonzentrationen mit Wellen von bis zu 30 Metern, deren Geschwindigkeiten auch bei Landkollision immer noch mehr als 30 Kilometer pro Stunde betragen können. Oftmals kommt das Wasser dennoch zu schnell und zum Flüchten eignet sich nur noch der höchste Hügel.

    Das Gefährliche an Tsunamis ist außerdem, dass ihre Wellen in Schüben auf der Küste aufbranden können und sich viele der flüchtenden Menschen nach der ersten Welle bereits in Sicherheit wiegen.

    Wie oft kommen Tsunamis vor?

    Das GFZ geht weltweit von durchschnittlich nur zehn Tsunami-Vorfällen aus. Betrachtet man hierzu die Häufigkeit, dass ein Tsunami auf besiedeltes Land trifft, ergibt sich eine marginal geringe Wahrscheinlichkeit, bei einer Riesenwelle zu Schaden zu kommen. So richten nur etwa zehn Prozent aller Riesenwellen Sachschäden an oder gefährden Menschenleben. In dünn besiedelten Gebieten wie Alaska oder Kamtschatka verlaufen sie ohnehin meist harmlos. Und in Risikogebieten werden mittlerweile oft früh Maßnahmen getroffen, um die Schäden gering zu halten.

    Besonders gefährdete Tsunami-Regionen: Auch Europa ist prinzipiell gefährdet

    Tsunamis ereignen sich insbesondere entlang von Gebieten, in denen besondere tektonische Bedingungen vorherrschen, und zwar sogenannte Subduktionszonen. Dort trifft die ozeanische Platte auf die kontinentale Platte und taucht unter dieser ab. Dabei entstehen Spannungen in der Erdkruste, die zu Erdbeben führen.

    Eine besonders gefährdete Region ist der sogenannte "Pazifische Feuerring", der fast den gesamten Randbereich des Pazifiks umfasst. Aber nicht nur die Pazifik-Region ist eine gefährdete Zone. Auch im Atlantik und im Mittelmeer wurden in der Vergangenheit Tsunamis durch Erdbeben und Vulkanausbrüche ausgelöst. Vor einigen Hundert Jahren erwischte es sogar eine europäische Hauptstadt, mit fatalen Folgen.

    Die verheerendsten Tsunami-Katastrophen der letzten 500 Jahre

    • 1755: Zwei Drittel der portugiesischen Hauptstadt Lissabon wurden am 1. November 1755 von einem Erdbeben zerstört. Zehntausende Menschen fanden den Tod. Eine riesige Wasserwelle überquerte den Atlantik und traf die Insel Madeira. 15 Meter hohen Wellen wurden hier gemessen.
    • 1883: Die Insel Krakatau zwischen Sumatra und Java wurde durch einen Vulkanausbruch auseinandergesprengt. Die anschließenden Riesenwellen brachten 36.000 Menschen den Tod.
    • 1933: Eine von vier Tsunami-Katastrophen (1293, 1703, 1896) an der Sanriku-Küste in Japan. Insgesamt fielen den vier Tsunamis etwa 160.000 Menschen zum Opfer.
    • 1976: Schweres Erdbeben auf den Philippinen. Die nachfolgende sechs Meter hohe Flutwelle spülte ganze Dörfer ins Meer. 5000 Menschen kamen ums Leben.
    • 2004: Die schwerste Tsunami-Katastophe der Neuzeit ereignete sich am 26. Dezember 2004. Nach einem unterseeischen Beben hob sich vor Sumatra der Meeresgrund innerhalb kurzer Zeit auf einer Strecke von rund 1200 Kilometern um bis zu zehn Meter. Die dadurch entstandenen Flutwellen brachen sich an den Küstenregionen am Golf von Bengalen und löschten insgesamt etwa 227.000 Menschenleben aus.
    • 2011: Am 11. März 2011 bebte vor Japans Küste der Meeresboden. Das Epizentrum lag etwa 370 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Tokio entfernt und löste eine Tsunami-Welle aus. Insgesamt starben mehr als 20.000 Menschen infolge des Erdbebens und der Flutwelle. Die Flutwelle traf auch das Atomkraftwerk in Fukushima, das an unmittelbar an der Küste liegt. In drei von sechs Reaktoren kam es zu Kernschmelzen.

