Was aussieht wie ein weißes Feuerwerk in Zeitlupe, ist eine tödliche chemische Waffe: Phosphorbomben. Seit Wochen gibt es Vorwürfe, Russland setze die Brandwaffe im Krieg gegen die Ukraine ein. "Heute Morgen gab es Phosphorbomben. Russische Phosphorbomben. Erneut wurden Erwachsene getötet und erneut Kinder“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ende März in seiner Ansprache an die Teilnehmer des NATO-Gipfels. Doch was genau sind Phosphorbomben? Und was macht sie so gefährlich?
Phosphorbombe: 1300 Grad heiß und extrem gefährlich
Der wichtigste und namengebende Bestandteil einer solchen Bombe ist weißer Phosphor. Das chemische Element brennt bei extrem hohen Temperaturen: rund 1300 Grad Celsius. Deshalb lassen sich die entstehenden Flammen nicht mit Wasser löschen. Sand kann dabei helfen, die Brände zu ersticken.
In den Bomben wird der Phosphor mit Kautschuk vermischt – so bleibt das Element bei Kontakt an nahezu jedem Material haften. Bei großflächigen Angriffen mit einer Phosphorbombe sterben Betroffene entweder langsam an ihren Verbrennungen oder an der Vergiftung durch die Dämpfe, die bei der Phosphorverbrennung entstehen. Laut der Organisation Human Rights Watch kann es zu schrecklichen Verbrennungen, Atemschäden, Infektionen, Schock und Organversagen führen.
Schon das Element selbst ist hochgiftig: Bereits 50 Milligramm des Stoffes genügen, um einen Erwachsenen zu töten. Der Tod tritt dabei in den meisten Fällen erst einige Tage nach dem Kontakt ein. Bei direktem Hautkontakt mit Phosphor und den Dämpfen entstehen starke Verbrennungen.
Ukraine: Wozu werden Phosphorbomben verwendet?
Phosphorbomben werden oft verwendet, um Konfliktzonen zu beleuchten oder mit Rauch zu verdunkeln. Sie werden als Brandbombe oder aber auch als Nebelkampfstoff eingesetzt. Die Wirkung von weißem Phosphor wurde bereits im Ersten Weltkrieg entdeckt. Im Zweiten Weltkrieg kamen die Brandbomben dann im großen Maßstab in Einsatz.
Wie die Zündung solcher Phosphorbomben aussieht, zeigt mutmaßlich ein aktuelles Video des britischen Senders ITV. Dort sind nach einer Explosion weiße Leuchtkörper zu sehen, ähnlich wie ein grelles Feuerwerk. Die Masse gleitet langsam zu Boden.
Ob es sich bei dem Video aus der Ukraine tatsächlich um eine Phosphorbombe handelt, lässt sich nicht verifizieren. Doch die sichtbare Struktur passt Experten zufolge zum Verhalten einer solchen Brandwaffe.
Bereits in mehreren Konflikten und Kriegen kam die chemische Munition zum Einsatz. So verwendeten etwa die USA spezielle Phosphorgranaten im Irak-Krieg. Israel bestätigte den Einsatz von Phosphorbomben im Gaza-Streifen. Russland griff bereits 2015 bei Luftangriffen im syrischen Bürgerkrieg auf die chemische Munition zurück.
Genfer Abkommen: Sind Phosphorbomben verboten?
Im Allgemeinen ist der Einsatz von Munition mit weißem Phosphor durch das Genfer Abkommen seit 1977 zwar nicht verboten – allerdings gilt das nicht, wenn es dadurch zu Kollateralschäden kommt. Treffen die Bomben also Zivilistinnen und Zivilisten, verstößt der Einsatz gegen die Zusatzprotokolle des Abkommens. In der Ukraine hat die NATO hatte einen möglichen Chemiewaffeneinsatz als rote Linie deklariert. Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte dies damit, dass sich die chemischen Kampfstoffe dann auch auf NATO-Territorium ausbreiten könnten. Es gebe immer das Risiko der Kontamination und der Ausbreitung über größere Gebiete.