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"Tatort"-Kolumne: Neuer "Tatort" aus München: Solo für Kalli

"Tatort"-Kolumne

Neuer "Tatort" aus München: Solo für Kalli

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    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    Sarah Ritschel ist eine von vier "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: AZ

    "Bei den Dreharbeiten zu diesem Film kamen keine Tiere zu Schaden": Selten war es wichtiger, diesen Hinweis einzublenden, und deswegen tun es die Macher des neuen Münchner "Tatorts" auch gleich zu Beginn. "Schau mich an" (Regie und Drehbuch: Christoph Stark) ist entlang erzählt an Videos von gequälten Welpen, wie sie im Internet millionenfach zu finden sind. Das ist harter Stoff – für die Kommissare genauso wie fürs Publikum. Schlimmer noch das Video, nach dessen Dreh eine Frau ohne Gliedmaßen in einem Koffer im Münchner Kanalsystem liegt. Sie wurde mit Zangen und Zigaretten gefoltert, anschließend zersägt – und auf einer Perversionsplattform im Netz häufen sich die Likes für den Grauens-Clip.

    Die erste Dreiviertelstunde lässt einen gebannt und verstört vor dem Fernseher sitzen, während sich Batic (Miroslav Nemec), Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) dem Täter immer weiter nähern. Doch die zweite Hälfte des Films lässt seltsam kalt.

    "Tatort" aus München: Der Mörder mit den zwei Gesichtern

    Über Interpol wird ein Polizist aus Wien auf den Fall der Münchner aufmerksam: "Tatort"-Kollege Moritz Eisner (Harald Krassnitzer). Er fühlt sich erinnert an seine eigenen Ermittlungen, als ein sadistischer Tierquäler Videos hochlud, in denen er niedliche Hundewelpen in einer Plastiktüte erstickte oder lebendig anzündete – zum Entsetzen der Netzgemeinde, die zwar Folter an Frauen mit lachenden Emojis kommentiert, aber bei misshandelten Hündchen entsetzt aufschreit. Tiere quälen und töten? "Das nimmt ihnen die Community wirklich übel", sagt die desillusionierte Lisa Berger (Aenne Schwarz), die sich damals an die Fersen des Verbrechers geheftet hatte. Sie warnte schon lange davor, dass der Tiermörder bald auch einen Menschen töten könnte. Auf ihre Kenntnisse setzen die Münchner Ermittler – allen voran Kalli. Hauptberuflich arbeitet Berger bei einer Hotline für Gewaltopfer. 

    Krassnitzer übrigens ist nicht der einzige Überraschungsgast. FC-Bayern-Star Joshua Kimmich ist zum zweiten Mal als Fitnesstrainer Kenny dabei und rät Kalli, beim Training immer an sein "fünftes Bein, das Gehirn" zu denken. Witzig!

    Ein Team: (von links) Leitmayr (Udo Wachtveitl) Batic (Miroslav Nemec) und Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer).
    Ein Team: (von links) Leitmayr (Udo Wachtveitl) Batic (Miroslav Nemec) und Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer). Foto: Linda Gschwentner, BR/Bavaria Fiction GmbH

    Es ist schwer, diesen 95. "Tatort" aus München zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. Doch während die Fahnder in der ersten Hälfte einem Monster mit Maske hinterherjagen, dessen Internet-Pseudonym an den US-Serienmörder Jeffrey Dahmer angelehnt ist, zeichnet Drehbuchautor Stark den Verdächtigen (Sammy Scheuritzel) später als verletzliches Opfer der Gesellschaft. Als einen psychisch Kranken, der immer nur enttäuscht wurde und den falschen Menschen vertraut. Auch bei seinen Morden – es soll nicht bei einem bleiben – ist er nicht allein, sondern vollzieht sie mithilfe einer zweiten Person. Diese Wendung wird jedoch nicht fein genug ausgearbeitet, und dass die Leidensgeschichte des Täters so viel Raum bekommt, kann man durchaus irritierend finden.

    Wie aber Ermittlungsassistent Kalli dessen Komplizen auf die Spur kommt – Hammer, Herr Hammermann! (Ja, der Gag kommt auch diesmal wieder vor). Kalli – frisch zurück von einem Seminar zu operativer Fallanalyse – geht unter Einsatz seines Lebens auf Solotour bei der Täterjagd. Und während er zu Beginn der Episode nur schon mal den Wagen vorfahren durfte, mausert er sich im Lauf der Geschichte für die zwei Alphatiere Batic und Leitmayr zu einem Partner auf Augenhöhe. Am Ende wird er dafür belohnt – und "Tatort"-Fans dürfen sich Hoffnung machen, dass ein passender Nachfolger schon bereitsteht, wenn die beiden ergrauten Münchner Ermittler nach ihrem 100. Fall in Rente gehen. Kalli und Kimmich, das wäre doch ein Team!

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