Ein junger Mann ersticht mit einem Messer den Stiefvater seiner Freundin in dessen schicker Villa, und das auch noch detailliert. Derweil tanzt die Tochter des Hauses nebenan zu einer Disco-Nummer und bekommt nichts mit. Emotion und Tod parallel geschaltet. Nun können Autor Jürgen Werner und und Regisseur Sebastian Ko ruhig davon ausgehen, dass die "Tatort"-Fangemeinde nicht weiß, dass diese Gleichung schon in dem amerikanischen 50er-Jahre-Melodram "In den Wind geschrieben" von Douglas Sirk stattgefunden hat.
Viel offensichtlicher sind andere Hollywood-Bezüge in dem Kölner "Tatort", bei dem übrigens noch ein Mord passiert. Das vom Schicksal umflorte junge Paar Adrian (Rick Okon) und Laura (Ruby O. Fee) will in eine bessere Zukunft flüchten. Mädchen aus gutem Haus, deren Lügen dramatische Folgen haben, und ein Typ, der gar nicht unsympathisch ist, auch weil er seine Mama in der tristen Vorortsiedlung liebt, werden Stars eines neuen Genres, dem des unheilschwangeren "Tatort"-Road Movie.
Tatort "Kartenhaus" erinnert an Bonnie und Clyde
Darum erinnnert "Kartenhaus" auch in seiner Gestaltung deutlich an Oliver Stones Film "Natural Born Killers", wenngleich die großzügige amerikanische Landschaft hier heruntergebrochen ist auf Köln und einen tristen Vorort.
Bonnie und Clyde 2016 gewissermaßen als ein Zerrbild von Romeo und Julia auf der Flucht. Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) spielen diesmal die zweite Geige, trotz einiger lakonischer Sprüche. Der Showdown findet auf dem Dach eines Plattenbaus statt. Was für diesen "Tatort" spricht: Endlich mal kein Flüchtlingsdrama. Die zügig mit mutigen Schnittfolgen inszenierte Geschichte. Das großartig gespielte Liebespaar. Tja, und der gute Ballauf, den Adrian im Hochhaus-Sprint abhängt, kommt in die Jahre. Das darf man ja zeigen.
