Drei Astronauten sind zum ersten Besatzungswechsel seit der vollständigen Inbetriebnahme der chinesischen Raumstation "Tiangong" (Himmelspalast) erfolgreich ins All gestartet. Ihr Raumschiff "Shenzhou 16" (Magisches Schiff) hob am Dienstag mit einer Rakete vom Typ "Langer Marsch 2F" vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi in Nordwestchina ab. Der Direktor des Raumfahrtzentrums, Zou Lipeng, verkündete nur 18 Minuten nach dem Start den "vollen Erfolg" des Starts. "Shenzhou 16" habe wie geplant die Umlaufbahn erreicht. Die Sonnensegel hätten sich problemlos geöffnet.
Crew auf "Tiangong" wird ausgetauscht: Zivilist dabei
Die drei Astronauten sollen ihre Kollegen nach einem halben Jahr im All ablösen. Unter ihnen befindet sich erstmals ein Zivilist, der 36-jährige Wissenschaftler Gui Haichao von der Pekinger Universität für Luft- und Raumfahrt. Er soll sich an Bord um Experimente kümmern. Bisher stammten alle anderen chinesischen Astronauten aus dem Militär.
Kommandant ist der 56-jährige Weltraumveteran Jing Haipeng. Der Generalmajor kann mit seinem vierten Raumflug mehr Missionen als jeder andere chinesische Raumfahrer verbuchen. Ein Neuling im All ist neben dem Wissenschaftler auch der Flugingenieur Zhu Yangzhu (36). "Wir kommen so gut miteinander aus wie eine Familie", sagte der Kommandant über die bisherige Zusammenarbeit und ihr Training.
Fünf Monate lang sollen die drei Astronauten im All bleiben. Diese Woche sollen sie mit der gegenwärtigen dreiköpfigen Crew in der Raumstation wohnen. Die jetzigen Besatzungsmitglieder Fei Junlong, Deng Qingming und Zhang Lu verfolgten in der Raumstation den Start ihrer Kollegen in einer Live-Übertragung. Sie sollen voraussichtlich am Samstag zur Erde zurückkehren. Doch der Termin ist bislang offiziell nicht bestätigt.
"Tiangong": China will zu großen Raumfahrernationen aufschließen
"Shenzhou 16" ist bereits die fünfte bemannte Mission zur chinesischen Raumstation, die Anfang des Jahres ohne viel Aufhebens ihren regulären Betrieb aufgenommen hatte. Anfang Mai hatte ein Frachtflug bereits Versorgungsgüter, Nahrung, Ersatzteile und 600 Kilogramm Treibstoff ins All gebracht, um den Aufenthalt der drei neuen Astronauten vorzubereiten.
China will mit seinem ehrgeizigen Raumfahrtprogramm schnell zu den großen Raumfahrernationen USA und Russland aufschließen. Nur 20 Jahre nachdem China erst als dritte Nation selbst Astronauten ins All gebracht hat, betreibt die Volksrepublik jetzt eine moderne, voll funktionsfähige Raumstation, erkundet den Mond und den Mars. Die USA sehen sich nach den Worten des Chefs der US-Raumfahrtbehörde Nasa, Bill Nelson, in einem "Wettrennen im All" mit China.
Der Staatsführung in Peking geht es um nationales Prestige, aber auch um die globale technologische Vorreiterrolle, die den USA streitig gemacht werden soll. Bis 2030 will China auch erstmals Astronauten auf den Mond bringen, während die USA mit dem "Artemis"-Projekt ab Ende 2025 wieder eine bemannte Landung auf dem Erdtrabanten planen.
Raumfahrt: China plant Bau einer bemannten Station auf dem Mond
Die beiden haben den Mond-Südpol im Blick. Dort wird gefrorenes Wasser vermutet. China plant bereits den Bau einer bemannten Station auf dem Mond und geht damit noch weiter als die USA. China will dabei auch mit anderen Ländern wie Russland zusammenarbeiten.
Der "Himmelspalast" ist 100 Tonnen schwer und der einzige Außenposten im All neben der internationalen Raumstation (ISS). Diese wird seit 2000 dauerhaft betrieben und ist viermal größer – aber in die Jahre gekommen. Trotzdem wollen die USA, Europa und Japan die Raumstation noch bis 2030 weiterbetreiben, was länger wäre als ursprünglich geplant. Eine Mitarbeit Chinas an der ISS hatte der US-Kongress aus Sicherheitsgründen abgelehnt.
Das chinesische Raumfahrtprogramm hob hervor, dass China künftig auch ausländische Astronauten in seiner Raumstation willkommen heiße. Es gebe Kooperationsprojekte unter anderem mit dem UN-Weltraumbüro, der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und aufstrebenden Raumfahrtnationen. China entwickelt auch ein wiederverwendbares Raumschiff für künftige Flüge ins All.
Raumstation "Tiangong": Daten, Fakten und Zahlen
Die Raumstation "Tiangong" soll etwa zehn Jahre lang in Betrieb bleiben und für zahlreiche Forschungen und Experimente genutzt werden. Die Daten und Fakten des "himmlischen Palasts" im Überblick.
- Höhe: rund 340 bis 420 Kilometer im erdnahen Orbit
- Bahnneigung: 42°
- Spannweite:\u000938,6 Meter
- Länge:\u000916,6 Meter
- Tiefe:\u00094,2 Meter
- Rauminhalt:\u0009110 Quadratmeter
- Masse: rund 90 Tonnen
- Elektrische Leistung:\u000938,2 kW
- Solarzellenfläche:\u0009574 Quadratmeter (mit dpa)