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Tod der Queen: So wird ihr Leichnam vor der Beerdigung konserviert

Interview

So wird der Leichnam der Queen vor der Beerdigung konserviert

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    Der Sarg der Queen wird vor der Beerdigung in der Westminster Hall aufgebahrt.
    Der Sarg der Queen wird vor der Beerdigung in der Westminster Hall aufgebahrt. Foto: Dan Kitwood, Pool Getty/AP/dpa

    Das Staatsbegräbnis der Queen findet am 19. September statt. Elf Tage nach dem Tod – das ist ein relativ langer Zeitraum zwischen Tod und Beerdigung, oder?
    ALEXANDER WENDEL: In England ist es eigentlich normal, dass vom Sterbetag bis zur Beisetzung circa zwei Wochen vergehen. In kleineren Städten kann das schneller gehen, aber in London sind es ungefähr zwei Wochen.

    Wird ein Leichnam dann bis zur Beerdigung konserviert?
    WENDEL: Das kommt stark auf die Region an. In England ist das üblich, dort werden 95 Prozent aller Verstorbenen balsamiert.

    Also auch die Queen?
    WENDEL: Ja, die Queen wurde balsamiert. Ich bin geprüfter Thanatopraktiker und habe außerdem einen Balsamierer-Lehrgang beim britischen Balsamierer-Verband gemacht, mit theoretischer und praktischer Prüfung in London. Einer meiner Dozenten war der königliche Einbalsamierer.

    Der Bestatter Alexander Wendel ist Mitglied im British Institut of Embalmers.
    Der Bestatter Alexander Wendel ist Mitglied im British Institut of Embalmers. Foto: David Holzapfel (Archivbild)

    "Balsamieren", das haben vermutlich viele Menschen schon gehört – aber was genau können wir uns darunter eigentlich vorstellen?
    WENDEL: Das, was sich ja erst einmal jeder darunter vorstellt, ist das, was die alten Ägypter gemacht haben: das Trocknen des Körpers und das Einreiben mit Salbe. Das ist schon sehr lange nicht mehr der Fall. Man spricht mittlerweile vom Modern Embalming, also vom modernen Einbalsamieren. Das ist im Endeffekt ein Austausch der Körperflüssigkeiten, im Dialyseverfahren. Das heißt, man tauscht das Blut aus gegen Formalin beziehungsweise durch andere Stoffe, die den Körper konservieren. Je nach Material, das man verwendet, wird die Verwesung dadurch für zwei bis drei Wochen gestoppt.

    Die Queen ist ja jetzt für mehrere Tage öffentlich aufgebahrt, im geschlossenen Sarg in Westminster Hall. Muss der
    WENDEL: Wenn der Körper balsamiert wurde, brauchen wir keine Kühlung mehr. Deswegen ist das auch kein Problem, den Sarg so lange öffentlich aufzubauen. Die Verwesung ist gestoppt. Es treten keine Flüssigkeiten mehr aus, es riecht nichts mehr – da passiert gar nichts.

    Zusätzlich ist der Sarg der Queen auch noch mit Blei ausgekleidet. Hängt das auch mit der Konservierung zusammen?
    WENDEL: Das gibt es in Deutschland auch. Wenn wir Beisetzungen in einer begehbaren Gruft haben – das gibt es ja oft in Fürstenhäusern oder auch in Kirchen – dann ist so etwas auch in

    Nun sagten Sie, in England werden fast alle Verstorbenen balsamiert. In Deutschland ist das aber eher die Ausnahme?
    WENDEL: Das ist in Großbritannien Standard, das ist auch in Frankreich Standard. In Rumänien ist es sogar gesetzlich vorgeschrieben, da müssen alle Verstorbenen balsamiert werden. In Deutschland ist es aber nur ein verschwindend geringer Anteil.

    Wie kommt das?
    WENDEL: Da kann man ganz tief in die Geschichte gehen, zurück zu Napoleon. Der hat gesagt, Soldaten, die sterben, sollen in ihrer Heimat begraben werden. So ein Transport hat damals viele Tage gedauert, daher wurden die Verstorbenen konserviert. Das wurde in den USA auch im Bürgerkrieg so gemacht. Das hat sich langsam entwickelt und wurde in manchen Ländern zum Standard.

    Und in welchen Fällen wird das in Deutschland gemacht?
    WENDEL: In Deutschland wird fast nur einbalsamiert, wenn der Verstorbene ins Ausland gebracht wird und das jeweilige Land das vorschreibt. Ansonsten gibt es das auch aus kosmetischen Gründen. Denn beim Balsamieren wird neben der Hemmung der Verwesung auch das Gewebe wieder aufgebaut. Das heißt, man bekommt die Ursprungsform der Haut wieder hin, die sieht dann nicht mehr so eingefallen aus, sondern lebendiger.

    Zur Person

    Alexander Wendel ist Bestattermeister und geprüfter Thanatopraktiker, also Einbalsamierer. Er leitet mehrere Bestattungsinstitute, unter anderem in Nördlingen und Dinkelsbühl. Wendel ist Mitglied im British Institut of Embalmers (BIE) sowie im Death Care Embalming Team. Das ist ein humanitärer Verein, der bei Katastrophen weltweit dabei hilft, Opfer zu bergen und zu überführen.

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