Unten ruhen die Verstorbenen, oben arbeiten in der Sonne die Solarzellen: Auf dem Friedhof Campanar in der spanischen Mittelmeerstadt Valencia sind kürzlich 400 Fotovoltaik-Module in Betrieb genommen worden. Weitere 6000 Solarzellen sollen bis Ende des Jahres auf vier anderen Friedhöfen Valencias folgen. Die mit 830.000 Einwohnern drittgrößte Stadt Spaniens ist mit dem Projekt Vorreiter in Europa.
Dabei muss man wissen, dass in Spanien die sterblichen Überreste der meisten Menschen in Urnen in gemauerten Nischen von Gräberwänden bestattet werden. Deren Dächer werden nun zur Energieerzeugung genutzt: „Eine Idee, mit der die Vergangenheit geehrt und die Zukunft vorangetrieben wird”, lobte die EU-Kommission.
Mit dem Strom sollen bedürftige Familien kostenlos versorgt werden
„Wir installieren hier die größte urbane Solarfabrik Europas”, sagt Carlos Mundina, der in Valencias Stadtregierung für Friedhöfe, Umweltpolitik und die Energiewende zuständig ist. Mit der Sonnenkraft von den Gräberwänden sollen öffentliche Gebäude und bedürftige Familien kostenlos Energie erhalten. Das Projekt „Requiem in Power“ fügt sich dabei in ein Paket von Öko-Maßnahmen, mit denen Valencia von sich reden macht. Die Anlagen auf den Friedhöfen sollen einmal 3,4 Millionen Kilowatt Strom im Jahr erzeugen. Das reicht theoretisch, um ein Dorf oder Stadtviertel mit etwa 2500 Einwohnerinnen und Einwohnern zu versorgen. Wichtig ist den Verantwortlichen, dass der Charakter der Friedhöfe als Orte der Ruhe und des Gedenkens nicht gestört wird.
Ein weiteres Beispiel für den grünen Wandel der Touristenstadt ist der Turia-Garten. Die Grünzone wurde im alten Bett des Turia-Flusses angelegt, der umgeleitet wurde, um Überschwemmungen zu vermeiden. Die neun Kilometer lange Park- und Freizeitanlage zieht sich durch das gesamte Zentrum und ist eine der größten urbanen Parkanlagen Spaniens.
„Wir wollen eine freundlichere Stadt für künftige Generationen, die uns als Leuchtturm für nachhaltige Politik am Mittelmeer ausweist”, heißt es aus dem Rathaus Valencias. Wegen ihrer Bemühungen um den Umweltschutz wurde die Stadt von der Europäischen Kommission in diesem Jahr zur „Grünen Hauptstadt Europas“ ernannt.
Ganz Spanien hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt
Die klimatischen Bedingungen dort sind ideal für die Erzeugung von Sonnenenergie. Die Stadt und ihr Umland verzeichnen durchschnittlich mehr als 300 Sonnentage im Jahr. Nicht immer ist das allerdings ein Grund zur Freude: Im Sommer 2023 wurde in Valencia mit 46,8 Grad Celsius im Schatten ein spanischer Hitzerekord gemessen.
Doch nicht nur Valencia geht innovative Wege, ganz Spanien hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen 81 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Das Land, das in Europa jahrzehntelang beim Umweltschutz und beim Thema „sauberer Strom“ hinterherhinkte, hat bereits große Fortschritte vorzuweisen. Der Anteil erneuerbarer Energien stieg in den vergangenen 15 Jahren von 20 auf 60 Prozent – vor allem dank Wind und Sonne.
Die Idee, Friedhöfe zur Energiegewinnung zu nutzen, soll ebenfalls im französischen Ort Saint-Joachim im Département Loire-Atlantique umgesetzt werden. Dort ist ein Projekt im Gange, bei dem geplant ist, schon bis 2025 ein Sonnendach mit 5900 Solarzellen über einem Friedhof zu installieren. Es soll den 4000 Einwohnern des Ortes Strom liefern.
Ob das bei uns die lokale Friedhofsordnung hergibt?
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