Gespräche über das Wetter gelten als banal. Allerdings kann sich das schnell ändern, wenn das Wetter extreme Züge annimmt. Denn Wetterereignisse wie Überflutungen, Hitzewellen, Stürme oder Dürren können verheerende Folgen annehmen. Die Wissenschaft beschäftigt sich zunehmend mit Ursachen, Folgen und Auswirkungen von Wetterextremen. Denn sie sind ein Anzeichen des weltweiten Klimawandels. Auch wenn es derartige Ereignisse seit jeher gegeben hat, sind sich Forscher einig, dass sich Maßstäbe in der Häufigkeit, Stärke und Zerstörung in Zukunft verschieben werden.
Definition: Was sind Wetterextreme?
Laut Einschätzungen des Weltklimarats (IPCC) gibt es keine einheitliche Definition von Wetterextremen. Man kann allerdings zwei Aspekte unterscheiden, nach denen sich extremes Wetter definieren lässt:
- die Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Wetterereignisses
- ein bestimmter Grenzwert, also besonders hohe oder niedrige Werte
Der erste Aspekt bezieht sich auf die Häufigkeit eines Wetterereignisses. Dieses kann zum Beispiel dann als "extrem" bezeichnet werden, wenn es zum Beispiel nur ein Mal in hundert Jahren passiert oder die Wahrscheinlichkeit, dass es eintritt, nur sehr gering ist.
Die zweite Definition richtet sich nach der Ausprägung des Wetters. Auf der Informationsplattform Warnsignal Klima der Universität Hamburg informieren Forscher aus der ganzen Welt über Auswirkungen und Hintergründe des Klimawandels - und auch über Wetterextreme. Diese definieren die Wissenschaftler als "Bestandteile des 'normalen' Wetters mit besonders starken Abweichungen vom Durchschnitt".
Statistisch betrachtet sind Extremwerte in der Verteilung von Größen wie Temperatur, Niederschlag und Wind definitionsgemäß sehr seltene Ereignisse. Wenn die Werte für das Wetter - wie die Regenmenge - also besonders hoch oder niedrig sind, sprechen die Wissenschaftler von Wetterextremen.
Ein Wetterereignis kann außerdem als extrem eingestuft werden, wenn es besonders hohe Schäden anrichten kann: Dies kann zum Beispiel Menschenleben, unsere Infrastruktur und Wirtschaft oder Ökosysteme treffen.
Demnach zählen zu Wetterextremen:
- Starkregen
- Hitzewellen
- Kältewellen
- Dürre und Wasserknappheit
- Stürme, Hurrikane, Taifune, Tornados
- Hochwasser und Überschwemmung
- Hagelschäden
- Waldbrände
Klimawandel: Wie entstehen Wetterextreme?
In der Forschung ist man sich grundsätzlich einig, dass die in der jüngsten Vergangenheit aufgetretenen Extreme vom Klimawandel beeinflusst sind. Eine wichtige Rolle hat dabei der Jetstream in der Polarregion: Dieser Windstrom transportiert Luftmassen über den Globus, sodass schnell ein Austausch zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten erfolgen kann. Durch die Erwärmung an den Polen wird der Jetstream allerdings schwächer. Die Folge: Wetterphasen wie Trockenheit oder Niederschläge verweilen länger an einem Ort. Hitzewellen und Dürren oder Starkregen und Fluten entstehen dadurch etwa.
Aber auch andere Folgen des Klimawandels können zu extremeren Wetterereignissen führen: Hohe Temperaturen etwa erhöhen die Verdunstung von Wasser aus Böden, Pflanzen oder Gewässern. Das kann die Häufigkeit und Intensität von Dürren beeinflussen.
Welche Beispiele gibt es für Wetterextreme in Deutschland?
Die Folgen des Klimawandels zeigen sich auch in extremen Wettereignissen in Deutschland. Dazu zählen Flutkatastrophen, verheerende Stürme an der Nordsee-Küste, Hitzesommer und extreme Winter. Sie führten zu großen Schäden, kosteten oft Menschenleben und sind so in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben. Beispiele für vergangene Wetterextreme aus der jüngeren Geschichte sind:
- Hitzesommer 2003: Der heiße Sommer vor knapp 20 Jahren war das erste einzelne Wetterereignis, das Wissenschaftler in direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel gesetzt haben. Hochrechnungen zeigten, dass es in Deutschland zu circa 7.000 zusätzlichen Todesfällen durch direkte hitzebedingte Erkrankungen kam: durch Hitzschlag, akute Verschlechterungen bestehender Vorerkrankungen beispielsweise des Herz-Kreislauf-Systems. Einer Studie zufolge kamen in Europa rund 70.000 Menschen an den Folgen der Hitzewelle um.
- Elbehochwasser: Der Fluss führte im August 2002, im Frühling 2006 und zuletzt 2013 so viel Wasser, dass es zu großflächigen Überflutungen in Deutschland und auch Tschechien kam. Allein 2002 zählte man mindestens 45 Todesopfer und Schäden in Höhe von insgesamt etwa 15 Milliarden Euro, etwa 9 Milliarden davon in Deutschland.
- Flutkatastrophe 2021: Bei der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli starben nach derzeitigem Stand alleine in Deutschland mehr als 180 Menschen. Die Flut verursachte zudem Sachschäden in Milliardenhöhe. Am schlimmsten waren die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betroffen. Innerhalb von 24 Stunden fielen dort 100 bis 150 Liter Regen pro Quadratmeter. Das Ereignis gilt als Jahrhunderthochwasser.
- Orkan Lothar: Kurz vor dem Jahrtausendwechsel fegte Lothar über Deutschland, hauptsächlich über den Schwarzwald und die südlichen Regionen Bayerns. Er gilt als einer der schwersten Stürme in der deutschen Geschichte. In nur zwei Stunden an Weihnachten 1999 kostete der Sturm mehr als einhundert Menschen das Leben. Versicherungen schätzten die volkswirtschaftlichen Schäden auf mehr als elf Milliarden Euro.
- Sturmflut 1962: In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 brach eine schwere Sturmflut über Norddeutschland herein. Hamburg ist besonders betroffen, das Wasser überflutet ein Sechstel der Stadt. Allein in Hamburg gibt es 315 Tote, Tausende werden obdachlos, verlieren im Hochwasser ihr Hab und Gut.
Welche Beispiele gibt es für Wetterextreme weltweit?
Weltweit führen unterschiedliche Extremwetter zu verheerenden Katastrophen. Dazu zählen etwa:
- Monsun 2017: Die Monsun-Regenfälle in Südostasien verursachten die schlimmsten Überschwemmungen der letzten 100 Jahre. Sie forderten mehr als 1400 Menschenleben, ein Drittel Bangladeschs war unter Wasser, die Nahrungsversorgung einer halben Million Nepalesen war gefährdet, allein mehr als 7000 Schulgebäude waren beschädigt.
- Hurrikan Katrina: 2005 brach der Tropensturm Katrina mit rund 280 Kilometern pro Stunde über die US-Golfküste herein und wurde zu einer der verheerendsten Naturkatastrophen in den USA. Vor allem das Schicksal von New Orleans machte weltweit Schlagzeilen: In der 450.000-Einwohnerstadt brachen die Dämme und das Wasser stieg auf 7,60 Meter.
- Hitzewelle Nordamerika 2021: Als Jahrtausendereignis gilt diese Hitzewelle, weil sie genau genommen eine ganze Serie aus Hitzewellen war. Die extrem hohen Temperaturen trafen die USA und Kanada ungewöhlich früh im Jahr und führten zu starken Gewittern und Waldbränden. In Kalifornien, Nevada, Washington und Oregon war der Juli 2021 der heißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts.
- Taifun Nina: In China führte der tropische Wirbelsturm 1975 zu großen Schäden. In der zentralchinesischen Provinz Henan brachen 62 Staudämme, bei der Überschwemmung und den späteren Folgen des Sturms, wie Hungersnot und Epidemien, starben etwa 230.000 Menschen.
- Waldbrände Griechenland 2021: Als Folge der längsten Hitzewelle des Landes seit 1987 - Temperaturen bis 45 Grad Celsius - brannten in Griechenland zahlreiche Wälder. In Teilen des Landes herrschten katastrophale Zustände, besonders die Insel Euböa ist von den Waldbränden betroffen.
