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Tatort an Neujahr: Im Stuttgart-"Tatort" geht es heute um Mord, aber auch um MeToo

Tatort an Neujahr

Im Stuttgart-"Tatort" geht es heute um Mord, aber auch um MeToo

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    Lohnt sich der Schwarzwald-"Tatort" am Sonntag?
    Lohnt sich der Schwarzwald-"Tatort" am Sonntag? Foto: AZ Grafik

    Ha, ein Hundehaufen als entscheidender Hinweis – kommt auch nicht alle Tage vor. Man hätte im neuen Stuttgarter „Tatort“ (Neujahr, ARD, 20.15 Uhr) auch die gehörnte Ehefrau vorschicken oder im Haifischbecken Versicherungskonzern eine entlarvende Datei auftauchen lassen können. Nichts da, Kriminalkommissar Sebastian Bootz (Felix Klare) stapft in die Hinterlassenschaft eines Vierbeiners und merkt erst viel später, was für ein Glückstritt dies war. Das ist die zwar unappetitliche, aber doch hübsche Pointe im Krimi „Videobeweis“, der seine Spannung nicht primär aus der Wer-ist-der-Mörder?-Frage zieht.

    Obwohl es natürlich einen Toten gibt. Ein Firmen-Mitarbeiter liegt am Morgen nach der Weihnachtsfeier im Foyer. Er ist über eine Balustrade gestürzt. Alles fokussiert sich auf die zwei Personen, die das Gebäude nach einem erotischen Mitternachtssnack als letzte verließen: die stoische, auffallend an den Thriller „Basic Instinct“ angelehnte Kim Tramell (Ursina Lardi) und ihr Chef Oliver Jansen (Oliver Wnuk), der zugleich Vorgesetzter des Toten war.

    "Videobeweis" birgt einen kleinen Langweiler für "Tatort"-Traditionalisten

    Klar geht es erst mal um die Frage, wer beim Ableben des Kollegen seine Hände im Spiel hatte – wäre ja ein sonderbarer „Tatort“, wenn nicht. Kleiner Langweiler für die Traditionalisten unter den Wer-ist-der-Mörder?-Rätslern: Es gibt halt von Beginn an diese beiden Verdächtigen. Und ein Überraschungstäter oder eine -täterin hüpft kurz vor der Abspannmelodie auch nicht aus dem Busch. Eine 50:50-Sache also.

    Sebastian Bootz (Felix Klare, vorne) und Thorsten Lannert (Richy Müller) liegt bei ihrem neuen Fall ein Video vor, das eindeutig ist - und dann wieder nicht.
    Sebastian Bootz (Felix Klare, vorne) und Thorsten Lannert (Richy Müller) liegt bei ihrem neuen Fall ein Video vor, das eindeutig ist - und dann wieder nicht. Foto: Benoit Linder, SWR/dpa

    Der Reiz von „Videobeweis“ entwickelt sich aus dem Nebenstrang des Falls. Der Kollege hat kurz vor seinem Tod das Schäferstündchen von Tramell und Jansen gefilmt. Über Umwege landet das Video bei den Kommissaren Bootz und Lannert (Richy Müller). So wird der Mord- auch zu einem MeToo-Fall. Denn Tramell wirft Jansen vor, sie vergewaltigt zu haben. Hat Jansen den Mitarbeiter getötet, um einen Zeugen zu beseitigen? Oder hat Tramell aus Karrieregründen mit dem Chef geschlafen und den Konkurrenten um den neuen Job ins Jenseits befördert?

    Die "Tatort"-Macher könnten sich die Finger verbrennen

    Das Video ist eindeutig. Dann wieder nicht. Oder sieht man nur, was man sehen will? Als Mann? Als Frau? Das Drehbuch-Duo Rudi Gaul und Katharina Adler fasst ein heißes Eisen an, an dem man sich schnell die Finger verbrennt. Die zwei tun es nicht. Sie schaffen es, die beiden Perspektiven dramaturgisch sauber nebeneinanderzustellen: Wie muss sich eine Frau fühlen, die vergewaltigt wird, aber keine Beweise hat? Und: Wie fühlt sich ein Mann, dem Vergewaltigung vorgeworfen wird, der dies aber nicht widerlegen kann?

    Am Ende fragt die Polizeischülerin: „Ist das jetzt Gerechtigkeit?“ Bootz antwortet: „Zumindest ist es die Wahrheit.“

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