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TV: Humor ist Trumpf

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Humor ist Trumpf

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    Von 1977 an moderierte Thomas Gottschalk die „Telespiele“ – erst im Südwestfunk, bis 1981 im Ersten. Zuschauer konnten in der innovativen Show per Telefon und mit ihrer Stimme virtuell Tennis spielen. Das war Gottschalks TV-Debüt.
    Von 1977 an moderierte Thomas Gottschalk die „Telespiele“ – erst im Südwestfunk, bis 1981 im Ersten. Zuschauer konnten in der innovativen Show per Telefon und mit ihrer Stimme virtuell Tennis spielen. Das war Gottschalks TV-Debüt. Foto: Foto: Claus Flemming

    Samuel Koch sprang mit Stelzen an den Füßen über ein entgegenkommendes Auto. Es sollte der Höhepunkt der „Wetten, dass..?“-Sendung vom 4. Dezember 2010 werden, doch es wurde ihr Tiefpunkt.

    Wetten, dass „Wetten, dass..?“ ohne Gottschalk keine Zukunft hat?

    Groebel: Bei der Wette gehe ich nicht mit. Ich glaube, die Zukunft der Show hängt extrem von der Auswahl des neuen Moderators ab. Wir werden nicht das gleiche „Wetten, dass..?“ in der Zukunft sehen.

    Wer könnte die Sendung denn in eine neue Phase führen?

    Groebel: Es darf keiner sein, der im Fahrwasser Gottschalks segelt. Das kann nur in die Hose gehen. Man bräuchte jemanden, der drei Eigenschaften von Gottschalk mitbringt. Erstens: Es muss ein eigenständiger Charakter sein. Zweitens: Er oder sie muss sehr viel Humor haben, aber eine andere Art von Humor als Gottschalk. Drittens: Der- oder diejenige muss frech sein.

    Hape Kerkeling!

    Groebel: Klar. Da kämen zwei Dinge zusammen: die etablierte Marke „Wetten, dass..?“ und eine sehr erfolgreiche Fernsehpersönlichkeit.

    Hat sich das Format nicht überlebt, ganz unabhängig von dem Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch?

    Groebel: Das würde ich nicht sagen. Es ist doch absurd, einen kleineren Einbruch bei den Einschaltquoten, wie es ihn bei „Wetten, dass..?“ durch die Konkurrenz von RTL-Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Das Supertalent“ gab, als Hinweis darauf zu nehmen, dass sich die Sendung angeblich überlebt hat. Die Quoten sind absolut gesehen immer noch phantastisch.

    Das Konzept muss jedenfalls gründlich überarbeitet werden.

    Groebel: Es müsste sehr stark auf den neuen Moderator abgestimmt werden. So wie bei Thomas Gottschalk, der ja „Wetten, dass..?“ war. Aber ich kann nicht die Arbeit der ZDF-Redaktion machen.

    Sehr schade.

    Groebel: Also gut. Ich könnte mir vorstellen, dass man bei einem Moderator Kerkeling auf komische und etwas schräge Wetten setzen würde. Bei den musikalischen Acts und bei den Show-Acts könnte ein bisschen mehr frischer Wind durchwehen. Und es wird sich unweigerlich die Frage stellen, ob Co-Moderatorin Michelle Hunziker zum nächsten Moderator passt. Ich sehe sie nicht als Gottschalk-Nachfolgerin. Sie hat nicht die Ausstrahlung, eine große Samstagabendsendung zu tragen.

    Würde dem Fernsehen eigentlich etwas fehlen ohne die Show?

    Groebel: „Wetten, dass..?“ ist weit mehr als eine Fernsehsendung. Es ist eine Institution. „Wetten, dass..?“ steht auf einer Stufe mit einer Sendung wie „Einer wird gewinnen“, die Hans-Joachim Kulenkampff moderierte. Klar, dass auf so einer Sendung auch eine gewisse Patina liegt, und dass man sie mal polieren muss. Nehmen wir den „Tatort“, obwohl man das nicht vergleichen kann: Der „Tatort“ hält sich seit über 40 Jahren.

    Wird es irgendwann einmal wieder eine ähnlich bedeutende Unterhaltungssendung wie „Wetten, dass..?“ in Deutschland geben?

    Groebel: Es ist schwieriger geworden. Der Fernsehkonsum hat sich stark nach einzelnen Zielgruppen aufgeteilt. Aber gucken Sie sich mal das Dschungelcamp an mit seinen hohen Einschaltquoten: Das mag vom kulturellen Anspruch her eine ganz andere Nummer sein. Wenn man jedoch leidenschaftslos fragt: Wird es Sendungen geben, die eine große Anzahl des Publikums auf sich versammeln und die Gesprächsthema sind, dann ist die Antwort mit dem

    Warum tun sich die öffentlich-rechtlichen Sender heute so schwer mit neuen Konzepten? Immerhin waren sie früher recht innovativ. Denken Sie nur an Gottschalks TV-Debüt. Er moderierte ab 1977 die interaktive Sendung „Telespiele“, die auf den Vorläufern der Computerspiele basierte.

    Groebel: Ich glaube, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender zum Teil ohne Not in eine Quotenfalle begeben haben. Sie haben Angst davor, einen Fehler zu machen – wie das einem fast behördlich organisierten Apparat vielleicht zu eigen ist. Und sie haben keinen langen Atem, obwohl genau darin ihre Aufgabe liegen würde, und obwohl die Finanzmittel da sein müssten. Thomas Gottschalk und Günther Jauch sind als junge Leute aufgebaut worden, man hat an sie geglaubt, sie gefördert und ihnen gute Sendeplätze gegeben. Ich sehe nicht ein einziges Beispiel in den letzten zehn Jahren, wo man einem Moderator unter 30 wirklich eine Chance gegeben hätte. Stattdessen kauft man Moderatoren von den Privatsendern.

    Oder man kooperiert wie die ARD im Falle des Eurovision Song Contests (ESC) mit Stefan Raab von ProSieben. Er machte 2010 den deutschen Vorentscheid zum Erfolg. Ist das nicht bezeichnend?

    Groebel: Das ist ein Armutszeugnis. Nichts gegen Raab, der ist grandios. Aber dass man auf die früher extrem gescholtenen Privatsender zurückgreifen muss, das ist Mutlosigkeit und mangelnde Risikobereitschaft. Dass man jetzt Lena gegen Lena im Vorfeld des diesjährigen ESC-Finales hat antreten lassen, heißt, dass man sich in Geiselhaft begeben hat. Man hat gegen jede Vernunft gehandelt, als man auf Stefan Raabs Idee eingegangen ist, Lena nochmals an dem Gesangswettbewerb teilnehmen und die Zuschauer nur über ihr Lied abstimmen zu lassen.

    Thomas Gottschalk möchte weiterhin mit dem ZDF zusammenarbeiten. In welcher Rolle könnten Sie sich ihn vorstellen?

    Groebel: Gottschalk ist eine Rampensau, wie man anerkennend sagt. Er bezieht seinen ganzen Witz, seine ganze Spontaneität, wenn er auf einer großen Bühne agiert. Und Gottschalks Bühne ist die ganz große Bühne. Dass er dem deutschen Fernsehen erhalten bleibt, steht außer Frage. Er braucht das selber viel zu sehr. Und das Geld, das damit verbunden ist, ist ja so unangenehm auch nicht. Ich würde jetzt aber nicht spekulieren wollen, ob er wieder ein festes Format übernimmt. Interview: Daniel Wirsching

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