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„Tatort“ aus Ludwigshafen an Neujahr: So ist „Der Stelzenmann“

Tatort-Kolumne

„Der Stelzenmann“ geht um – und sorgt für Gänsehaut-Gefahr

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    David Falkner ist einer von fünf "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion.
    David Falkner ist einer von fünf "Tatort"-Kritikerinnen und -Kritikern unserer Redaktion. Foto: Augsburger Allgemeine (Illustration)

    Horrorfilm und Maske – das passt gut zusammen. Michael Myers, der Bösewicht aus „Halloween“, trägt die weiß angemalte Gummimaske, Killer Jason Voorhees aus der „Freitag der 13.“-Reihe seine Hockey-Maske. Auch der neueste „Tatort“ (Neujahr, 20.15 Uhr, ARD) hat seine Horrorfigur – Maske inklusive, na klar. „Der Stelzenmann“ ist es, der als Gruselgestalt in Ludwigshafen umgeht, der neuesten „Tatort“-Folge ihren Namen gibt und den neunjährigen Paul am helllichten Tag in ein Auto zerrt. Die Nachbarin, die das beobachtet, wird vom Entführer kurzerhand überfahren und stirbt. So knapp, so schaurig.

    Schaudern könnte es manchen „Tatort“-Fan übrigens auch beim Blick in den Kalender: Ein neuer „Tatort“ an einem Mittwoch? Ungewohnt. Ein Blick ins Archiv aber zeigt, dass die Krimi-Erstausstrahlung an Neujahr Tradition hat: Bereits 1978 wurde zum ersten Mal ein neuer „Tatort“ an Neujahr gezeigt, seither ist daraus eine Art Regel geworden. 1978, im gleichen Jahr also, in dem auch der erste „Halloween“-Streifen in die Kinos kam.

    Tatsächlich sucht der neueste Fall der Ludwigshafener Kommissarinnen Odenthal und Stern (Ulrike Folkerts und Lisa Bitter) immer wieder sanfte Anleihen ans Horrorfilm-Genre. Keine Sorge: Im Kern ist und bleibt auch diese „Tatort“-Folge natürlich ein Krimi. Aber für zart besaitete Gemüter könnte sich „Der Stelzenmann“ als harter Tobak erweisen.

    „Tatort“-Grusel in Ludwigshafen: Odenthal und Stern auf der Spur des „Stelzenmanns“

    Das liegt nicht allein am Gruselfaktor. Auch das Martyrium von Pauls Eltern wird beklemmend authentisch gezeigt. Und das Ermittlerteam tappt lange im Dunkeln – bis Kommissarin Stern auf eine Spur stößt: Vor zehn Jahren wurde schon einmal ein Junge entführt. Der tauchte nach einiger Zeit zwar wieder auf, die Entführung wurde aber nie aufgeklärt. Und nun weisen dieser alte Fall und die aktuelle Entführung bemerkenswerte Parallelen auf. Das Problem: Das Kind von damals, der inzwischen 18-jährige Swen, ist tief traumatisiert und hat keine große Lust, der Polizei zu helfen. Was also tun?

    Johanna Stern (Lisa Bitter,links) und Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) jagen den „Stelzenmann“.
    Johanna Stern (Lisa Bitter,links) und Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) jagen den „Stelzenmann“. Foto: Benoît Linder, SWR/dpa

    Das alles ist nicht völlig uninteressant, dennoch verbringt dieser „Tatort“ beachtlich viel Zeit damit, auf der Stelle zu treten – bis es dann irgendwann offenbar sogar den Filmemachern selbst zu lange wurde: Denn nach 45 Minuten (da ist gerade die Hälfte der Spielzeit erreicht) zeigt der Film den Zuschauern einfach, wer der Entführer ist. So eine Enthüllung ist nicht völlig neu für einen „Tatort“, aber doch bemerkenswert, weil sie in diesem Fall völlig unnötig erscheint und der Geschichte keine neue Würze verleiht – die eigentlich spannende Rätselei aber enorm an Tempo verliert. Zudem wirkt manche Entscheidung und Schlussfolgerung von Täter und Ermittlern nicht recht begründet und logisch. Darüber kann man hinwegsehen, klar, aber eben auch nur, solange man im hoffentlich zufriedenen Sekt-und-Schokolade-Koma nach der Silvesterfeier nicht zu intensiv über den Film nachdenkt.

    Eins immerhin ist schlussendlich sicher: Anders als die Horrorfilm-Ikonen Michael Myers oder Jason Voorhees ist der Stelzenmann tatsächlich ein normaler Mensch, die Horror-Maske landet im Dreck. So soll es sein. Schließlich sind wir hier nicht in Hollywood, sondern im guten alten öffentlich-rechtlichen Rundfunk – ob das nun gut ist oder schlecht, muss wohl jeder selbst entscheiden.

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