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TV-Kritik: So wird der neue Wiener „Tatort“ „Deine Mutter“

Tatort

Neuer Wiener „Tatort“: Wenn Oberst Ernstl tanzt

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    Ronald Hinzpeter ist einer von fünf "Tatort"-Kritikern unserer Redaktion.
    Ronald Hinzpeter ist einer von fünf "Tatort"-Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: Ida König

    Ein guter Österreicher würde jetzt vielleicht sagen: „I werd‘ narrisch“, denn der Ernstl tanzt. Genauer gesagt zappelt der stets korrekte Oberst Ernst Rauter (Hubert Kramar) ein oder zwei Sekunden lang in einem Hip-Hop-Video, in dem sein Ermittler-Dream-Team Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) einen auf ganz dicke Hose machen und in einer nächtlichen Straßenszene rappen. Aber das ist ja alles nur ein (Alb-)Traum, aus dem Bibi zügig aufschreckt – eine wunderbar absurde und überraschende Szene in diesem österreichischen „Tatort“ namens „Deine Mutter“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD). Mit frischem Wiener Blut endet die viel zu lange Sommerpause für das sonntägliche Meuchel-TV.

    Hip-Hop mit frauenverachtenden Texten

    Nachdem das Krimi-Fernsehen nicht gerade arm ist an allen möglichen Gangstern, wurde es mal Zeit für einen Gangster-Rapper-„Tatort“, denn in diesem Genre steckt hohe kriminelle Energie. Wenn sich die Fernsehmacher in spezielle Jugend- und Musikszenen begeben, wird das gerne mal peinlich, doch die Regisseurin Mirjam Unger hat sich viel Mühe gegeben, alles möglichst authentisch hinzubekommen, auch mithilfe des Musikers Yugo. Er hat dafür gesorgt, dass die Posen und Worte stimmen. Er spielt selbst den aufstrebenden Hip-Hop-Star Ted Candy, der eines Nachts erschlagen in einer Tiefgarage liegt. Er hatte Streit mit seinem finsteren Mentor Akman 47 (Murat Seven). Das ist einer von der ganz harten Sorte, der gewaltverherrlichende Videos dreht und frauenverachtende Texte ausspuckt. Von dem wollte sich Ted angeblich trennen und zu einem anderen Musiklabel wechseln. Aber auch mit seiner Mutter liegt er über Kreuz.

    Unter Gangster-Rappern wird auch scharf geschossen

    Konflikte tun sich also genug auf, aber die sind nun mal die Geschäftsgrundlage im Gangster-Rap, in dem Prollen, Protzen, Pöbeln zum guten bösen Ton gehört. Da fliegen nicht nur Worte, sondern auch Kugeln. Zu den prominentesten Todesopfern gehören die Szene-Stars Tupac Shakur und Notorious B.I.G. Vor wenigen Tagen erst wurde in Berlin der Rapper Challa aus einem Auto heraus erschossen.

    Eigentlich wäre dieser „Tatort“ mit seinem Rapper-Zoff – in der Szenesprache „Beef“ genannt – besser in Berlin angesiedelt, denn dort rüpelten sich jahrelang Fler und Bushido an, der wiederum mit dem berüchtigten Abou-Chaker-Clan verbandelt war. Aber mit einem Ermittler-Team aus der Bundeshauptstadt wäre das wieder eine sehr ernste Angelegenheit geworden – und das Wiener Duo sorgt immer wieder für leichtere Momente, auch wenn man dem etwas beziehungsgestörten Moritz nicht gerade abnimmt, dass er im Hip-Hop-Jargon sagt, dieser „Track“ sei „echt geiler Shit“. Aber das ist halt echt Wiener Schmäh, der selbst vor einem tanzenden Oberst Ernstl nicht Halt macht.

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