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Was bedeutet das Öl-Embargo der EU gegen Russland?

Importstopp

Was bedeutet das Öl-Embargo der EU gegen Russland?

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    Was bedeutet das Öl-Embargo der EU gegen Russland?
    Was bedeutet das Öl-Embargo der EU gegen Russland? Foto: Gregory Bull, AP/dpa

    Es war wieder mal eine schwierige Geburt der Europäischen Union (EU). Doch das Öl-Embargo gegen Russland wegen dessen Angriffskrieg auf die Ukraine scheint Realität zu werden. Beim Treffen der 27 Staats- und Regierungschef in Brüssel am Montag (30. Mai) wurde ein Kompromiss errungen.

    Dieser war nötig, da sich Ungarn gegen einen lapidaren Einfuhrstopp aus Russland sperrte. Denn die Regierung von Viktor Orban befürchtet, dem eigenen Land mit diesem Schritt immens zu schaden. Wie etwa auch Deutschland ist das osteuropäische Land sehr von Wladimir Putins Öl abhängig, die Umstellung wird entsprechend umfassend.

    Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um das Öl-Embargo der EU gegen Russland.

    Warum soll kein Öl mehr aus Russland fließen?

    Die Invasion von Putins Truppen in der Ukraine und die schrecklichen Bilder aus dem Kriegsgebiet haben auch die Politik aufgeschreckt und zu einem Umdenken hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland geführt. Denn durch die Öl-Importe finanzieren die Abnehmerländer indirekt den Krieg, schließlich kann der Kreml die Einnahmen jederzeit für die Auf- und Nachrüstung der eigenen Armee verwenden.

    Die EU-Denkfabrik Bruegel schätzt, dass die EU-Staaten noch vor Kurzem etwa 450 Millionen Euro für Öl aus Russland ausgaben - pro Tag. Das größte Land der Erde ist der mit Abstand wichtigste Zulieferer für den europäischen Staatenbund.

    Wie sieht der Kompromiss beim Öl-Embargo aus?

    Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird allen Mitgliedsländern zugestanden, über Pipelines weiterhin Öl aus Russland zu beziehen - dies betrifft neben Ungarn auch Tschechien, die Slowakei, Polen und Deutschland. Die beiden Letztgenannten verdeutlichten jedoch bereits, von diesem Zugeständnis nicht profitieren zu wollen. So sollen auch die Pipeline-Lieferungen bis Jahresende um rund 90 Prozent reduziert werden.

    Da Ungarn zudem Liefer-Ausfälle aufgrund von Anschlägen auf die durch die Ukraine verlaufende Pipeline befürchtet, schrieb die EU bei Import-Schwierigkeiten Notfallmaßnahmen vor, die eine "Versorgungssicherheit" gewährleisten sollen. Was genau dahintersteckt, war zunächst unklar.

    Wie sieht der zeitliche Rahmen hinsichtlich des Öl-Embargos aus?

    Auch das wurde zunächst nicht bekannt. In einem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission hieß es, binnen acht Monaten sollten alle Öl-Importe aus Russland beendet werden. Ausnahmen waren für Ungarn und die Slowakei vorgesehen, die 20 Monate Zeit für die Abnabelung bekommen sollten.

    Wie groß ist die Abhängigkeit Deutschlands vom Öl aus Russland?

    Deutlich geringer als noch vor dem Krieg. Kam vor nicht allzu langer Zeit noch mehr als ein Drittel des importierten Öls aus Russland, sind es mittlerweile "nur" noch zwölf Prozent. Daher hält das Wirtschaftsministerium einen kompletten Ausstieg bis Spätsommer für möglich.

    Welche Folgen sind mit dem Öl-Embargo verbunden?

