Der norddeutsche "Tatort" mit Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) war meist ein "Tatort" mit Doppelwumms. Bisweilen ging er krachend daneben. Dafür bietet er immer wieder ein paar Fetzen ordentlicher Punkmusik. Weil die ja zu Falke gehört wie dessen Lederjacke. Um ihn soll es aber nicht so sehr gehen, wo doch Grosz beziehungsweise Weisz geht. Grosz, die vor nicht allzu langer Zeit in "Schattenleben" noch ein Solo bekam, tritt nun in ihrer letzten Folge "Was bleibt" (Neujahr, ARD, 20.15 Uhr) überraschend mit Band auf – und singt Falke zum 25-jährigen Dienstjubiläum und zum Abschied in einer Hamburger Kneipe ein Ständchen. Die White-Stripes-Hymne "Seven Nation Army" und "Where Is My Mind" von den Pixies. Beides recht viel sagend. Im Gegensatz zu Grosz, die zögert, Falke zu gestehen, dass es sie zum BKA zieht. Dem jedenfalls geht bei der singenden Kollegin das Herz auf. Hach!
Und: Ach! Denn wie wenig aus dieser Ermittlerfigur gemacht wird, ist seit Jahren ein Drama. Möhring beschreibt es ungewollt treffend, wenn er über Falke sagt: "Er ist immer bestrebt, im Rahmen seiner Möglichkeiten das Richtige, das Gute, das Bessere zu tun." Er hat sich stets bemüht, heißt es in Zeugnissen. Umso unverständlicher, wie man beim NDR der Meinung sein kann, die Figur Grosz sei "auserzählt". Dabei war es die im Auslandseinsatz traumatisierte und unnahbar wirkende Bundespolizistin, die diesen "Tatort" seit 2016 sehenswert machte und die man zuletzt besser kennenlernte. Auserzählt? Längst nicht.
Das Finale von "Was bleibt": Furios oder uninspiriert?
Was bleibt? Ein weitgehend allein ermittelnder Falke, der in einer für 2025 geplanten Folge einmalig unterstützt wird von Florence Kasumba. Die hatte als Anaïs Schmitz mit Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) in Göttingen Dienst getan. Auch Kasumba verlässt den "Tatort", für Furtwängler wird es in Hannover weitergehen. Aber zurück nach Hamburg, wo Falke einmal mehr die Vergangenheit einholt. Ein junger Mann bittet ihn verzweifelt um Hilfe, wenig später ist er tot. Die Erinnerung kommt Falke stückweise. Bei einem fremdenfeindlichen Brandanschlag im Jahr 2002 auf ein Jugendzentrum, für das er sich engagierte, rettete er ein Kind aus Bosnien und versprach: "Wir kriegen das Schwein." Dann brach der Kontakt ab. Die Ermittlungen führen zu einem Flüchtlingshilfe-Verein, dessen ominösem Gründerehepaar samt Sohn und Schwiegertochter.
Ein solider "Tatort", an dessen Ende sich eine Überraschung an die nächste reiht. Oder kritisch betrachtet: eine unglaubwürdige Wendung einer anderen folgt. Auch über das Finale werden die Meinungen auseinandergehen. Während es der Spiegel als "furios" bezeichnet, hält es der Kritiker dieser Redaktion für unmotiviert, uninspiriert, überinszeniert – und überflüssig.
Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über spannende Kriminalfälle in Augsburg an: