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Köln-Tatort am Sonntag: Kritik zu „Die siebte Etage“

Tatort-Kolumne

Der Kölner „Tatort“ am Sonntag ist Bildungs-TV unter rotem Licht

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    Ronald Hinzpeter ist einer von fünf „Tatort“-Kritikern unserer Redaktion.
    Ronald Hinzpeter ist einer von fünf „Tatort“-Kritikern unserer Redaktion. Foto: Montage: Ida König

    Sollte es noch Männer geben, die sich als aufrechte Stehpinkler verstehen und sorglos die Toilettenbrille benetzen, müssten sie spätestens nach diesem „Tatort“ ins Grübeln kommen: Wer so freigiebig wie hygienewidrig mit seiner Körperflüssigkeit umgeht, könnte daraufhin mit zerschmetterten Gliedern auf dem Pflaster vor dem Haus landen. Wie sich in der neuen Köln-Folge „Die siebte Etage“ zeigt (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) war das Opfer ein ziemlicher Drecksack. Seine Pinkel-Aktion war quasi der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

    Ein „Tatort“ im roten Dämmerlicht

    Jene siebte Etage bildet das Obergeschoss eines Eros-Centers, in dem neben käuflicher Lust eine Menge Frust zu finden ist. Das hat zur Folge, dass die Herren Ballauf (Klaus J. Behrendt), Schenk (Dietmar Bär) und auch ein bisschen Jütte (Roland Riebeling) im schummrigen Milieu ermitteln müssen, zumal wenig später noch eine Frau mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden wird, die ebenfalls in jenem Stockwerk ihr Geld verdient, wenn auch nicht mit Sex. Doch dieses Mal sind die Kripoleute eher Randfiguren, die recht statisch vor sich hin fahnden, denn das wahre Augenmerk des Autorenduos Eva Zahn und Volker A. Zahn liegt auf den Prostituierten, die im roten Dämmerlicht ihrem Gewerbe nachgehen. Auf die richten sie einen sehr hellen Scheinwerfer, wollen zeigen, wie sie diese Arbeit traumatisiert, entmenschlicht und was das Milieu mit ihnen anrichtet.

    Die Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) ermitteln diesmal ausgiebig im Rotlichtmilieu.
    Die Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) ermitteln diesmal ausgiebig im Rotlichtmilieu. Foto: Martin Valentin Menke, WDR/dpa

    Es ist also einer dieser sozialkritischen „Tatorte“, die sich unter dem Mäntelchen des Krimis eines „relevanten Themas“ annehmen. Sonderlich subtil gehen die Autoren dabei nicht vor, sondern packen die Zuschauenden aufdringlich am Kragen, um sie aufzurütteln: Sie greifen zum klassischen „Verfremdungseffekt“, den Bertolt Brecht für seine Theaterstücke benutzt hat. Er unterbrach gerne mal die Handlung und ließ die Akteure direkt zum Publikum sprechen, damit es sich auch wirklich mit den Figuren und dem Geschehen auseinandersetzt. Er wollte nicht unterhalten, er wollte belehren.

    Das will diese Folge auch, denn drei der Prostituierten sprechen plötzlich direkt in die Kamera und erklären sich, ihre Situation und wie sie da hineingeraten sind. Zudem werden bei den Diskussionen im Morddezernat wieder mal wohl aufbereitete Fakten für das Publikum eingestreut, dieses Mal eben zum Thema Sexarbeit. Der Film macht sich konsequent den Blickwinkel der Frauen zu eigen. So kommen die TV-Konsumenten zusätzlich in den Genuss diverser eher unschöner „Anblicke“, um es mal dezent zu formulieren.

    Nach einer guten Stunde Bildungsfernsehen, das mal nervt, aber dann auch wieder mit hervorragenden Einzelleistungen berührt (Antonia Bill als sensible, traurige, aber auch zupackende Prostituierte Jasmin), biegt der „Tatort“ in ein blutiges Finale ein, einen drastischen Geschlechterkampf bis aufs Messer. Dabei regierte die Zeit davor eher der Holzhammer.

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