Malerische Strände, bis zum letzten Quadratmeter vollgestellt mit Liegen und Sonnenschirmen, für deren Miete man tief in die Urlaubskasse greifen muss – so sah es bisher auf den meisten griechischen Ferieninseln aus. Wer auf dem eigenen Handtuch liegen wollte, fand vielerorts keinen Platz. Ein neues Gesetz soll nun der Abzocke ein Ende machen: Es begrenzt die kommerzielle Nutzung der Strände. Seit Kurzem greifen erste Maßnahmen.
Zur Vorgeschichte: Auf Inseln wie Mykonos, Santorin oder Paros durften sich Strand-Unternehmer jahrelang über gute Geschäfte freuen. Sie pachteten Strandabschnitte von der örtlichen Gemeinde und vermieteten dann Liegen und Sonnenschirme – oft zu Wucherpreisen. Mancherorts verlangten sie für zwei Liegen und einen Schirm dreistellige Euro-Beträge. Pro Tag. Bei der Vergabe der Konzessionen ging es selten fair zu. Um an eine der begehrten Genehmigungen zu kommen, sollen Unternehmer Kommunalpolitiker geschmiert haben. Die sahen weg, auch wenn Vermieter weitaus größere Strandabschnitte belegten, als in der Konzession vorgesehen.
Im lukrativen Geschäft mit Strandabschnitten sollen auch Schmiergelder geflossen sein
Im vergangenen Jahr schließlich kam es auf vielen Inseln zu Protesten. Tausende Einheimische demonstrierten gegen die "Liegestuhl-Mafia" und die Kommerzialisierung ihrer Strände. Ausgehend von der Insel Paros, breitete sich die "Handtuchbewegung" schnell im ganzen Land aus. Die Regierung kam in Zugzwang. In diesem Frühjahr verabschiedete das Parlament ein Gesetz. Demnach dürfen höchstens 50 Prozent der Strandfläche kommerziell bewirtschaftet werden. Die Liegen dürfen nicht näher als vier Meter an der Wasserlinie stehen. Und: Die Hälfte der Strandfläche muss frei bleiben für Besucher, die nicht zahlen wollen oder können und die ihren eigenen Klappstuhl oder ein Handtuch mitbringen. Die Vergabe der Konzessionen erfolgt zentral in Online-Auktionen. Damit will die Regierung für Transparenz sorgen und die Schmiergeldpraktiken beenden. Strände, die kleiner sind als 150 Quadratmeter und 198 besonders geschützte Küstenabschnitte dürfen gar nicht bewirtschaftet werden.
Wie die neuen Vorschriften überwacht werden sollen, angesichts von mehr als 7500 Stränden? Die Antwort der Regierung lautet: mit modernster Technik. Für die Kontrolle will sie auf Satellitenbilder setzen. Mithilfe künstlicher Intelligenz sollen die hochauflösenden Fotos regelmäßig analysiert werden, um Verstöße zu dokumentieren. Die Technik wird gegenwärtig von Wissenschaftlern der Universität Athen entwickelt und soll vom kommenden Sommer an eingesetzt werden. Bei Verstößen drohen den Unternehmern Geldbußen von bis zu 60.000 Euro, der Entzug der Konzession und der Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren.
Auch die Bevölkerung soll mithelfen. Seit dem 1. Mai bereits kann man in Griechenland die App "MyCoast" kostenlos auf sein Smartphone herunterladen. Die vom griechischen Ministerium für digitale Verwaltung entwickelte Anwendung enthält detaillierte Angaben zu den mehr als 7500 Stränden. So kann man in der App sehen, wo welche kommerzielle Nutzung erlaubt ist. Sogar die jeweiligen Konzessionen lassen sich herunterladen. Verstöße können Strandbesucher mit Fotos festhalten, die von der App automatisch an die Behörden weitergeleitet werden. In den ersten zwei Wochen gingen auf diesem Weg rund 500 Beschwerden ein. Die meisten kamen von der Dodekanes-Inselgruppe um Rhodos, von den Kykladen, der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki und der Insel Korfu. Für Touristen aus dem Ausland ist die App von begrenztem Wert, denn es gibt sie bisher nur auf Griechisch.
Auch auf Mallorca gelten seit Kurzem striktere Regeln
Mit Verboten und Strafen wird auch andernorts versucht, Ordnung ins Geschäft mit dem Tourismus zu bringen. Seit dem 11. Mai ist das öffentliche Trinken von Alkohol in den Partyzonen von Mallorca und Ibiza verboten und kann mit Geldstrafen von bis zu 1500 Euro geahndet werden. Schon zuvor war der Alkoholkonsum in Gruppen untersagt, das Gesetz wurde aber kaum kontrolliert. Ballermann-Star Ikke Hüftgold begrüßte das Verbot von öffentlichem Trinken in den Partyzonen Mallorcas. "Das ist konsequent und lange überfällig. Ich habe dafür sehr großes Verständnis und hoffe, dass es in aller Schärfe durchgeführt wird", sagte er dem Portal t-online. Auch die Anwohner freuten sich, wenn die Gelage nach drinnen verlegt würden. "Man darf natürlich nicht alles tot reglementieren. Aber man kann es in einen Rahmen packen, mit dem alle gut leben können." Es gebe einfach "zu viele Idioten, die den Strand wie einen Schweinestall hinterlassen – und das liegt eben am Alkohol", sagte der Sänger, der mit bürgerlichem Namen Matthias Distel heißt. (mit dpa)