    Tsunami: Welche Frühwarnsysteme gibt es?

    All die in der Vergangenheit von heftigen Tsunami-Katastrophen heimgesuchten Gebiete haben eine Reihe von Tsunami-Frühwarnsystemen eingerichtet. Japan beispielsweise hat unter anderem riesige Tsunami-Schutzwälle errichtet, deren größter sieben Meter hoch und fast zwei tausend Meter lang ist.

    Als Reaktion auf die Katastrophe 2004 wurde 2008 auch im Indischen Ozean ein vom GFZ entwickeltes Frühwarnsystem in Betrieb genommen.

    So wurden Sensoren auf dem Meeresboden verankert, die jeden Erdstoß registrieren und entsprechend anschlagen. Die gemessenen Daten werden an GPS-Bojen gesendet und dann an Satelliten weitergeleitet, die die Daten wiederum an wissenschaftliche Überwachungszentren senden. Von dort aus wird bei Tsunami-Gefahr der Alarm gestartet und in den Ländern über die Medien, aber auch über SMS und mobile Apps verbreitet.

    "Das System funktioniert gut und hat die Bevölkerung schon vor zahlreichen Tsunamis gewarnt", sagt Jörn Lauterjung vom GFZ, um gleichdarauf die Euphorie zu dämpfen: „Erdbeben lassen sich nicht voraussagen, dadurch werden wir auch nie hundertprozentig verhindern können, dass Menschen zu Schaden kommen. Aber jedes gerettete Menschenleben lohnt den großen Aufwand, den wir betrieben haben.“

    Tsunami und Co: Hat der Klimawandel Auswirkungen auf Naturkatastrophen?

    Die Frage, ob sich der Klimawandel auf die vermehrt auftretenden Umweltkatastrophen auswirkt, ist pauschal so nicht zu beantworten. Umweltforscher rechnen aber damit, dass es wegen der weltweiten Erwärmung des Klimas häufiger zu Stürmen wie Orkanen und Tornados kommen wird, da diese mit Temperaturunterschieden und Luftveränderungen zusammenhängen. Konstant bleiben werden dagegen voraussichtlich die Zahlen von Umweltkatastrophen, die auf tektonische Ursachen zurückzuführen sind wie Erdbeben oder eben die von ihnen ausgelösten Tsunami-Flutwellen.

    Ist ein Tsunami auch in Deutschland möglich?

    Anders als im südeuropäischen Mittelmeerraum, wo es noch einige aktive Vulkane gibt, die zu Seebeben und somit auch zu Tsunamis führen können, sind die deutschen Küstenregionen aufgrund ihrer Plattentektonik eher ungefährdet. Unklar ist, ob es dennoch auch an deutschen Küsten in der Vergangenheit zu nennenswerten Tsunami-Vorfällen gekommen ist.

    Am 5. Juni 1858 prallte ein Tsunami auf die Nordseeküste, so jedenfalls behauptet es der Geograf Jürgen Newig von der Kieler Christian-Albrechts-Universität. Newig und sein Kollege Dieter Kelletat stützen sich dabei auf zeitgenössische Berichte von Menschen, die das Ereignis auf Sylt, Wangerooge und Helgoland beobachtet haben wollen. Am heftigsten, so die Forscher, sollen Wellen mit sechs Meter Höhe auf die dänische Küste aufgebrandet sein.

    Für die wahrscheinlichste Ursache halten die beiden Geowissenschaftler einen unterseeischen Hangabrutsch, bei dem mehrere Kubikkilometer Gestein auf den Meeresgrund stürzten. In einem älteren SPIEGEL-Artikel aus dem Jahr 2012 warnen sie sogar vor einer wiederholten Gefahr: "So etwas kann jederzeit wieder passieren."

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