Der neue „Tatort“ mit dem Duo Falke und Grosz tut niemandem weh. Was man von manch anderer Folge zuletzt nicht sagen kann. Die als „Schwurbler-,Tatort’“ in die TV-Krimi-Geschichte eingegangene Episode „Propheteus“ aus Münster etwa schien Zuschauerinnen und Zuschauern fast körperliche Schmerzen zu bereiten. „Kehraus“ dagegen schmerzte Kritiker, weil die Münchner Kommissare erwiesenermaßen mehr können. Die Erwartungen an den „Tatort“ mit Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz), die im Norden ermitteln, waren wenigstens nie so hoch, dass die Enttäuschung abgrundtief sein könnte.
Das ist auch ein Problem von „Tyrannenmord“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD): Die Folge ist, gut gemeint, durchschnittlich. Genauer betrachtet: langweilig, uninspiriert.
Ein südamerikanischer Diktator kommt zum Staatsbesuch – und Falke muss in einem Internat bei Hannover ermitteln
Die Handlung: Juan Mendez (Riccardo Campione) ist der Sohn des Diktators von „Orinaca“, der aus Südamerika zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt. Sohn Juan hat er im teuren Internat Rosenhag bei Hannover untergebracht und lässt ihn von Bodyguard Carlos (José Barros) beschützen. Was Juan, verliebt in eine Mitschülerin, als Überwachung empfindet. Mit einer vorgetäuschten Entführung will er dem Tyrannenvater (passenderweise ist „Diktatur“ gerade Unterrichtsthema) entkommen. Dann wird er tot aufgefunden, mit herausgeschnittener Zunge ...
Die Figuren: Weil Grosz wegen des Staatsbesuchs unabkömmlich ist, muss Falke ran. Widerwillig (als Arbeitersohn im Nobelinternat), O-beinig und lederjackig läuft er durch die Folge. Der Klapprad-fahrende Dorfpolizist Felix Wacker (Arash Marandi) hilft ihm.
Sonstiges: Falke sagt Sätze wie: „Digger, ich find, du laberst ein bisschen viel“ (zu Wacker). Hannover und Umgebung sind nebelgrau bis schwarz. Das Schulleiter-Ehepaar Bergson verhält sich komisch.
Ärgernis: ein konventionell erzählter „Tatort“, bei dem sich die (durchschaubare) Handlung dahinschleppt und Ermittlungserfolge auf Zufällen beruhen. Mal wieder typisch: Dem Publikum wird nicht zugetraut, sich eigene Gedanken zu machen – stattdessen stößt man es durch Dialoge und mit filmischen Mitteln auf bestimmte Dinge.
Von grimmigen Blicken, platten Hinweisen – und gesellschaftspolitisch muss es natürlich auch sein
Beispiel: Carlos kommt in einer spätabendlichen Szene (dunkel, also gruselig) unerwartet von rechts ins Bild und schaut Falke nach, der Juans Freundin (hatte eben einen Streit, also verdächtig) hinterherfährt. Sodann wendet sich Carlos mit grimmigem Blick zur Kamera (böse, also verdächtig).
Gesellschaftspolitisch muss es natürlich auch sein: „Anständige Schulbildung sollten alle kriegen, nicht nur die mit Kohle“, meint Falke (nachdenklicher Blick) am Schluss vorm Internat. Und zieht mit Wacker ab.