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Themenwoche Zukunft: Welche Rolle spielt das Weltall in Zukunft für Menschen?

Themenwoche Zukunft

Welche Rolle spielt das Weltall in Zukunft für Menschen?

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    Die Illustration zeigt das SpaceX Starship, das im Rahmen des Artemis-Programms NASA-Astronauten auf die Mondoberfläche bringen wird.
    Die Illustration zeigt das SpaceX Starship, das im Rahmen des Artemis-Programms NASA-Astronauten auf die Mondoberfläche bringen wird. Foto: SpaceX/NASA via AP/dpa

    Bald gibt es ihn wirklich, den Mann im Mond. Oder die Frau auf dem Mond. Schon in einigen Jahren oder Jahrzehnten könnte ein "Moon Village" entstehen. Ein Dorf auf dem Mond. Expertinnen und Experten halten das für realistisch. Eine davon ist Nadya Ben Bekhti-Winkel, stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle Space der Fraunhofer Allianz Aviation & Space (ein Zusammenschluss von 27 Instituten, die im Bereich Luft- und Raumfahrt angewandte Forschung betreiben) in Euskirchen. Sie sagt: "Das 'Moon Village' ist ein mögliches Projekt der Zukunft." Ein Projekt, das zur Frage führt: Welche Rolle wird das Weltall im Lauf dieses Jahrhunderts im Alltag der Menschen spielen?

    "Das Leben auf der Erde hängt stark davon ab, wie gut Satellitendienste funktionieren", sagt Wissenschaftlerin Nadya Ben Bekhti-Winkel.
    "Das Leben auf der Erde hängt stark davon ab, wie gut Satellitendienste funktionieren", sagt Wissenschaftlerin Nadya Ben Bekhti-Winkel. Foto: Brigitta Leber

    Vor allem werde es um weltraumbasierte Infrastruktur gehen, sagt Ben Bekhti-Winkel. "Das Leben auf der Erde hängt stark davon ab, wie gut Satellitendienste funktionieren. Unsere Navigation hängt davon ab, unsere Kommunikation hängt davon ab, unsere Wetterdienste hängen davon ab."

    Satelliten seien wichtig für den Klimaschutz, sagt Nadya Ben Bekhti-Winkel

    Auch beim Klimaschutz spielen Satelliten laut der 44-Jährigen eine Rolle. "Nicht nur, um das Wetter zu beobachten, sondern auch, um zu sehen, wie sich Eisregionen verändern, wie Flüsse austrocknen, wie viel in Wäldern abgeforstet wird. Der zunehmende Ausbau von

    Spielt Nachhaltigkeit in der Raumfahrt selbst eine Rolle? "Auf ganz vielen Gebieten wird daran gearbeitet, dass die Weltraumforschung nachhaltiger wird." Mehr Privatleute beteiligen sich an der Raumfahrt, im erdnahen Orbit wird es immer voller. "Es gibt nicht wie auf der Erde ein Verkehrsleitsystem. Momentan ist da oben der Wilde Westen. Jeder kann ohne feste Regularien, die für alle bindend sind, Satelliten platzieren." Wenn die kaputtgehen, sind sie Weltraumschrott. Eine Gefahrenquelle: "Es kommt immer wieder zu Kollisionen mit unkontrolliert herumfliegenden Teilchen. Die haben wahnsinnig hohe relative Geschwindigkeiten und können bei einem Aufprall einen riesigen Schaden erzeugen, sowohl an den Satelliten als auch an einer Raumstation", sagt Ben Bekhti-Winkel.

    Ein Modell der Mondstation "Moon Village" ist im Zukunftsmuseum in Nürnberg zu sehen.
    Ein Modell der Mondstation "Moon Village" ist im Zukunftsmuseum in Nürnberg zu sehen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Ziehen die Verantwortlichen der Staaten und private Weltraum-Entrepreneure wie Elon Musk und Jeff Bezos Konsequenzen daraus? Musk etwa habe seine Satelliten so gebaut, dass sie sich nach fünf Jahren in die Erdatmosphäre absenken und dort verglühen.

    Zurück zum "Moon Village". "Das tut man nicht nur, weil es schön wäre, auf dem Mond eine Zwischenlandestelle zu haben", sagt Ben Bekhti-Winkel. Es gehe um wirtschaftliche Interessen. "Aus dem Mondgestein Regolith kann man etwa Metalle gewinnen. Beim Mars ist es ähnlich, auch dort könnten Rohstoffe gewonnen werden. Auf diese zwei Planeten werden sich mögliche bemannte Erkundungen und der Rohstoffabbau in den nächsten Jahrzehnten beschränken."

    In zehn bis 15 Jahren könnten Menschen auf dem Mars landen

    Noch zuversichtlicher, was den Zeitplan angeht, ist Professor Martin Tajmar. Er leitet das Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der Technischen Universität Dresden. Mit seinem Team arbeitet er etwa an einem elektrischen Raumfahrtantrieb, einem Hall-Ionen-Triebwerk mit Xenon-Treibstoff.

    Mit seinem Team arbeitet Martin Tajmar am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden an einem elektrischen Raumfahrtantrieb. Hier ist er im Test zu sehen.
    Mit seinem Team arbeitet Martin Tajmar am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden an einem elektrischen Raumfahrtantrieb. Hier ist er im Test zu sehen. Foto: Martin Tajmar

    Bei der Erkundung von Mond und Mars zählt er auf Elon Musk. Sobald dessen Großraketenprojekt Starship fliege, seien das "Moon Village" und ähnliche Vorhaben kein Problem mehr, sagt Tajmar. Der erste Orbitalflug ist für Dezember geplant. "Der Mond wird eine Infrastruktur sein, die wir wie selbstverständlich nutzen werden", sagt Tajmar. Den ersten bemannten Flug zum Mars hält er in zehn bis 15 Jahren für realistisch.

    Findet gut, dass Milliardäre wie Elon Musk die Weltraumforschung vorantreiben: Martin Tajmar.
    Findet gut, dass Milliardäre wie Elon Musk die Weltraumforschung vorantreiben: Martin Tajmar. Foto: Christian Hüller

    Dass Multimilliardäre immer mehr im Weltraum mitmischen, findet Tajmar gut. "Die Forschung geht weiter, wenn sie nicht nur von Regierungen getrieben wird, sondern ein großes privates Interesse dahintersteht." Dazu komme, dass private Unternehmen im Gegensatz zu Regierungen nicht in Vier-Jahres-Zyklen denken.

    Und wann wird es Normalsterblichen möglich sein, mal die Welt von oben zu betrachten? Nadya Ben Bekhti-Winkel sagt, Weltraumtourismus werde vorerst Millionären und Milliardärinnen vorbehalten bleiben.

    Per Rakete in unter einer Stunde nach Australien

    Tajmar hält es für möglich, dass es in zehn Jahren erste Versuche für eine Art Starship-Linienflug gibt. Der könnte laut dem Wissenschaftler so aussehen: 5000 Euro für die Verbindung Hamburg–Sydney per Rakete. "Einmal in den Weltraum und zurück", sagt Tajmar. Machbar sei die Strecke in unter einer Stunde.

    Neben Forschung, Fortschritt und Faszination – könnte das Weltall in Zukunft ein Kriegsschauplatz sein? China hat bereits vor 15 Jahren gezeigt, dass das möglich wäre. Mit einer Rakete haben sie einen eigenen Wettersatelliten abgeschossen. Eine Machtdemonstration.

    Ben Bekhti-Winkel sagt: "Viele der Infrastrukturen, die es im erdnahen Orbit gibt, kann man sowohl zivil als auch militärisch einsetzen. Kommunikation, Navigation, Erdbeobachtung." Für sie ein Grund, weshalb es dringend bindende Regeln braucht. Dennoch ist die Wissenschaftlerin optimistisch: "Egal welche Spannungen es gibt, Wissenschaftler und Technologen unterhalten sich trotzdem weiter." Der Weltraum könnte also mit gutem Beispiel vorangehen, wenn hitzköpfige Staatenlenker auf der Erde Konflikte kriegerisch lösen wollen.

    Für ausgeschlossen hält auch Martin Tajmar militärische Auseinandersetzungen im Weltall nicht. Er hofft, dass Menschen, die sich irgendwann auf Mond und Mars ansiedeln, klüger und weniger von Gier getrieben sein werden.

    Weltraumtourismus könnte den Menschen erst einmal Angst machen

    Was macht es mit der Gesellschaft, wenn das Weltall auf der Erde eine immer größere Rolle spielt und gleichzeitig Weltraumtourismus, aber auch Kriege im Weltraum realistischer werden? Zukunftsforscher Kai Gondlach kann sich vorstellen, dass das bei vielen nicht nur positive Gefühle auslöst. "Als es mit der kommerziellen Luftfahrt losging, hatten die Menschen auch Angst." Die habe sich gelegt und so könne es auch bei der Raumfahrt passieren.

    Zukunftsforscher Kai Gondlach sieht positive und negative gesellschaftliche Auswirkungen, wenn das Weltall immer wichtiger für Menschen wird.
    Zukunftsforscher Kai Gondlach sieht positive und negative gesellschaftliche Auswirkungen, wenn das Weltall immer wichtiger für Menschen wird. Foto: Verena Hahnelt (kaigondlach.de)

    Eine Zukunft mit Milliardären, die im All herumfliegen, während Normalsterbliche sich das vorerst nicht leisten können, halte aber eine Menge sozialen Sprengstoff bereit.

    Gondlach sieht auch positive gesellschaftliche Auswirkungen, wenn die Rolle des Weltalls im Alltag wächst. Dann werde der Blick für das große Ganze prominenter. Menschen würden zunehmend in weitergesteckten Grenzen denken. "Wir sind hier auf dem Planeten nur zu Gast", sagt der 35-Jährige. Vielleicht verdeutliche eine neue Perspektive einigen, wie wichtig Frieden und Umweltschutz seien.

    Fortschritte, von denen die Gesellschaft profitiert, sieht er auch im technischen Bereich. Das Streben danach, leichte Metall-Teile für die Raumfahrt zu entwickeln, führe dazu, dass später Autoteile besser und günstiger werden. Und mithilfe von 3D-Druckern vielleicht sogar an Orten herstellbar, an denen man bisher lange auf ein Ersatzteil wartet. Erst profitieren Nasa und Elon Musk, dann die breite Masse? So könnte laut Gondlach auch der Fortschritt bei Quantencomputern laufen, die Daten rasant verarbeiten, weil sie sie nicht nacheinander, sondern gleichzeitig durchsuchen.

    Dieser Artikel ist Teil der Themenwoche Zukunft unserer Volontäre. Alle Themen und Texte zum Schwerpunkt finden sich hier in unserer Übersicht.

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