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Was ist ein Tornado? Entstehung, Geschwindigkeit und Vorfälle in Deutschland

Wirbelsturm

Wie entsteht ein Tornado?

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    Dieser Tornado wütete im September 2021 über den Dächern von Kiel.
    Dieser Tornado wütete im September 2021 über den Dächern von Kiel. Foto: Philipp Brandl, dpa (Archivbild)

    Immer wieder kommt es in Deutschland zu kurzen und teils heftigen Wirbelstürmen, die Tornados genannt werden und eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Was wir sonst nur aus den USA kennen, tritt auch bei uns häufiger auf als allgemein angenommen. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) fegen hierzulande jedes Jahr zwischen 30 und 60 Tornados über das Land hinweg. Andere Quellen gehen sogar von weit mehr aus. Die Dunkelziffer ist groß. Doch was passiert eigentlich bei einem Tornado und wie entsteht er? Welche Geschwindigkeiten kann er aufnehmen und wie lange dauert er? Hier gibt es die Antworten.

    Was ist ein Tornado?

    Als Tornados (aus dem Spanischen "tornar", zu deutsch: "drehen" oder "wenden") bezeichnet man "schnell rotierende Luftwirbel, die von der Unterseite einer Wolke bis zum Erdboden reichen und am unteren Ende alles mitreißen", so eine verständliche und bis heute gültige wissenschaftliche Definition des deutschen Meteorologen Alfred Wegener im Jahre 1917.

    Der Durchmesser dieser "Luftwirbel", die im Deutschen neben der geläufigen Bezeichnung Tornado wahlweise auch Großtrombe oder Windhose ("hose" steht im Englischen für Schlauch) genannt werden, liegt laut DWD in der Regel bei einigen hundert Metern. Nur im Extremfall können sie bis zu 1000 Meter breit werden. Sie legen meist nur wenige Kilometer zurück und ändern dabei immer wieder ihre Richtung. Heftige Gewitter und Hagel sind häufige Begleiterscheinungen.

    Wie entsteht ein Tornado?

    Zur Entstehung eines Tornados müssen bestimmte und in dieser Konstellation äußerst selten vorkommende meteorologische Faktoren zusammenkommen. Zunächst einmal müssen Luft- und Bodenschichten unter großen Temperaturunterschieden aufeinandertreffen. Wenn feuchtwarme Luft aufsteigt und auf trockene Kaltluft trifft, Experten sprechen von einer "labilen Luftschichtung", entstehen in der Folge Gewitterwolken, so weit so bekannt.

    Für die Entstehung eines Tornados müssen jedoch noch andere Faktoren hinzukommen. So müssen sich Gewitterwolken zu etwas bilden, was Meteorologen eine "Superzelle" nennen. Diese zum Teil riesigen Wolkengebilde, die laut DWD einen Durchmesser von 20 bis 30 Kilometern haben können, werden zur entscheidenden Voraussetzung für die Entstehung von Tornados. Und zwar dann, wenn am Boden stark voneinander abweichende Windgeschwindigkeiten und -richtungen vorherrschen als in der Höhe. Es kommt zu einer sogenannten "vertikalen Windscherung", bei der ein starker Aufwind von unten die Gewitterwolke zu einer rotierenden Drehsäule verwandelt.

    Durch die nach oben strebende Warmluft (Aufwind) im unteren Bereich der Gewitterwolke schlägt nun die horizontale Rotation in die Vertikale um. Es kommt zum häufig beobachteten Phänomen des Pirouetten-Effekts.

    Wie stark können Tornados sein?

    Die meisten Tornados haben Windgeschwindigkeiten von weniger als 180 km/h. Die extremsten Wirbelstürme, von denen viele in den USA toben, können Windgeschwindigkeiten von mehr als 480 km/h erreichen. Zur Orientierung und Einordnung hilft die sogenannte Fujita-Skala, die Tornados in die Stärken von F0 bis F6 einteilt. Die dazugehörigen Windgeschwindigkeiten in einer Übersicht:

    • F0 (63-117 km/h): leichte Schäden: abgebrochene Äste und Baumkronen, Entwurzelung kleinerer Bäume
    • F1 (118-180 km/h): moderate Schäden: Dachziegel werden abgehoben, Wohnmobile umgeworfen
    • F2 (181-253 km/h): gesamte Dächer werden abgedeckt, große Bäume werden entwurzelt
    • F3 (254-332 km/h): PKWs heben ab, Wälder werden zerstört, Dächer komplett abgetragen
    • F4 (333-418 km/h): Holzhäuser werden verschoben, Gegenstände werden zu gefährlichen Geschossen
    • F5 (419-512 km/h): Häuser werden von Fundamenten gerissen und zerlegt, Asphalt kann abgetragen werden
    • F6 (513-612 km/h): Bislang noch unerreicht

    Wie lange dauert ein Tornado?

