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Tatort-Kolumne: Zappenduster in Frankfurt: So wird der neue "Tatort" am Sonntag

Tatort-Kolumne

Zappenduster in Frankfurt: So wird der neue "Tatort" am Sonntag

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    Andreas Frei ist einer von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    Andreas Frei ist einer von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Augsburger Allgemeine (Illustration)

    Erst mal: Schönen Dank, Bastian Günther! Dafür, dass der Drehbuchautor und Regisseur uns daran erinnert, dass in den 1980er Jahren eine Band namens Rodgau Monotones (gibt es immer noch) einen richtigen Hit hatte. Genau der dudelt durch den Kopf, wenn man den Titel des neuen "Tatorts" liest: "Erbarmen. Zu spät." Musikalischer Zusatz von damals: "Die Hesse komme!"

    In der Tat kommen die Hessen an diesem Sonntag (20.15 Uhr, ARD), und zwar mit einer neuen Kriminalepisode aus Frankfurt. Was soll man sagen: Duster wird es, zappenduster. In Minute 80 geht in diesem Film zum ersten Mal die Sonne auf. Der Rest: tiefste Nacht, zum Teil auch im übertragenen Sinne. Das Ermittlerteam Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich) quält sich durch einen Fall, der mal wieder rechte Umtriebe innerhalb der eigenen Kollegenschaft thematisiert. Kommt gerne mal vor im Sonntagskrimi, man denke etwa an den ersten Berliner "Tatort" mit Corinna Harfouch im April.

    Das Melatonin arbeitet bei diesem "Tatort" zunächst schwer beim Zusehen

    Diesmal irrlichtert der bekannte Neonazi Schilling (Niels Bormann) durch Wald und Flur, er will Brix samt Kollegen zu einer Stelle führen, wo ein erschossener Polizist namens Simon Laby vergraben sein soll. Weil er sich nicht recht erinnern kann und eh durch den Wind ist, dauert das quälend lang, auch für das Fernsehpublikum. Und das Ergebnis ist erst mal: null. Das Melatonin arbeitet schwer beim Zusehen, wie gesagt, es ist ja auch Geisterstunde in Frankfurt. Erbarmen!

    Als die Spur zu einer Waldhütte führt, in der sich Laby mit Freunden getroffen haben soll und kistenweise Essensvorräte, Waffen, Munition und ein falsches Polizeiauto befinden, werden die Augendeckel leichter. Erst recht, als sich herausstellt, dass Laby Kontakt zum Kollegen Radomski (Godehard Giese) hatte, der in Zusammenhang mit rassistischen Drohschreiben und der Aufdeckung einer rechten Chatgruppe versetzt worden war und einst gemeinsam mit Brix bei der Sitte arbeitete. Der sucht den alten Spezl auf – mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Für den Plot gibt es eine reale Vorlage. Autor Günther hat sich inspirieren lassen von den Vorgängen um die NSU-2.0-Drohschreiben und die Aufdeckung einer Chatgruppe mit rechtsextremen Inhalten in einem Frankfurter Polizeirevier.

    Zappenduster: von links Glasner (Karsten Antonia Mielke), Paul Brix (Wolfram Koch), Anna Janneke (Margarita Broich), Jonas (Isaak Dentler und Bachmann (Werner Wölbern) im neuen Frankfurter "Tatort".
    Zappenduster: von links Glasner (Karsten Antonia Mielke), Paul Brix (Wolfram Koch), Anna Janneke (Margarita Broich), Jonas (Isaak Dentler und Bachmann (Werner Wölbern) im neuen Frankfurter "Tatort". Foto: Christian Lüdecke, HR/U5 Filmproduktion/dpa

    Der "Tatort" fängt sich spät, aber nicht zu spät

    Der "Tatort" fängt sich dann doch. Spät, aber nicht zu spät. Denn trotz, vielleicht auch wegen der Müdigkeit auf beiden Seiten des Bildschirms werden die Gesichter der Männer (Kollegin Janneke spielt fast keine Rolle) immer spannender. Die Kamera ist oft unendlich lang auf sie gerichtet. Eine Optik wie aus einem Italowestern der 1960er Jahre. Wo das provozierend lange Ziehen an der Zigarette ein Statement ist. Und dann die Fragen: Wem unter den Kollegen kann man überhaupt noch trauen? Und: Wie soll man jetzt mit diesem unbefriedigenden Schluss umgehen?

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