    Die Versorgung der EU-Staaten sollte dennoch gesichert sein - sonst wäre dieser Schritt wohl nicht gewagt worden. Allerdings ist durchaus mit höheren Preisen auf dem Weltmarkt zu rechnen, die dann auch beim Verbraucher ankommen dürften. Davor warnen vor allem Wirtschaftsverbände. Längst nicht alle Öl-Exporteure haben ihre Fördermenge erhöht, obwohl sich die Nachfrage nun weiter verschieben wird, nachdem zuvor bereits die USA dem russischen Öl entsagt haben.

    Einem Öl-Preisanstieg wirkte zuletzt aber offenbar die rigorose Corona-Politik Chinas entgegen. Im Reich der Mitte sinkt wegen der Lockdowns die Nachfrage nach Rohöl und Benzin - hier ist allerdings fraglich, wie lange dies noch der Fall sein wird.

    Wirtschaftsminister Robert Habeck stimmte Deutschland bereits auf mögliche Preissprünge ein. Der Grünen-Politiker erwarte keine "Ölkrise", warnte jedoch vor zeitlichen Ausfällen infolge der Umstellung. Gerade in Ostdeutschland sei eine Lieferunterbrechung nicht auszuschließen, denn Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern werden von der Raffinerie in Schwedt versorgt, die mehrheitlich in der Hand des russischen Staatskonzerns Rosneft liegt. Hier verkompliziert sich die Umstellung deutlich.

    Woher könnten Deutschland und die EU künftig Öl beziehen?

    Schon jetzt wird Öl auch aus Norwegen, Nigeria, Kasachstan, dem Irak, Saudi-Arabien, den USA oder Libyen in die EU importiert. Womöglich könnten gerade die OPEC-Staaten, also die Organisation der Erdöl exportierenden Länder, nun verstärkt in den Fokus rücken. Allerdings sind etwa der Iran und Venezuela aktuell mit US-Sanktionen belegt, so dass Geschäfte erschwert würden - hier wäre also noch diplomatische Vorarbeit zu leisten.

    Achillesferse: Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt gehört dem russischen Staatskonzern Rosneft.
    Achillesferse: Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt gehört dem russischen Staatskonzern Rosneft. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Welche Folgen kommen durch das Öl-Embargo auf Russland zu?

    Das lässt sich aktuell kaum prognostizieren. Auf lange Sicht droht ein enormer Anstieg der Arbeitslosigkeit, denn allein der Gaskonzern Gazprom beschäftigt rund eine halbe Million Menschen. Zwar soll Russlands Staatshaushalt zu einem Drittel von Ölverkäufen gedeckt werden, doch Experten erwarten keinen kurzfristigen Einbruch. Dabei könnte Putin auch in die Karten spielen, dass die lange Vorlaufzeit des Embargos westliche Länder dazu animieren könnte, noch einen Öl-Vorrat zu ergattern.

    Wohin könnte Russland sein Öl künftig exportieren?

    Vor allem wohl nach China und Indien und damit in zwei der bevölkerungsreichsten Länder der Erde. Während China schon vor dem Krieg der wichtigste Abnehmer russischen Öls außerhalb Europas war, nutzte Indien die Gunst der Stunde und näherte sich hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen Moskau zuletzt an. Dabei könnten Neu-Delhi, das bislang vorrangig aus dem Irak, aus Saudi-Arabien und aus den Vereinigten Arabischen Emiraten importiert, die sinkenden Preise für russisches Öl entgegenkommen. Allerdings werden China und Indien die Nachfrageausfälle infolge des EU-Embargos kaum komplett ersetzen können.

    Ist nach dem Kohle- und Öl-Embargo auch ein Importstopp von russischem Gas zu erwarten?

    Eher nicht. Dazu gibt es wegen der großen Abhängigkeit einiger EU-Länder wie auch Deutschland noch gar keinen Vorschlag innerhalb der Kommission. Die Bundesrepublik etwa sieht die Gefahr einer Wirtschaftskrise im eigenen Land, sollten die Gas-Lieferungen zeitnah gestoppt werden.

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