Alles wie immer. Ist ja auch der Münster-"Tatort", da kriegst du, was du erwartest. Boerne (Jan Josef Liefers) badet also wieder in seiner Eitelkeit, Staatsanwältin Klemm reißt Witze auf eigene Kosten, Vadder Thiel hat das Dauerthema Drogen an den Hacken. Okay, neu in der Episode "Der Mann, der in den Dschungel fiel" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD), ist vielleicht, dass das Ende gleich am Anfang gezeigt wird und Sohnemann Thiel (Axel Prahl), von einer Kugel getroffen, schon mal tot am Boden liegt.
Nun wird das Publikum deshalb nicht gleich vor Schreck vom Sofa plumpsen. Ist ja klar, dass der Kommissar niemals wirklich tot sein kann, sieht er auch noch so tot aus (das war 2020 bei Boerne in "Limbus" nicht anders). Schließlich werden die beiden sicher noch mit 90 ihrem Kriminalklamauk nachgehen, um dem Ersten die Minimum-Zehn-Millionen-Quote zu sichern.
In diesem "Tatort" trügt der Schein die ganze Zeit
Der Schein trügt in diesem Fall. Nicht nur am Anfang, sondern im Grunde die ganze Zeit. Eines aber ist sonnenklar: Dieser "Tatort" ist ein Fest für diejenigen, die Detlev Buck als Schauspieler lieben. Der Film-Allrounder, vor allem ja als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent hinter der Kamera tätig, rockt die 90 Minuten nämlich ganz allein. Buck spielt den Starautor Stan Gold, der, als er noch mit Thiel die Schulbank drückte, Hotte Koslowski hieß. Jetzt ist er der Erzählung nach 'ne große Nummer, weil er in Paraguay mit dem Flugzeug abstürzte, dort viele Jahre bei einem indigenen Volk lebte und darüber ein erfolgreiches Buch schrieb.
Kaum hat Boerne ihn zum neuen Stadtschreiber von Münster gekürt, darf er ihm auch gleich auf rustikale Art das Leben retten. Denn Gold erleidet einen allergischen Schock, ausgelöst durch ein synthetisches Bienentoxin, wie Boernes misstrauische rechte Hand Silke Haller (ChrisTine Urspruch) herausfindet. Was bedeutet: Jemand wollte den verlorenen Sohn der Stadt ermorden, und dieser jemand lässt diesbezüglich auch nicht locker.
Köstlich, wie sich Gold an Thiel und Boerne heranwanzt
Es folgen: die klassischen falschen Fährten, ein ebenso skrupelloser wie phantomartiger Waffenhändler auf angeblichem Rachezug, eine Leiche im Bett. Da ist – ebenfalls wie immer – so einiges ein bisschen arg drüber, weil arg konstruiert, inklusive Showdown mit "totem" Thiel.
Aber Buck alias Gold reißt das raus. Herrlich, wie er im Schmuddel-Unterhemd zur Schnulze "Stand By Me" schwoft, während sein Hündchen namens Hemingway auf dem Klodeckel sitzt. Oder er sich palavernd an Thiel und Boerne heranwanzt. Faszinierend das leise Lächeln, der leere Blick, sein Gefühlskarussell. Mehr Buck ins Fernsehen.