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Tierschutz: Bären im Trentino zum Abschuss freigegeben

Tierschutz

Bären im Trentino zum Abschuss freigegeben

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    Tierschützer sind empört: Im Trentino können so genannte "Problembären" künftig leichter abgeschossen werden. Der Landtag der norditalienischen Provinz segnete ein entsprechendes Gesetz ab.
    Tierschützer sind empört: Im Trentino können so genannte "Problembären" künftig leichter abgeschossen werden. Der Landtag der norditalienischen Provinz segnete ein entsprechendes Gesetz ab. Foto: Matteo Zeni, dpa

    Wenn man Massimo Vitturi am Mittwoch nach seiner Stimmung fragte, antwortete der Experte vom italienischen Tierschutzverband Lega Antivivisezione (LAV), er sei "doppelt sauer". Zu Beginn der Woche verabschiedete das Regionalparlament der Provinz Trentino ein Gesetz, das den Abschuss von acht Braunbären pro Jahr erlaubt, darunter auch vier Jungtiere. "Das Gesetz dient allein der Propaganda", behauptete Vitturi im Gespräch mit unserer Redaktion. "Jetzt werden acht Bären abgeschossen und in Sachen Sicherheit verändert sich überhaupt nichts für die Bürger", fügte Vitturi hinzu. Deshalb der doppelte Frust.

    Tierschützer rechnen mit einem baldigen ersten Abschuss

    Die italienischen Tierschützer rechnen mit dem ersten Abschuss eines der sogenannten Problembären infolge des Gesetzes bereits in den kommenden Tagen. Doch der für Forstwirtschaft zuständige Landesreferent Roberto Failoni gibt Entwarnung. "Das Gesetz sieht einen Abschuss vor, wenn ganz präzise Bedingungen vorliegen", sagte er unserer Redaktion. "Es kommt auf das Verhalten des Bären an", fügte er hinzu. Nur wenn tatsächlich eine Gefährlichkeit feststehe, könne der Abschuss angeordnet werden. "Das ist ein kompliziertes Prozedere." Derzeit befänden sich die meisten Bären noch im Winterschlaf.

    Der Tierschutzverband LAV kündigte an, Beschwerde bei der Europäischen Kommission in Brüssel gegen das Gesetz einzulegen, um ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien zu bewirken. Nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aus dem Jahr 1992 sind vom Aussterben bedrohte Arten EU-weit zu schützen. "Wenn die Provinzregierung jedes Jahr acht Braunbären abschießt, ohne vorher eine Bestands-Analyse zu machen, kann das die Art gefährden", sagte Vitturi. Offiziellen Schätzungen zufolge gibt es im Adamello-Brenta-Gebiet derzeit 98 erwachsene Tiere, die Zahl der Jungtiere ist nicht genau bekannt. Im Rahmen des Ansiedelungs-Projektes Life Ursus wurden um das Jahr 2000 im Trentino zehn slowenische Braunbären freigelassen, die sich rascher vermehrten als geplant. Immer wieder kam es in jüngerer Zeit zu teilweise gefährlichen Begegnungen zwischen Bären und Menschen.

    Tierschützer wollen vor den Europäischen Gerichtshof gehen

    Auch vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg wollen die Tierschützer ihre Argumente vorbringen. Dort ist ein Verfahren anhängig, möglicherweise im Juni soll es dort eine Anhörung geben. Die Bärin JJ4, Schwester des 2006 bei Bayrischzell abgeschossenen Braunbären "Bruno", hatte, unterwegs mit zwei Jungtieren, im vergangenen April einen Sportler im Trentino tödlich verletzt. Die Provinzregierung gab sie anschließend zum Abschuss frei. Tierschützer erwirkten vor dem Gericht einen Stopp der Maßnahme. 

    JJ4, die in einem Gehege bei Trento sitzt, das Tierschützer als "Kerker" bezeichnen, wurde gefangen und soll nun eigentlich auf Kosten der LAV in einen Park in Rumänien gebracht werden. Die Provinzregierung blockiert jedoch den Transfer. Die Richter des Verwaltungsgerichts verwiesen die Sache an den EuGH, der nun über die Anwendung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie entscheiden soll. Tierschutzexperte Vitturi ist empört: "Wie kann man heute schon sicher sein, dass auch im kommenden Jahr acht Bären abgeschossen werden müssen?" 

    Nach und während der Verabschiedung des Gesetzes am Montagabend kam es in Trento zu Zusammenstößen zwischen Polizei und 30 Aktivisten, denen zuvor die Teilnahme an der öffentlichen Parlamentssitzung aus Sicherheitsgründen verboten worden war. Protestierende bewarfen das Parlamentsgebäude mit roter Farbe. Tierschützer fordern statt der Tötung eine Informationskampagne sowie Anti-Bären-Mülltonnen im Trentino.

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