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"Tatort"-Kolumne: Kölner "Tatort": Ballauf in love

"Tatort"-Kolumne

Kölner "Tatort": Ballauf in love

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    Kölner "Tatort": Ballauf in love
    Kölner "Tatort": Ballauf in love

    "Diesmal ist es anders" verspricht der Titel der neuen Sonntagskrimi-Folge (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr). Das stimmt und stimmt nicht, geht es ja um den Kölner "Tatort". Und der ist einigermaßen festgefahren in seiner Mischung aus einem Kommissaren-Duo, das wie das Münchner einem alten Ehepaar ähnelt, und Sozialkritik. Um ihn zu bewerten, hilft in dem Fall eine kleine Liste der Pros und Contras. Dieser "Tatort", das kann man verraten, löst gemischte Gefühle aus.

    Pro: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) frotzeln sich endlich wieder einmal derart an, dass einem das Herz aufgeht. Die Frotzeleien drehen sich darum, dass Ballauf das Herz aufgegangen ist. Denn der ist schwer verliebt. Die Dialoge von Ballauf und Schenk (Drehbuch: Wolfgang Stauch) über die Liebe und das Leben sind großartig, witzig und weise. Ja, der "Streuner" Ballauf freundet sich gar mit dem Gedanken an, mit Nicola Koch (Jenny Schily), Chefredakteurin eines Kölner Stadtmagazins, künftig sein Leben zu teilen. Diesmal ist es eben anders. Eine späte, eine wahre Liebe. Was auch ein Pro ist, weil Behrendt hier seiner Figur eine Tiefe gibt, die sie selten erreicht.

    Eine späte, eine wahre Liebe: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Nicola Koch (Jenny Schily).
    Eine späte, eine wahre Liebe: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Nicola Koch (Jenny Schily). Foto: Martin Valentin Menke, WDR/Bavaria Fiction GmbH

    Leider wird Ballauf schnell misstrauisch (Contra: Warum genau?), und schnell verengt sich der "Tatort" auf ein psychologisches Spiel mit drei Verdächtigen (eher Pro): Was hat Nicola mit Schlagersängerin Mariella Rosanelli (Leslie Malton) zu tun? Was mit dem ehemaligen Journalisten, der diese offensichtlich erpresste – und der unter einer Brücke zu Tode kam? Mord durch Überfahren mit einem Auto. Noch ein Pro (für den Versuch): Mit der zentralen Liebesbeziehung und vor allem ihrer Darstellung versucht dieser "Tatort" mal eher Ungewohntes – das Publikum hört Ballaufs und Kochs Gedanken über den jeweils anderen.

    Und dann hört man Ballaufs Gedankengänge – und es wird noch dicker aufgetragen

    Damit wird es allerdings unnötig süßholzraspelig (Contra). Und abgesehen davon, dass die Gedankengänge der Handlung nichts Wesentliches hinzufügen, wird es auch immer abstruser – bis zu dem Punkt, an dem sich Ballauf und seine Geliebte unterhalten, ohne etwas zu sagen, quasi per Gedankenübertragung (Contra). Die Kamera zoomt in jener Szene auf ihre Gesichter und lässt die Bilder zu lange stehen (Contra). Nun ist dem Kölner "Tatort" ein gewisses Pathos nicht fremd, aber das ist dann doch zu viel. Erst recht zu dick und für Kölner Verhältnisse des Übersinnlichen zu viel wird es, als Ballauf Teil des Mordgeschehens wird, es also so miterlebt, als sei er vor Ort gewesen. Weiteres Contra: Ballauf wird zunehmend weinerlich. Das ist begründet, muss man schreiben und es dabei belassen, will man nicht alles verraten. Dass er zum Jammerlappen wird, ist aber wieder zu dick aufgetragen.

    Wie so oft zeigt der Blick nach Großbritannien, wie es besser – da komplexer, spannender, glaubwürdiger und konsequenter – geht. Zufall und Glücksfall, dass man das im Anschluss an den "Tatort" im ZDF betrachten kann. Dort ermittelt in zweiter Staffel der wie stets brillante John Simm als "Detective Grace" in Brighton, ein tieftrauriger Mann, der seit Jahren nach seiner verschwundenen Frau sucht und übersinnlicher Hilfe nicht abgeneigt ist. Immerhin weiß man jetzt, dass Frau Schenk Schlager hört, und Freddy mit ihr: "Was verbindet euch, dich und deine Frau?", will Ballauf wissen. "Die Ehe, Max!", antwortet der.

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