    Im Vergleich zu tropischen Wirbelstürmen wie Hurrikane oder Orkane sind Tornados deutlich kleinräumiger und auch kurzlebiger. Tornados dauern durchschnittlich nur etwa zehn Minuten. Sie können nur wenige Sekunden oder aber in seltenen Fällen auch etwas länger als eine Stunde bestehen.

    Tornados in Deutschland

    Anders als in Ländern, in denen extremere Luftströmungen mit großen Temperaturunterschieden vorkommen, kommt es in Deutschland relativ selten zu stärkeren Tornados. Laut dem Portal tornadoliste.de soll es in diesem Jahr immerhin bereits 20 bestätigte Tornado-Fälle in Deutschland gegeben haben. Hier eine kleine Auswahl zerstörerischer Tornados aus der jüngeren Vergangenheit, entnommen aus der Europäischen Unwetterdatenbank (ESWD):

    • Am Abend des 16. Mai 2018 zog ein F2-Tornado über den Kreis Viersen in Nordrhein-Westfalen, beschädigte Häuser und entwurzelte Bäume, die auf Straßen stürzten. Mehrere Menschen wurden leicht verletzt, einer schwer.
    • Am Nachmittag des 13. März 2019 zog ein F3-Tornado über den Ort Roetgen in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Menschen wurden verletzt, rund 35 Häuser teils schwer beschädigt, zehn Häuser waren vorerst unbewohnbar.
    • Am späten Nachmittag des 16. August 2021 zog ein Tornado der Stärke F2 durch die Gemeinde Großheide in Niedersachsen. 50 Häuser wurden beschädigt, darunter fünf Häuser, die nicht mehr bewohnbar sind.
    • Gegen 17 Uhr zog am 22. Mai 2022 ein Tornado in Nordrhein-Westfalen der Stärke F2 von Lippstadt weiter nach Paderborn bis nach Höxter. In Paderborn wurden mindestens 40 Menschen verletzt, zehn davon schwer. Zwei Häuser sind dort unbewohnbar, ein weiteres ist zum Teil eingestürzt. Es wurden zahlreiche Bäume entwurzelt und Dächer abgedeckt.

    Tornadowarnung: Können Tornados vorhergesagt werden?

    Die Vorhersage von Tornados gestaltet sich als äußerst schwieriges Unterfangen, da ein Tornado mit einer räumlichen Ausdehnung von meist nur wenigen dutzend bis einigen hundert Metern so klein ist, dass er weder vom Wetterradar noch von Satelliten erkannt werden kann. Zwar können Gebiete verortet werden, in denen günstige Bedingungen für die Entstehung von Tornados vorherrschen, ein verlässliches Frühwarnsystem, das voraussagt, wann und mit welchem Stärkegrad es zu Tornados kommt, ist laut aktuellem Forschungsstand allerdings noch nicht möglich.

    Dazu kommt: Eben weil es in Deutschland weit weniger Tornado-Vorfälle gibt als beispielsweise in den USA, ist das Tornadowarnsystem nicht so gut ausgerüstet. In den USA sind sogenannte "Chaser" (Sturmjäger) das gesamte Jahr über unterwegs und versorgen die Wetterdienste und TV-Sender mit Informationen.

    US-amerikanische TV-Sender unterbrechen zudem bei Tornados teilweise ihre Programme, um auf die Gefahren und die betroffenen Gebiete hinzuweisen und auch Tornado-Alarme durch Sirenen und Smartphones sind dort weitverbreitet.

    Tornados heute: Kommen sie häufiger vor als früher?

    Wetterextreme nehmen auch bei uns in Deutschland spürbar zu - heftige Überschwemmungen aus der jüngsten Vergangenheit mit vielen Todesopfern belegen dies nur zu deutlich.

    Doch wie verhält sich diese Entwicklung zu Vorfällen von Tornados? Der Befund ist nicht ganz eindeutig. Zwar haben Meteorologen in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Zunahme der in Deutschland beobachteten Tornados festgestellt. Doch auch die Nutzung von Smartphones mit Kameras hat zugenommen, sodass die Wirbelstürme häufiger dokumentiert werden können. Davon abgesehen bestätigen Wetterexperten aufgrund des Klimawandels eine steigende Häufigkeit von starken Sommergewittern, womit gleichzeitig auch das Tornadorisiko in Deutschland steigt.

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