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TV-Nostalgie: Raabs Comeback offenbart Ideenmangel

Kommentar

Raab gegen Halmich zeigt: Im deutschen Fernsehn ist Stillstand das Programm

Daniel Wirsching
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    Stefan Raab zog sich vor fast einem Jahrzehnt hinter die Kameras zurück. Nun kommt er mit Wumms zurück.
    Stefan Raab zog sich vor fast einem Jahrzehnt hinter die Kameras zurück. Nun kommt er mit Wumms zurück. Foto: Matthias Balk, dpa

    Was sagt es über das deutsche Unterhaltungsfernsehen, dass Stefan Raab mit Wumms zurückkehrt – und sich am Samstag zum dritten Mal von der früheren Box-Weltmeisterin Regina Halmich die Nase polieren lassen wird? Dass zumindest dem linearen Fernsehen die Ideen ausgehen. Und dass es unverdrossen den nach wie vor andauernden Retro-Trend auch im Show-Bereich für seine Zukunft hält. Das zeigt das Beispiel Raab besser als jedes andere.

    Raab hatte seit den 90ern das deutsche Unterhaltungsfernsehen quasi neu erfunden beziehungsweise Formate aus dem Ausland clever adaptiert. Wie vor ihm Rudi Carrell oder Frank Elstner, wie nach seinem Rückzug hinter die Kameras – 2015 war das – Joko & Klaas. Sein Abschied änderte nichts daran, dass seine Shows weiterliefen, von „TV total“ über „Schlag den Star“ bis hin zum „Turmspringen“. Die Rechnung von Programmverantwortlichen ist schlicht: Was einst Quotenerfolge garantierte, wird es wieder tun.

    Deutsches Fernsehen: Immer mehr vom immer Gleichen und ein Kessel Aufgewärmtes

    Bei und insbesondere für Raab ging die Rechnung häufig auf. Der Branchendienst DWDL.de berichtete kürzlich von einem Deal über „garantiert mindestens 90 Millionen Euro“ an Produktionsvolumen über „die kommenden mindestens vier Jahre“ zwischen RTL Deutschland und seiner Produktionsfirma. Der Boxkampf sei nur der Anfang.

    Eine der interessanteren Fragen wird dabei sein, ob von Stefan Raab, diesem Showman von gestern, tatsächlich noch irgendetwas wirklich Innovatives kommt. Bisherige Spekulationen deuten nicht darauf hin. Eine lautete, in einer neuen Sendung solle ein „Show-Erbe“ für ihn gesucht werden.

    Immer mehr vom immer Gleichen und ein Kessel Aufgewärmtes – das scheint mehr denn je das trübselige Konzept im Bereich privater wie beitragsfinanzierter TV-Shows zu sein, von dem sich in der jüngeren Vergangenheit vor allem Joachim „Joko“ Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf grandios abheben konnten und durften.

    Ansonsten dominieren teils seit Jahrzehnten ausgestrahlte Formate wie „Wer wird Millionär?“ oder das „Dschungelcamp“, ergänzt von den öffentlich-rechtlichen Rateshows. Stillstand ist Programm. Das folgt sogar einer gewissen Logik. Schließlich hat sich längst etwas fundamental geändert: Das sogenannte klassische Fernsehen wird älter.

    Regina Halmich gegen Stefan Raab ist exemplarisch: Von Retro-Welle zu Retro-Welle

    Während sich also ein älteres Publikum möglicherweise über Bekanntes oder ein Wiedersehen mit Bekanntem freut, findet der Fortschritt andernorts statt. Heufer-Umlauf sagte es einmal so: Das Fernsehen sei „nicht mehr das erklärte Ziel für die Allermeisten, die jetzt anfangen, Inhalte herzustellen oder zu moderieren“. Diese „Allermeisten“, kann man ergänzen, experimentieren mit Podcasts oder TikTok – und erreichen völlig unabhängig von großen Sendeanstalten ein Publikum, das das Fernsehgerät im Wohnzimmer einzig als Monitor für Spielekonsolen verwendet.

    Das heißt, dass wir entweder ein Unterhaltungsfernsehen erleben werden, das sich von Retro-Welle zu Retro-Welle treiben lässt, bis es überflüssig geworden ist. Oder dass – durch welch glückliche Fügung auch immer – die TV-Unterhaltung ein derart sagenhaftes Comeback feiert wie gerade Stefan Raab. Im Bereich Serie und Audio geschah ja ebenfalls Unerwartetes. Wie aus dem Nichts kamen aus Deutschland originelle, horizontal erzählte Hochglanzserien; plötzlich waren da aufwendig recherchierte Podcasts. Eine Rechnung jedenfalls, die nie aufgeht, ist diese: Stillstand = Fortschritt.

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