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"Tatort"-Kolumne: Neuer "Tatort" aus Wien: Amourös, mafiös und mit Schwächen im Plot

"Tatort"-Kolumne

Neuer "Tatort" aus Wien: Amourös, mafiös und mit Schwächen im Plot

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    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: AZ

    "Azra" hätte das Zeug zu einer richtig guten Serie. Drei Schüsse auf einem leeren Parkplatz, ein Gangster tot. Georgische Mafia-Familie, Leichen pflastern ihren Weg. Eine junge verdeckte Ermittlerin, Azra (Mariam Hage), wird bei den Mafiosi eingeschleust, dringt Schritt für Schritt ins Herz der Organisation vor, die vor allem aus den Hinterzimmern von Diskotheken und Boxklubs operiert. So setzt sie mit der Polizei das Puzzle um den Clan-Mord zusammen – mit einem Ende, das keiner vorhergesehen hätte.

    Leider kann "Azra" (Regie: Dominik Hartl, Drehbuch: Sarah Wassermair) ihre Geschichte aber nicht in vielen Episoden erzählen, sondern nur auf 90-Minuten-"Tatort"-Länge (Montag, 20.15 Uhr, ARD). Und ausgerechnet das Spannendste bleibt dadurch auf der Strecke: Für den Twist in der Handlung, dafür, dass die junge V-Frau auch ein höchst egoistisches Interesse an Strafen für die Mafiosi hat, nimmt sich das Drehbuch gerade mal zehn Minuten Zeit. Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Neuhauser) gönnen sich nach vermeintlich getaner Arbeit eine Pause in der Abenddämmerung Wiens, Bibi ringt um Worte. Und als man schon denkt, gleich gesteht sie dem Partner in Crime ihre Liebe, zweifelt sie doch nur an der Lösung des Falls. Husch, husch, noch mal alles auf links gedreht – und Abspann.

    Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln seit zwölf Jahren zusammen.
    Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln seit zwölf Jahren zusammen. Foto: Petro Domenigg, ARD Degeto, ORF, Prisma Film/dpa

    Auffällig oft stehen die alten Ermittlerhasen diesmal in der auf- und untergehenden Sonne, schauen sich nachdenklich in die Augen. Wie schon die letzten Folgen aus Wien spielt auch diese mit der Option, dass zwischen ihnen mehr sein könnte als Freundschaft – zum Beispiel, als Eisner sich nach einem Alleingang selbst einen Idioten schimpft. Schön gesagt von Bibi: "Ich hab das Recht, mit dir zusammen eine Idiotin zu sein! Das ist doch die Basis von ..." Einer Beziehung, nur welcher? Als Zuschauerin und Zuschauer meint man nach all den Jahren mit Bibi und Moritz zu wissen, was gut ist für den "Tatort" aus Österreich: Bitte küsst euch nicht! Die Majorin und der Oberinspektor auf rosa Wolken, das nähme den Wienern viel vom typischen Schmäh und all die feine Melancholie, die auch diese Episode trotz der Schwächen irgendwie gut werden lässt.

    Wiener "Tatort" namens "Azra": Karriere begann in Augsburg

    Wer auch überzeugt, sind die Mitglieder der Mafia-Familie, allen voran Lasha Bakradze als Patron und Vladimir Korneev als dessen ständig scheiternder, unsympathischer Sohn Irakli, beide auch im wahren Leben aus Georgien. Korneev begann seine Karriere in Augsburg: Mit sieben floh er mit seinen Eltern vor dem Krieg hierher. Er sprach kein Deutsch, stotterte – und doch erkannten die Lehrer in der Schule sein Talent, ließen ihn Klavier und Theater spielen. Korneev blühte auf – und erntet heute den Ruhm, den seine Filmfigur mit zweifelhaften Mitteln einzufordern versucht.

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