In Frankfurt ist es schaurig des Nachts. Das muss auch ein junges Paar erfahren, das auf dem Heimweg durch den Stadtwald radelt. Vögel rufen, der Mond scheint helle, ein Geräusch („Das ist der Werwolf, der hier wohnt“) – und ein abgestelltes Auto mit angeschalteten Scheinwerfern … So beginnt die neue Frankfurter „Tatort“-Folge „Finsternis“ (Ostermontag, 20.15 Uhr, ARD).
Das junge Paar stolpert dann über eine Frauenleiche, die beim Eintreffen des Ermittlerduos Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) am nächsten Morgen verschwunden ist. Wie das Auto, das Maria Gombrecht (Victoria Trauttmansdorff) gehört.
Janneke und Brix klingeln an deren Haustür – und es öffnet eine Familie, die Maria Gombrecht, die mit 53 nochmals zu studieren angefangen hat und sich angeblich auf einer Frankreich-Reise befindet, nicht zu vermissen scheint: die schwangere Tochter, die sich um den an Leukämie erkrankten Vater kümmert, die zweite Tochter, die als Theaterregisseurin arbeitet. Alles in bester Ordnung? Scheinbar.
Uwe Preuss spielt einen Biedermann, der sich als Meister der Manipulation erweist - und macht das großartig
„Finsternis“ wäre ein packender Psychothriller geworden, hätte sich Petra Lüschow (Buch und Regie) manches gespart: weite Teile der ersten 60 Minuten etwa – und die Ermittler. Eine zu harte Kritik? Bloß so hart wie der Kontrast zwischen Ermittlern und Ulrich Gombrecht – ein Berufsschullehrer, dessen Frau offenkundig Opfer einer Gewalttat wurde.
Uwe Preuss spielt diesen Biedermann, der sich als Meister der Manipulation erweist, mal mit starren, mal mit Mitleid suchenden Augen. Immer wieder bricht eine Wut aus ihm heraus, die von seelischer Finsternis kündet. Preuss spielt ihn schlicht grandios. Broichs und Kochs Figuren sind dagegen nur schlicht.
Sie leiden an akuter „Floskelitis“ und bewegen sich derart behäbig durch ihren 15. Fall, dass Einschlafgefahr besteht. Ihre Dialoge klingen so: „Aber so richtig grün sind die sich auch nicht. Naja, geht ja um viel Geld.“ (Brix) – „Ja, geht’s darum?“ (Janneke) – „Ja, das wäre doch naheliegend.“ – „Das überzeugt mich nicht.“ Gähn! In diesem „Tatort“ wird der Ball flach gehalten und sich vorgeknöpft. Da muss jemand sein Mauseloch verlassen. Und Figuren sondern Regieanweisungen ab: „Lass uns mal kurz hinsetzen“, „Ich sag dir jetzt was“. Filmisch ist’s auch nicht besser: Gezeigt wird zum Beispiel in Großaufnahme, wie Janneke Zucker in die Kaffeetasse rieseln lässt.
Die Folge "Finsternis" hätte genauso auch in den 1980er Jahren laufen können
So rieselt „Finsternis“ dahin als weitgehend müder Retro-„Tatort“, der genauso in den 1980er Jahren hätte laufen können. Inklusive Ausstattung (Latzhose, Schnurrbart, Porsche 924) und Musik: Die kommt vom hr-Sinfonieorchester und soll Spannung erzeugen, wo keine ist. Sehenswert? Einzig wegen Uwe Preuss.