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Tod der Queen: Welche politischen Auswirkungen hat er?

Großbritannien

Welche politischen Auswirkungen wird der Tod der Queen haben?

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    Bisher wird König Charles III. wohlwollend empfangen. Doch der Tod der Queen könnte eine Zäsur der britischen Monarchie werden.
    Bisher wird König Charles III. wohlwollend empfangen. Doch der Tod der Queen könnte eine Zäsur der britischen Monarchie werden. Foto: Henry Nicholls, dpa

    Wo immer sich König Charles III. dieser Tage zeigt, er wird wohlwollend und warmherzig empfangen. Auch am Montag versammelten sich tausende Menschen entlang den Straßen im schottischen Edinburgh, um ihn auf seinem Weg zum Gedenkgottesdienst zu Ehren der verstorbenen Queen zu begrüßen. Zu viel hineininterpretieren sollte man in diese Bilder jedoch nicht, betonen Expertinnen und Experten.

    Denn die Unterstützung vieler Britinnen und Briten galt dem Charakter und der Beständigkeit von Königin Elizabeth II., nicht aber unbedingt ihrem Nachfolger. Zudem ist das Vereinigte Königreich geschwächt. In Schottland, Wales und Nordirland gibt es starke Bestrebungen, sich von England und der Monarchie zu lösen. Welche Auswirkungen wird der Tod der Queen haben?

    Will Schottland nach dem Tod der Queen unabhängig werden?

    „Es besteht kein Zweifel daran, dass sie (Königin Elizabeth II.) ein wesentlicher Bestandteil des Kitts, des Zements war, der die Nation zusammengehalten hat, und dieser ist nun weg“, beurteilte Adam Tomkins, Professor für öffentliches Recht an der Universität Glasgow, die Lage. Und: Es sei überhaupt nicht selbstverständlich, dass dieser Kleber durch Charles ersetzt werde. Er beurteilt dies als einen „Moment der Schwäche, des Risikos und möglicherweise des Wandels für das Vereinigte Königreich.“ Bei der Frage nach der Unabhängigkeit der Landesteile „gehe es um Gefühle und Empfindungen, und der Tod des Monarchen wirkt sich darauf aus“. Laut einer Umfrage der Denkfabrik „British Future” waren im Mai dieses Jahres immerhin etwas mehr als ein Drittel der Schottinnen und Schotten der Meinung, dass das Ableben der Queen ein guter Zeitpunkt wäre, um unabhängig zu werden und überdies die Monarchie hinter sich zu lassen.

    Und diese Analyse trifft keineswegs nur auf Schottland zu. Auch in Wales gebe es eine wachsende Unabhängigkeitsbewegung basierend auf einer ausgeprägten walisischen Identität, erklärte Craig Prescott, Experte für Monarchie an der Universität Bangor. Während Königin Elizabeth in der Lage war, die Menschen während ihrer langen Amtszeit für sich zu gewinnen, wird es Charles III. schwerer haben, betonte Marion Loeffler, Historikerin an der Cardiff University. Die Verbindung der Queen zu Wales sei solide gewesen. „Sie hatte Jahrzehnte, um sich einen Namen zu machen. König Charles ist bereits ein älterer Mann.“

    Für König Charles wird es schwierig, für Kontinuität zu sorgen

    In Nordirland, wo King Charles III. am Dienstag hinreisen wird, wird man ihm ohne Zweifel ebenfalls positiv gestimmt begegnen. Denn er hatte im Rahmen seiner Rede an die Nation am Freitag die richtigen Worte gefunden. Außerdem betonte er, dass er das Amt im Sinne seiner Mutter weiterführen wolle. Königin Elizabeth II. konnten neben den Unionisten, die eine nahe Anbindung an London suchen, auch Republikaner, die perspektivisch für eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich sind, Respekt entgegenbringen. Für König Charles, so sind sich Expertinnen und Experten einig, wird es jedoch eine große Herausforderung sein, in einer Zeit, in der das Land immer mehr zur Unabhängigkeit tendiert, weiterhin für Kontinuität zu sorgen.

    Doch nicht nur durch das Vereinigte Königreich, auch durch das Commonwealth, dem 56 Staaten angehören, von denen 15 den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt haben, weht ein neuer Wind. Wissenschaftliche Debatten über die Geschichte verändern die Einstellung. Immer mehr dieser Länder werden sich dem Einfluss von Imperialismus und Sklaverei bewusst. Während das Königshaus den Wandel im eigenen Land wenigstens teilweise erkannt hatte, wurde er im Commonwealth bis in jüngster Vergangenheit im Buckingham-Palast laut Expertinnen und Experten unterschätzt.

    Das britische Königshaus muss seinen Umgang mit der Kolonialgeschichte ändern

    Einen Vorgeschmack auf die Probleme der Zukunft erhielten Prinz William und seine Frau Catherine während ihrer Karibikreise im März. Damals sagte das Paar nicht nur den Besuch einer Kakaoplantage im mittelamerikanischen Belize wegen Protesten ab; auch die Bilder, die während des Trips entstanden, waren umstritten. Da war die Szene, in der schwarze Kinder dem weißen Paar ihre Hände entgegenstrecken – durch einen Zaun. Und die Fotos des Herzogs in einer Uniform, stehend in einem Land Rover. Selbst britische Medien, die sonst eher selten Kritik am Königshaus üben, bezeichneten die Fotos als bedenklich, weil sie an die Kolonialzeit erinnern.

    Bei einer Karibik-Reise von Prinz William und Herzogin Kate wird deutlich, dass sich die Royals in Zukunft ihrer Verantwortung für Sklaverei und Ausbeutung stellen müssen.
    Bei einer Karibik-Reise von Prinz William und Herzogin Kate wird deutlich, dass sich die Royals in Zukunft ihrer Verantwortung für Sklaverei und Ausbeutung stellen müssen. Foto: Chris Jackson, dpa (Archivbild)

    Dass angesichts solcher Szenen bislang nicht noch größere Proteste entstanden sind, gilt als Beweis für den enormen Respekt, den Elizabeth II. genoss. Der Umstand, dass Barbados im November vergangenen Jahres entschieden hat, eine Republik zu werden, ist ein Zeichen dafür, dass der Veränderungsdruck riesig ist. Möchte Charles III. das Commonwealth zusammenhalten, muss er diese Länder in ihren Sorgen und Belangen ernst nehmen, betonen Beobachterinnen und Beobachter.

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