Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

"Tatort"-Kolumne: Mutti ist die Härteste: So wird der "Tatort" aus Stuttgart

"Tatort"-Kolumne

Mutti ist die Härteste: So wird der "Tatort" aus Stuttgart

    • |
    Ronald Hinzpeter ist einer unserer Tatort-Kolumnisten.
    Ronald Hinzpeter ist einer unserer Tatort-Kolumnisten. Foto: AZ Grafik

    Was ist der Schwaben liebste Beschäftigung? Das Schaffen – glaubt zumindest der Rest der Welt. Das scheint wohl nicht für alle zu gelten, keinesfalls aber für die Bauersfrau Beate Bechtle. Die hat genug davon, Viecher großzuziehen und irgendwie über die Runden zu kommen. Als ihr tumber Sohn meint, nicht minder beschränkte Kleingangster für ein großes Geschäft auf den Hof holen zu müssen, kommt eine wilde Geschichte in Gang, nämlich der schrägste Stuttgarter "Tatort", der je an den Ufern von Neckar und Nesenbach gedreht wurde: "Die Nacht der Kommissare" (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr).

    Ein "Tatort" wie eine nächtliche Schnitzeljagd durch Stuttgart

    Was in diesem letzten "Tatort" vor der Sommerpause passiert, ist ein ziemlicher Trip, und das im Wortsinne: Bei seinen Ermittlungen zu einem bizarren Todesfall – vom Opfer ist nur noch ein ramponierter Kopf übrig – wird Kommissar Thorsten Lannert (Richy Müller) mit Drogen vollgepumpt und damit für Stunden zum dauergrinsenden Kindskopf mit ziemlich bunter Wahrnehmung und massiven Gedächtnisstörungen. Seinem Kollegen Sebastian Bootz (Felix Klare) ist er damit mehr Klotz am Bein als eine echte Hilfe. Manchmal kehren Erinnerungsfetzen zurück, doch ob die stimmen? Zumindest bringen sie eine Schnitzeljagd durch die Nacht in Gang, an der sich diesmal auch der als Fahnder dilettierende Pathologe Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) beteiligen darf. Sie endet schließlich auf dem Bauernhof der frustrierten Familie Bechtle, wo Mutter Beate (Therese Hämer) nicht nur die Flinte, sondern überhaupt die Dinge in die Hand nimmt. Dort enthüllt sich auch das absonderlichste TV-Tötungsdelikt seit langem.

    Die zwei verstehen sich, selbst wenn einer von ihnen komplett zugedröhnt durch die Nacht irrlichtert: Sebastian Bootz (Felix Klare, links) und Thorsten Lannert (Richy Müller).
    Die zwei verstehen sich, selbst wenn einer von ihnen komplett zugedröhnt durch die Nacht irrlichtert: Sebastian Bootz (Felix Klare, links) und Thorsten Lannert (Richy Müller). Foto: Christian Koch/SWR/dpa

    Die Stuttgarter "Tatort"-Folgen sind seit Einführung des Duos Lannert/Bootz eine kreativ gefüllte Wundertüte, der nun Drehbuchautor Wolfgang Stauch eine Komödie hinzugesellt hat. Sie ist bevölkert mit haufenweise Möchtegern-Gangstern, die zuweilen das schlechte Gewissen packt, wie Bauer Dieter Bechtle (Klaus Zmorek). Der begründet seine Skrupel mit diesem wunderbar schwäbischen Satz: "Es isch die Moral, die wo uns besser macht wie die." Nämlich die "echten" Bösen. 

    Und es ist dieser streckenweise sehr knitze, leise schwäbische Humor, der diese Folge besser macht als viele andere. Überhaupt gibt es diesmal so viel Mundart, dass "Tatort"-Gucker an der Waterkant oder in der Lausitz in ihrem Sprachverständnis gefordert sind. Aber wenn sich der Pathologe über den abgetrennten Kopf des Opfers beugt und sich zwecks näherer Untersuchung wünscht "A bissle Bruscht wär subber", dann dürften auch sie ein Lächeln im Gesicht tragen. Und, abseits der Worte: Richy Müller kann endlich zeigen, dass er mehr drauf hat, als diesen einen ernsten Gesichtsausdruck, den er meist durch den Stuttgarter Kessel spazieren tragen muss. Eine echte Grinsbacke, der Mann.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden