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"Tatort"-Kolumne: "Tatort" aus Hamburg: Sozialdrama mit Volkshochschul-Schlagseite

"Tatort"-Kolumne

"Tatort" aus Hamburg: Sozialdrama mit Volkshochschul-Schlagseite

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    Ronald Hinzpeter ist einer von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    Ronald Hinzpeter ist einer von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: Ida König

    Am Ende können sich alle getrost aus dem Fernsehsessel oder vom Sofa erheben und sagen: "Tja, da haben wir wieder was gelernt!" Zum zehnjährigen Jubiläum des notorischen Lederjacken-Ermittlers Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) serviert der NDR der "Tatort"-Gemeinde einen Aufklärungsfilm. In dem geht es weniger um die Aufklärung ungesetzlicher Tatbestände, sondern darum, über gesellschaftliche Zustände aufzuklären, die sich im Verborgenen abspielen. Deshalb heißt diese Folge sinnigerweise auch "Verborgen" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD). Wobei es ja streng genommen zum Wesen des Krimis gehört, dass er sich um etwas dreht, das Verborgen bleiben soll. In der Regel trifft das auf den Täter oder die Täterin zu. Hier geht es um Opfer, die niemand so recht sieht.

    Ermittler Falke ist der prollige "Tatort"-Bulle mit Herz

    Regisseurin Neelesha Bartel und die Drehbuchautorin Julia Drache legen sich mächtig ins Zeug, um den Deutschen die Augen zu öffnen über das Schicksal von illegal im Lande lebenden Geflüchteten. 600.000 sollen es sein, die sich ohne Papiere durchschlagen und wenig bis keine Chance auf ein geregeltes, geschweige denn einigermaßen auskömmliches Leben haben. Sie erledigen die Drecksarbeit als Putzhilfen, Küchenhilfen, als Abbrucharbeiter, Tagelöhner oder bei der Kleidersammlung. Sie leben ständig in Gefahr, erwischt und abgeschoben zu werden. Der Film wirft einen Blick auf "Deutschland, ganz unten".

    Jetzt wird's mal eben dramatisch in der "Tatort"-Folge "Verborgen", allerdings nur ganz kurz.
    Jetzt wird's mal eben dramatisch in der "Tatort"-Folge "Verborgen", allerdings nur ganz kurz. Foto: O-young Kwon, NDR/ARD

    Um das tun zu können, muss eine Leiche her. Die liegt eines Tages im Palettenfach eines Lastwagens, wo mehrere junge Männer zusammengepfercht ihre illegale Reise nach England antreten wollten. Der hemdsärmelige Falke und seine korrekte, disziplinierte Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) versuchen, seine Identität zu ermitteln und tauchen in die verschwiegene Welt der Illegalen, Papierlosen ein. Dort gelten sie selbst wiederum als Unerwünschte, die sich nur mit Mühe Vertrauen erarbeiten könne. Damit schlägt wieder die Stunde des prolligen Bullen mit Herz, den Möhring so wunderbar linkisch spielen kann, und der Vorschriften gerne als unverbindliche Handlungsempfehlung betrachtet. So kommt man auch an die Schleuser und skrupellosen Ausbeuter ran.

    Das alles ist jedoch eher mittel spannend inszeniert und dient vielmehr dazu, ausführlich und mit viel Verständnis die Welt derer zu zeigen, die von sich selber sagen, sie seien unsichtbar. So wurde aus dieser Folge eben ein Sozialdrama mit starker Volkshochschul-Schlagseite. Damit hat der NDR wieder mal seinen Bildungsauftrag erfüllt. Und wir haben etwas gelernt: Dass es unter uns viele Illegale gibt und dass ein Krimi darüber ziemlich lahm sein kann. 

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