Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Tatort-Kolumne: "Was ist das für eine Welt": So wird der neue Wiener "Tatort"

Tatort-Kolumne

"Was ist das für eine Welt": So wird der neue Wiener "Tatort"

    • |
    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: AZ

    Der Reifen seines Rennrads dreht sich noch im dunklen Hausflur, immer langsamer, bis der junge Radler in seinem eigenen Blut liegend keinen Mucks mehr von sich gibt. Ästhetischer wurde schon lange kein Mord im „Tatort“ mehr inszeniert (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr). Und das ist nur eine der Szenen und Ideen, mit denen das Team hinter der neuen Wiener Episode „Was ist das für eine Welt“ (Regie: Evi Romen, Drehbuch: Thomas Weingartner, Stefan Hafner) vieles richtig macht. 

    Na servas! Manche Dialoge sind wahre Perlen

    Der tote Rennradler ist Marlon Unger (Felix Oitzinger) – ein Überflieger, dessen Haare selbst unter dem Fahrradhelm zu einem perfekten Dutt gebunden sind. Der ein Piktogramm von sich selbst in seine Penthouse-Wohnung hängt. Einer aber auch, den alle zu lieben scheinen – von seinem Chef in der IT-Firma („er hat mein Leben verändert“) bis zu seiner Disco-Bekanntschaft („Der hat einen so total runterbringen können“). Doch nach und nach kristallisiert sich heraus: Der Typ ohne Fehler könnte auch ein Typ ohne Gewissen sein. Und wenn der auf andere trifft, die genauso sind wie er ... Na servas!, wie der Wiener sagt. 

    Wie ein Ehepaar: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in der Folge "Was ist das für eine Welt".
    Wie ein Ehepaar: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in der Folge "Was ist das für eine Welt". Foto: Petro Domenigg, ARD Degeto/ORF/Prisma Film/dpa

    Die Suche nach dem wahren Marlon und dem am Ende ausschlaggebenden unter vielen Motiven bringt Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in zwei Welten: eine mit Designerlampen und viel Kunst an den Wänden – und eine, in der man schon tagsüber alle Pläne in schummrigen Beisln im Alkohol ertränkt. Bibi und Moritz kombinieren sich durch den Fall wie ein Ehepaar, das mittlerweile ganz selbstverständlich Zigaretten und Gedanken teilt.

    Manche Dialoge sind Perlen, wie das Verhör mit dem verdächtigen Handwerker (Rainer Egger): „Sie sind aufgebrochen, um sich den Marlon vorzuknöpfen, aber stattdessen haben Sie sich ang’soffen?“ – „Ich weiß, das klingt wahrscheinlich unglaubwürdig.“ – „Nein, gar nicht unglaubwürdig. Wir sind in Österreich.“ Wieder mal ein Beweis: Sarkasmus können sie in Wien. 

    Über die Wiener Milieustudie legt sich ein Song der österreichischen Band Kreisky

    Montage können sie auch: Klug, wie die alten Hasen ermitteln und die jüngere Kollegin Meret Schande (Christina Scherrer) parallel in der Praxis des Polizeipsychologen ihre Erfahrungen mit dem Fall aufarbeitet. Treue „Tatort“-Zuschauer wissen: Muss eine Polizistin zum psychologischen Dienst, ist meistens nicht nur das Opfer gestorben. 

    Über die Wiener Milieustudie legt sich ein Song der österreichischen Band Kreisky, der in den unpassendsten Momenten aus dem kaputten CD-Player in Schandes Auto schallt. „Ich kann die Musik nicht mehr hören“, sagt die Assistentin daher kurz vor Schluss dem Psychologen. Das könnte auch den Zuschauerinnen und Zuschauern passieren – was schade wäre, weil Kreisky eine gute Band sind. Das ist aber auch das einzig Bedauerliche an diesem „Tatort“ aus Wien.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden