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TV-Kritik: Brandheißer Kieler Tatort

TV-Kritik

Brandheißer Kieler Tatort

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    Der neue Kieler Tatort führt die Ermittler Sarah Brandt (Sibel Kekilli) und Klaus Borowski (Axel Milberg) tief hinein in eine wahnwitzige Mordserie, die ihren Ursprung in einem fürchterlichen Hausbrand in den 1960er Jahren hat.
    Der neue Kieler Tatort führt die Ermittler Sarah Brandt (Sibel Kekilli) und Klaus Borowski (Axel Milberg) tief hinein in eine wahnwitzige Mordserie, die ihren Ursprung in einem fürchterlichen Hausbrand in den 1960er Jahren hat. Foto: Georg Wendt, dpa

    Es sollte ein stimmungsvolles Lichterfest kurz vor Weihnachten werden, aber dann geschieht an der dänischen Schule in Schleswig die Katastrophe. Ein lichterloh brennender Mann läuft wie eine lebende Fackel auf den Schulhof und erliegt kurz danach seinen Verletzungen. Als Kommissar Borowski wenig später am Ort des grausigen Geschehens eintrifft, muss er von einem Mord ausgehen. Der Tote war der Schulleiter und Mitglied der dänischen Minderheit. Die Brandmorde gehen weiter.

    Packend und richtig unheimlich mit einem Touch von Schwedenkrimi

    Überzeugend gespielt, packend inszeniert und richtig unheimlich mit einem Touch von Schwedenkrimi á la Mankell: Der neue Kieler Tatort an diesem Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD führt die Ermittler Sarah Brandt (Sibel Kekilli) und Klaus Borowski (Axel Milberg) tief hinein in eine wahnwitzige Mordserie, die ihren Ursprung in einem fürchterlichen Hausbrand in den 1960er Jahren hat.

    Damals wurde eine Aussiedlerfamilie getötet, nur ein Kleinkind überlebte, und viele Kinder des Dorfes waren Augenzeugen des Brandes. Auch Borowskis Vorgesetzer Roland Schladitz (Thomas Kügel) scheint in diese alte Sache involviert zu sein. Die beiden pflegen eigentlich ein vertrauensvolles Verhältnis, aber diesmal gibt sich Schladitz betont zugeknöpft. Dafür bekommt Borowski Amtshilfe von einer ebenso fähigen wie attraktiven dänischen Kollegin (Lisa Werlinder), in die sich der einsame Wolf aus dem grauen Kieler Kommissariat fast verliebt. Zu gönnen wäre es ihm.

    Der Kieler Tatort suhlt sich nicht in abgelatschten Milieus

    Der immer bedächtige, nie marktschreierische Kieler Tatort steht nicht für schenkelklopfende Comedy, suhlt sich nicht in abgelatschten Milieus oder Machowitzchen, sondern will ein möglichst authentisches Bild der Polizeiarbeit abliefern. "Realismus ist für uns eine attraktive Größe in unserem Tatort", betont Axel Milberg. Drehbuchautor Daniel Nocke ("Sommer '04"; "Dutschke") und Regisseur Lars Kraume ("Die kommenden Tage") haben Milbergs Maxime kongenial umgesetzt. Und der Hauptdarsteller konnte auch eigene Ideen mit in die Entwicklung des verschlungenen, aber immer plausiblen Plots einbringen.

    Dabei bekommt der Zuschauer keine Nachhilfe in politischer Bildung serviert: Die Situation der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, die ungefähr 50000 Menschen umfasst, ist nur der Aufhänger für eine komplexe, figurenreiche Rachegeschichte, die eben nicht das Naheliegende ansteuert.

    Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen

    Borowski hat in diesem sehenswerten Tatort endlich seine spröde Behäbigkeit abgelegt, er wirkt wacher und agiler, das Zusammenspiel mit seiner Partnerin Sarah Brandt in ihrem sechsten gemeinsamen Fall kommt besser in Gang. Es geht um Vertrauen zwischen zwei Beamten. Kann ich mich auf den anderen verlassen? Brandt leidet an Epilepsie, sie darf kein Auto fahren, war aber an einem Unfall beteiligt. Sagt sie ihrem Kollegen die Wahrheit?

    Die Zeit heilt keine Wunden in diesem bewegenden Fall einer späten Rache, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse bisweilen verschwimmen. Der großartige Hans Peter Hallwachs spielt mit mühsam gebändigtem Zorn den längst in Rente gegangenen Brandermittler Luth, der damals die Ermittlungen leitete. Das Unglück hat auch bei ihm tiefe Spuren hinterlassen - es gibt Brände, die kann man nicht löschen. Johannes von der Gathen, dpa

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