Münster hat die Kalauer, Dortmund harte Sprüche und Köln seine sozialkritischen Themen. So viel Monotonie (nix da: Markenkern, sagen Anhänger) mag dem ein oder anderen „Tatort“-Stammkunden über die lange Strecke schon mal auf den Keks gehen. Doch wenn dies mit Blick auf das rheinische Ermittler-Duo Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) jedes Mal so darstellerisch überzeugend erzählt werden würde wie in „Restschuld“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) – ach, man könnte es sich damit so richtig auf seinem Wohnzimmer-Sofa gemütlich machen.
Fabian Pavlou, Vorzeige-Mitarbeiter eines Inkasso-Unternehmens, wird des Nächtens auf dem Firmengelände überfallen, mit einem Messer schwer verletzt und per eigener Limousine verschleppt. Da liegt es nahe, erst mal in seiner Kundenkartei nach möglichen Verdächtigen zu stöbern, die ein gemeinsames Schicksal teilen: Sie alle sind quasi pleite. Und könnten damit ein Motiv haben. Die Steuerfachangestellte Stefanie Schreiter (Katharina Marie Schubert) hat die Schulden ihres Ex-Mannes an der Backe, kämpft um die Gunst ihrer Söhne, und Pavlou hat auch schon mit einer Lohnpfändung gedroht. Die Eheleute Jost und Monika Lehnen (Roman Knižka und Tilla Kratochwil) sind wegen gesundheitlicher Probleme berufsunfähig und können den Kredit für ihr Haus nicht mehr bedienen. Und der Masseur Timo Eckhoff (Ben Münchow) hat nicht mal mehr die Kohle, um seine Stromrechnung zu bezahlen. Alles Menschen, die mal in der Mitte der Gesellschaft standen, mehr oder weniger unverschuldet in Not gerieten und nun unter dem Druck von Geldeintreibern stehen.
Und dann raunzt Schenk auch noch seinen „Tatort“-Kollegen Ballauf an
Kann mir zum Glück nicht passieren, schallt es im Subtext aus eben jener Mitte der Gesellschaft, „20 Euro haste immer in der Tasche“, sagt Ballauf, als er mit rümpfender Nase eine gerade mal angebissene Wurstsemmel in den Mülleimer pfeffert. Kann es eben doch, lautet die sozialkritische Botschaft des Films – schneller, als man denkt.
Weshalb dieser Krimi auch eher ein Psychogramm darüber ist, was Schulden mit Menschen und deren Beziehungen anstellen können. Und weshalb Schenk seinen Kollegen auch anraunzt: „Nur weil du nicht weißt, was du mit deinem Geld anfangen sollst, heißt das noch lange nicht, dass es allen so geht. Mich nervt deine Ignoranz.“
Dramaturgisch ist das klassisch-routiniert erzählt, die Spannung hält, zumal bis zum Ende nicht klar ist, ob Pavlou den Überfall überlebt hat. Ballauf und Schenk suchen also Täter und Opfer. Was aber vor allem überzeugt: Der Kreis der Verdächtigen ist schauspielerisch erstklassig besetzt. Ergo: Markenkern schlägt Monotonie.
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