Eine chronologische Auflistung der Wetterextreme der bergangenen zehn Jahre führt das Umweltbundesamt. Dabei folgt auf eine Zusammenfassung der durchschnittlichen Werte eines Jahres extreme Wetterereignisse, Rekorde oder andere Besonderheiten.
Welche Folgen haben Wetterextreme?
Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) legt extremes Wetter die Verkehrsnetze lahm, sorgt für Stromausfälle und unterbricht die Energie- und Wasserversorgung. "Die Bevölkerung wird von lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen abgeschnitten – von Lebensmitteln bis hin zur medizinischen Versorgung. Im schlimmsten Fall kosten Wetter-Extreme sogar Menschenleben", schreibt das BBK.
Eine weltweite Folge von Wetterextremen sind Hungersnöte: Der Global Report on Food Crises des Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen gibt an, dass sich im Jahr 2021 etwa 23,5 Millionen Menschen in 8 Ländern aufgrund von Klimaereignissen nicht mehr ausreichend ernähren konnten. Die Welthungerhilfe erklärt, dass Hitzewellen, starke Regenfälle, Dürren und Überschwemmungen einerseits die Nahrungsmittelproduktion behindern, andererseits auch den Zugang für Nahrung in vielen Ländern unmöglich machen.
Hitzewellen lassen Felder austrocknen und Nutztiere verdürsten. Fluten zerstören Transportwege und Lagerstätten. Dadurch steigende Lebensmittelpreise machen Nahrungsmittel für arme Länder unzahlbar. In vielen äquatornahen Regionen sind laut dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ) die Erträge etwa von Mais und Weizen gesunken. In Afrika schadet der Klimawandel bereits der Viehzucht.
Häufigere und intensivere extreme Hitzeereignisse können laut Greenpeace auch zu einer Zunahme von Krankheiten und Todesfällen führen, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
Hinzu kommen wirtschaftliche Schäden. Reiche Länder können anscheinend die Kosten von Wetterextremen bis jetzt noch verkraften. Armere Länder können sich oft erst nach Jahrzehnten erholen, wenn sie denn nicht erneut durch eine Naturgewalt heimgesucht werden.
Infolge von Hungersnöten, Verlust von Hab und Gut sowie schlechter gesundheitlicher Versorgung kommt es zu Migration: Bereits 24 Millionen Menschen sind laut dem globalen Bericht über Vertreibung pro Jahr auf der Flucht vor Umweltkatastrophen.
Werden Wetterextreme häufiger?
Kurz gesagt: ja. Das Umweltbundesamt hebt hervor, dass die globalen Durchschnittstemperaturen in den letzten Jahrzehnten immer schneller steigen: "Ein Beispiel: Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen wurden im 21. Jahrhundert gemessen."
Infolge dessen wurden auch extreme Wetterereignisse wie Starkniederschläge und Hitzewellen häufiger. Die Helmholtz-Klima-Initiative, ein Zusammenschluss aus Forschungszentren, erklärt: "Die bereits beobachtete Erwärmung hat in den meisten Gebieten an Land bereits zu einer erhöhten Häufigkeit, Intensität und Dauer von Hitzewellen geführt. In manchen Gegenden sind auch Dürren häufiger und heftiger geworden, etwa im Mittelmeerraum, in Westasien, vielen Teilen Südamerikas sowie eines Großteils Afrikas und Nordostasiens."
Auch lokaler Starkregen wurde häufiger, wie ein IPCC-Sonderbericht zeigt. In Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten das Risiko von Hochwasser bei Flüssen zugenommen, Tropenstürme wie Hurrikans und Taifune werden zwar nicht häufiger, dafür aber zerstörerischer.
Auch die Forscher von Warnsignal Klima schreiben: "Wetter- und Witterungsextreme, wie sie in der Vergangenheit eher selten auftraten, könnten spätestens ab 2050 zur Normalität gehören." Demnach werden Wetterextreme wie länger anhaltende Dürren mit Waldbränden, Überschwemmungen und Hitzewelle sowie Missernten und Hungerperioden weiter zunehmen.