Nach alternativen Verhütungsmethoden wird viel geforscht, doch nach wie vor ist es Frauensache. Bislang können Männer nur auf Kondome zurückgreifen. Das könnte sich in Zukunft ändern, denn eine neue Studie, die Forscher aus den USA und Belgien im Fachjournal "PNAS" vorstellten, kommt zu dem Ergebnis, dass es vielleicht bald auch eine andere Methode gibt. Welche das ist und wann mit der neuen Verhütungsmethode für Männer gerechnet werden kann, lesen Sie hier.
Wie funktioniert die neue Verhütungsmethode für den Mann?
Damit eine Eizelle befruchtet werden kann, müssen Spermien zunächst zu dieser gelangen und in sie eindringen. Damit das funktioniert, müssen Spermien ihre Oberflächenspannung ändern. Das machen sie, indem sie Kaliumionen aus dem Zellinneren herauspumpen. Dieser Prozess nennt sich Hyperpolarisation. Bislang war allerdings nicht klar, welcher Kaliumkanal dafür verantwortlich ist.
Bis jetzt, denn Forscher haben herausgefunden, dass die von ihnen entwickelte Substanz VU0546110 den Kaliumkanal SLO3 hemmt. Dieser spielt beim Herauspumpen der Kaliumionen eine Schlüsselrolle. Zudem brauchen die Spermien diesen Kanal auch, um sich überhaupt fortbewegen zu können.
Die Studie bringt mehrere Erkenntnisse: Laut den Forschern könnten Mutationen im SLO3-Gen erklären, warum manche Männer unfruchtbar sind. Außerdem könnte die Substanz VU0546110 als Verhütungsmittel verwendet werden, indem es den SLO3 Kanal gezielt hemmt und somit verhindert, dass Spermien ihre Oberflächenspannung ändern und in die Eizelle eindringen können.
Anders als die Pille für den Mann, die über Jahre erforscht und dann doch wieder verworfen wurde, würde die neu entwickelte Substanz VU0546110 nicht in den Hormonhaushalt eingreifen. Bislang ist das alles aber nur Theorie, denn bei den Ergebnissen handelt es sich um Labor-Versuche. Um tatsächlich als Medikament zugelassen zu werden, muss die Substanz erst an Tieren, wie zum Beispiel an Mäusen, und dann auch noch in mehreren Studien an Menschen getestet werden.
Wichtig sei laut Professor Artur Mayerhofer vom Biomedizinischen Centrum München, dass die Ergebnisse durch eine größere Fallzahl abgesichert werden, um herauszufinden, wie sicher die Methode ist. Außerdem müsse die Substanz auf Nebenwirkungen hin untersucht werden.
Wie könnte das neue Verhütungsmittel eingesetzt werden?
Professor Artur Mayerhofer könnte sich vorstellen, dass das neue Verhütungsmittel vaginal als Gel oder Creme eingesetzt wird. Es sollte auch die Kombinationen mit bisherigen Verhütungsmethoden getestet werden.
Es müsse aber auch untersucht werden, ob wirklich der Mann oder nicht doch die Frau die Substanz einnehmen müsste - wenn es in Tablettenform auf den Markt käme - da die Substanz ihre Funktion ja im weiblichen Körper erfüllen müsse, gibt Professor Timo Strünker vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie in Münster zu bedenken.
Erste Erkenntnisse scheinen also vielversprechend und lösen auch unter Forschern Begeisterung aus. "Es ist noch ein weiter Weg, der sich aber lohnen könnte. Es besteht Bedarf an neuen nicht- oder wenig invasiven und reversiblen kontrazeptiven Methoden, die möglichst wenig in die Physiologie von Frau und Mann eingreifen. Spermien und deren Funktion sind ein idealer Angriffspunkt. Die Ergebnisse der Studie sind also eine wichtige Grundlage für die Entwicklung derartiger Methoden", sagt Professor Artur Mayerhofer.