Hand aufs Herz: Wollen wir als Eltern wirklich so genau wissen, was unsere halbwüchsigen Kinder alles so treiben, wenn sie unterwegs sind? Ist es nicht besser und ruhiger, unbelastet im Tal der Ahnungslosen zu leben und später, wenn sie aus dem Gröbsten raus sind, sagen zu können: Wir haben vermutlich nicht alles mitbekommen, aber das war vielleicht besser so? Na ja, manchmal scheint das keine so gute Strategie zu sein, und dann passieren dramatische Dinge wie im jüngsten Schwarzwald-"Tatort" mit dem beunruhigenden Titel "Das geheime Leben unserer Kinder". Wobei in dieser Episode so ziemlich alle etwas zu verbergen haben, außer das Ermittlerpaar Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner).
Das "Tatort"-Team fahndet im Beziehungsgeflecht
Die beiden sind ohnehin das knuffigste Fahnder-Duo im dauermenschelnden "Tatort"-Kosmos: Sie verstehen sich wie Brüderchen und Schwesterchen, sind einfühlsame Normalo-Polizisten ohne erkennbare Macken. Der sanfte Brummbär Friedemann Berg sieht sowieso aus, als wäre er vor jeder Szene gerade frisch vom Traktor gestiegen. Und er hat, gerade aus dem Urlaub zurück, recht wenig Lust, sich um einen toten jungen Mann zu kümmern, der gerade aus einem Wehr gezogen wird. Aber hilft ja nichts! Er und seine Kollegin tasten sich gemächlich voran durch ein Beziehungsgeflecht, in dessen Mittelpunkt eine Patchworkfamilie steht, die aus irgendeinem Grund nicht mehr richtig funktioniert. Miriam Schenk (Susanne Bormann) und Paul Wolf (Christian Schmidt) haben mit Zoé (Caroline Cousin) und Benno (Aniol Kirberg) jeweils ein Kind in die Beziehung eingebracht.
Doch dass die zwei illegal Geld verdient haben, mit einer hoch kritischen Kryptowährung spekulieren und bis zu den Ohren im Schlamassel stecken, haben sie nicht mitbekommen – auch nicht, dass sie mit dem Geld zumindest ein bisschen vor dem Klimawandel fliehen wollen. Plötzlich bröckeln die Fundamente der Beziehung und am Ende geht fast alles den Bach runter – so wie der Planet nach Meinung von Zoé und Benno. Der Klimawandel hat sie quasi auf die schiefe Bahn geführt.
Der Schwarzwald-"Tatort" enttäuscht nie
Die Tobler-Berg-"Tatorte" enttäuschen eigentlich nie, auch diese Folge nicht. Die Ermittlungen gehen ihren Schwarzwald-typischen etwas schlurfenden Gang. Doch weil sich die Dinge für die Kinder und ihre Eltern zunehmend zuspitzen, kommt keine Langeweile auf. Zudem lässt Regisseur Kai Wessel die Handlung an interessanten Stellen mit geteiltem Bildschirm parallel laufen, was dem Ganzen einen zusätzlichen Reiz verleiht. Und der stimmungsvoll im rauschenden Regen gefilmte nächtliche Showdown mit Zeitlupeneffekten setzt der Folge ein würdiges knalliges Ende.