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Weine werden in 25 Jahren anders schmecken

Genuss

Wie schmeckt der Bordeaux-Wein im Jahr 2050?

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    Weltweit geht der Trend weg von schweren Rotweinen. Der charakteristische holzige Geschmack ist nicht mehr so angesagt.
    Weltweit geht der Trend weg von schweren Rotweinen. Der charakteristische holzige Geschmack ist nicht mehr so angesagt. Foto: Roland Weihrauch, dpa

    Er dürfte wohl weniger Tannin enthalten, jener Bordeaux-Wein, den die Menschen im Jahr 2050 trinken werden. Wie lässt sich die Herbe verringern und zugleich das typische Aroma reifer Beeren bewahren? Und all das bei gleichzeitig steigenden Temperaturen? Das sind Überlegungen, die Bernard Magrez umtreiben, auch mit 88 Jahren. Der Besitzer von weltweit mehr als 40 Weinbergen, darunter vier der renommierten „Grands Crus Classés“ im Bordelais, dem weltweit größten Anbaugebiet für Qualitätswein um Bordeaux, sucht seit Jahrzehnten unablässig nach Wegen, um sein Imperium zu erweitern und zu verbessern, die Kundschaft zu pflegen und neue Liebhaber zu finden.

    „Damit unser Wein exzellent bleibt, muss er sich verändern“, sagt der Geschäftsmann voller Überzeugung. „Es ist schwer zu verdauen, dass manche Weine aus anderen Regionen, ob aus Italien, dem Napa Valley in Kalifornien oder Australien, die unseren bisweilen übertreffen.“ Um dem Trend zu begegnen, hat er gerade eine von der Flaschenzahl her limitierte Kollektion namens „Pépites“, „Glanzstücke“, herausgebracht, mit einem Preis von 225 bis zu 2700 Euro pro Flasche. Seine Suche nach „Wein-Ikonen des Luxus“, wie er sie nennt, nach einer „neuen, überraschenden und dennoch authentischen Erfahrung“ bei der Wein-Degustation für Spitzenkenner oder -verdiener, ist das eine. Das Bemühen, auch weniger luxuriöse, sondern im Supermarkt zu niedrigen Preisen verkaufte Weine an die Geschmäcker der Zukunft, die zweifelsfrei „leichtere“ Getränke bevorzugen, und sie zugleich an den fortschreitenden Klimawandel anzupassen, das andere. Um das zu erreichen, setzt er auf die Forschung.

    Weltweit geht der Trend weg von schweren Rotweinen

    In Bordeaux hat der Unternehmer, den die französische Presse in Anspielung auf seine vielen Weingüter als den „40-Schlösser-Mann“ bezeichnet, ein Gründerzentrum mit rund 50 Start-ups aufgebaut, von denen sich einige eben mit der Frage beschäftigen, welche Rebsorten den Bordeaux-Wein im Jahr 2050 prägen werden. Die ganze Region nimmt seit mehreren Jahren einen deutlichen Rückgang der Wein-Verkäufe wahr, vor allem hinsichtlich des so wichtigen chinesischen Exportmarkts. Weltweit geht der Trend weg von schweren Rotweinen und hin zu leichteren Getränken mit weniger Alkoholgehalt. Selbst in Frankreich überstiegen im vergangenen Jahr erstmals die Verkaufszahlen für Bier jene des Weins. Der charakteristische holzige Geschmack ist nicht mehr so angesagt, erklärt Magrez .„Das Tannin hat den Erfolg von Bordeaux begründet, aber heute mögen die Kunden das Herbe weniger, weil sie überzeugt davon sind, dass es nicht gut für den Magen ist.“

    „Damit unser Wein exzellent bleibt, muss er sich verändern“, sagt Bernard Magrez.
    „Damit unser Wein exzellent bleibt, muss er sich verändern“, sagt Bernard Magrez. Foto: Bertrand Rindoff

    Weil sich die Bordeaux-Weine weltweit weniger gut verkaufen und um aufgrund der Überproduktion das Volumen zu verringern, reißen Winzer inzwischen Weinreben aus und bepflanzen die Parzellen nicht neu. Rund ein Drittel der 5000 Weinbauern im Bordelais sprechen von wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Bernard Magrez gehört nicht zu ihnen. Er gilt als einer der 100 reichsten Franzosen und investiert mit einem Teil seines Reichtums in die Zukunft, „für die ganze Region und ihre Winzer“, wie er sagt. Ein Team aus Önologen und Wissenschaftlern beobachtet auf einer Fläche von zwei Hektar die Reaktionen von mehreren Dutzend Rebsorten überwiegend aus dem Mittelmeerraum, die sie künstlich starker Hitze aussetzen. In einem weiteren Schritt wollen sie jene Varianten herausfiltern, die besonders resistent sind und zugleich die für Bordeaux-Weine typischen Geschmacksmerkmale bewahren. Dafür müssen sie bestimme Moleküle enthalten.

    Merlot verträgt Hitze nicht gut

    Die im Bordelais mit 66 Prozent am weitesten verbreitete Rebsorte ist Merlot, doch sie reagiere schlecht auf Hitze, sagt Lucile Dijkstra, Betriebsleiterin bei Magrez. „Studien zeigen, dass der Merlot bei hohen Temperaturen schnell seine Säure verliert, die aber wichtig ist für das Gefühl von Frische und Länge im Gaumen.“ Um die Auswirkungen der heißen Temperaturen zu verringern, werde früher geerntet – aber dann seien die Reben noch nicht reif. Deshalb werde nach Ergänzungen für die Cuvées, die Mischungen verschiedener Weine, gesucht. Später wird es darauf ankommen, ob die neuen Varianten vom zuständigen Institut zugelassen würden, damit die Weine das Gütesiegel AOC (kontrollierte Herkunftsbezeichnung) behalten und sich weiter der Appellation „Bordeaux“ zugehörig nennen dürfen.

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