Die Folgeerscheinungen von Covid-Impfschäden werden in Deutschland noch immer unterschätzt. Dabei leiden die Betroffenen an zum Teil schweren Erkrankungen, die weit über die üblichen Nebenwirkungen einer Corona-Impfung hinausgehen.
Laut einer Studie von ZEIT-Online haben bis Mitte Juni diesen Jahres bundesweit 9000 Geimpfte einen Antrag auf Anerkennung eines Corona-Impfschadens gestellt. Die tatsächliche Zahl dürfte wegen der Dunkelziffer aber deutlich höher liegen. Grund ist auch das von Ärzten und Experten kritisierte Melde-Verfahren
Doch was ist überhaupt ein Impfschaden? Wie definieren ihn Mediziner, und wie unterscheidet sich ein Impfschaden von heftigen Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung? Außerdem erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie einen Impfschaden melden, welche Post-Vac-Symptome und Erkrankungen zu den häufigsten Impfschäden gehören und welche aktuellen Gerichtsverfahren gegen die Hersteller von Corona-Impfstoffen laufen.
Was ist ein Impfschaden? Definition und Abgrenzung zu Impf-Nebenwirkungen
Ein Impfschaden definiert der Gesetzgeber nach Paragraf 2, Nummer 11 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) als "die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung."
Ein "Impfschaden" bedeutet demnach eine physische Reaktion, die selbst heftige Impfreaktionen wie Ausschläge, Fieber und Kopfschmerzen übersteigt und lebenseinschneidende und damit psychische Konsequenzen für die Betroffenen mit sich bringt.
Wie viele Impfschäden sind bekannt?
Bundesweit haben bis Mitte Juni diesen Jahres etwa 9000 Menschen einen Antrag auf Anerkennung eines Covid-Impfschadens gestellt. Das geht aus einer Anfrage von ZEIT-Online an alle 16 Landesbehörden hervor. Übrigens: Die meisten Anträge wurden in Bayern (2100) gestellt, die wenigsten in Bremen (79). Die Zahlen relativieren sich schnell, vergleicht man sie mit der Zahl der verabreichten Impfungen in Deutschland.
Laut Impfdashboard des Gesundheitsministeriums haben bislang 64,9 Millionen Menschen in Deutschland mindestens eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Insgesamt wurden mehr als 192 Millionen Impfdosen gegen Covid-19 seit Beginn der Impfkampagne verabreicht. Es ergibt sich somit ein deutliches Verhältnis: 10.000 Geimpfte stehen laut ZEIT etwas mehr als einem Antragsteller gegenüber.
Allerdings: Da in Deutschland keine Meldepflicht für Impfschäden besteht, ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer der Betroffenen höher liegt als die offizielle Zahl.
Welche Impfschäden sind bekannt?
Zu den häufigsten Erkrankungen durch Impfschäden gehören mitunter schwere Herzkomplikationen, Thrombose oder Schlaganfälle. Sie sind allerdings nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) "selten" (ein Fall pro 10.000 bis 1000 Impfungen) oder "sehr selten" (weniger als ein Fall pro 10.000 Impfungen). Laut PEI ist eine Häufung folgender schwerer Impfkomplikationen bekannt:
- Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen (Myo-/Perikarditis), von denen vor allem männliche Jugendliche im Alter von 12–17 Jahren und junge Männer bis 29 Jahren betroffen sind.
- Die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, die Durchblutungsstörungen und Schlaganfälle zur Folge haben können
- Symptome von Gesichtslähmung
- die Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom
- oder der Hörschaden Tinnitus
Starke Nebenwirkungen hatte auch der Impfstoff von Astrazeneca: Er führte vor allem bei Frauen zu Gerinnseln und Blutungen in den Hirngefäßen führte. Der Impfstoff wird deshalb in Deutschland seit Dezember 2021 nicht mehr verabreicht, genauso wie in den meisten anderen EU-Ländern.
Anerkennung eines Impfschadens: Wie können Betroffene ihr Leiden melden?
Bei Verdacht auf einen Impfschaden können Betroffene einen "Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens" beim Versorgungsamt des jeweiligen Bundeslandes stellen. Für den Freistaat Bayern beispielsweise ist das "Zentrum Bayern Familie und Soziales" (ZBFS) zuständig. Anschließend kann ein "Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz" gestellt werden.
Daraufhin können relevante medizinische Unterlagen von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen angefordert werden. Die Anerkennung eines Impfschadens ist laut RKI "eine individuelle Begutachtung nach dem sozialen Entschädigungsrecht." Ein Meldeformular von Nebenwirkungen nach einer Impfung steht übrigens auf den Seiten des PEI zum Download bereit. Die Betroffenen sollten laut dem Institut folgende Angaben machen können:
- Informationen zum Alter und Geschlecht der Person, bei der die Nebenwirkung aufgetreten ist
- eine genaue Beschreibung der Nebenwirkung
- die Dosis und die Bezeichnung des Impfstoffes, von dem vermutet wird, dass es zu einer Nebenwirkung geführt hat (Handelsname und Wirkstoffbezeichnung)
- die Chargenbezeichnung des Impfstoffes (ist auf der Verpackung angegeben)
- alle anderen Arzneimittel oder anderen Impfstoffe, die etwa zur gleichen Zeit eingenommen oder gespritzt wurden (einschließlich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, pflanzlicher Arzneimittel und Verhütungsmittel)
- alle anderen gesundheitlichen Probleme der betroffenen Person bei der die Nebenwirkung aufgetreten ist.
Entschädigung für Post-Vac-Betroffene: Klagen gegen Impfstoff-Hersteller auch in Bayern und Augsburg
Von den offiziellen Zahlen der Antragssteller auf Anerkennung eines Impfschadens sind laut der dpa 350 Betroffene, die Klage bei einem Gericht eingereicht haben. Zudem sind bei den Sozialgerichten 51 Klagen anhängig (Stand April), in denen es um die Anerkennung von möglichen Impfschäden durch das Land und die damit verbundene Versorgungsleistungen des Staates geht.
Die meisten Geschädigten klagen allerdings auf Schadenersatz gegenüber den Herstellern der Corona-Impfstoffe. Das Landgericht im schwäbischen Rottweil verhandelt etwa über den Fall eines 58-jährigen Geschädigten, der auf einem Auge seine Sehkraft eingebüßt hat. Er sieht die Ursache dafür in der kurz zuvor erhaltenen Impfung mit dem BioNTech-Vakzin "Comirnaty", und verlangt nun vom Mainzer Unternehmen Schmerzensgeld in Höhe von 150.000 Euro.
Eine Umfrage von dpa ergab zudem: Auch bei den bayerischen Gerichten sind mehr als ein Dutzend Klagen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen Hersteller von Corona-Impfstoffen wegen möglicher Impfschäden eingegangen.
Klagen wegen Impfschäden: Knackpunkt ist die Beweisbarkeit von Kausalität
Die Gerichte müssen nun klären, inwieweit die von den Klägerinnen und Klägern geltend gemachten Schäden über die bekannten Nebenwirkungen von Corona-Impfungen hinausgehen und ob der Impfstoff pharmakologisch überhaupt infrage kommt, den eingetretenen Schaden hervorzurufen. Nur falls dies gegeben ist und die Schäden auch tatsächlich auf Covid-Impfungen zurückzuführen sind, hätten die Impfschäden der Betroffenen grundsätzlich Aussicht auf Entschädigung.
Der Knackpunkt wird dabei für die Richter sein, die Kausalität zu klären, das heißt, ob der vorgebliche Impfschaden tatsächlich in Verbindung mit der Impfung steht. "An dieser Stelle wird es in diesen Verfahren wohl nicht ohne aufwändige medizinische Gutachten gehen", vermutet der Münchner Rechtsanwalt Thomas Klindt, Fachmann für Produkthaftungsrecht, gegenüber tagesschau.de. Denn die Gegenseite werde natürlich das Gegenteil behaupten und auf andere Ursachen für den Schaden hinweisen.