Früher waren sie nur bei Matrosen und Bikern beliebt, hatten einen Hauch von Kriminalität und Unterwelt. Heute sind Tattoos mitten in der Gesellschaft angekommen, immer mehr junge Menschen, auch in Deutschland, lassen sich tätowieren. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind 17 Prozent der Deutschen tätowiert, Tendenz steigend.
Aber Tattoos sind auch nicht komplett kritiklos. Neben der Tatsache, dass sie permanent sind – worauf Tätowierte an jeder Familienfeier hingewiesen werden – spukt auch immer wieder das angeblich hohe Krebsrisiko, das von den Tattoo-Farben ausgeht, umher. Was ist dran an dieser weitverbreiteten Annahme? Sind Tattoos wirklich krebserregend oder ist das alles nur ein Mythos?
Tätowierungen: Was genau ist das eigentlich?
Bei einer Tätowierung wird mit Hilfe einer Tattoo-Nadel ein Farbpigment in die zweite Hautschicht – die sogenannte Dermis – gespritzt, wie der Bundestag in einem Infoblatt erklärt. Dabei ist wichtig, dass die zweite Hautschicht getroffen wird, da sich die oberste Hautschicht – die sogenannte Epidermis – regelmäßig regeneriert und das gestochene Motiv so schnell verschwinden würde.
Wie mehrere Studien allerdings zeigen, bleibt die Farbe nicht in der zweiten Hautschicht, sondern verteilt sich im Laufe der Zeit im Körper. Laut der Vebraucherzentrale wurden Pigmente und deren Abbaustoffe sogar schon an Stellen wie in Lymphknoten oder in der Leber entdeckt.
Was sagt die Wissenschaft: Sind Tattoos krebserregend?
Einhergehend mit der rapide steigenden Popularität von Tätowierung hat auch die Forschung zu dem Krebsrisiko der verwendeten Farbpigmente zugenommen. Seit Jahren beschäftigen sich immer wieder Studien mit speziellen Tattoo-Farben und untersuchen mögliche Zusammenhänge zwischen ihrer Verwendung und einer späteren Krebserkrankung von tätowierten Menschen.
Im Jahr 2012 erschien eine Studie finnischer Wissenschaftler in dem Wissenschaftsmagazin The Lancet Oncology, in dem die Forscher zu dem Schluss kamen, dass die Fälle von Hautkrebs bei Tattoos "eher selten" waren und man deshalb aktuell von "Zufällen" ausgehen müsse. Gleichzeitig werden immer wieder Studien veröffentlicht, die Fälle von Hautkrebs auf Tattoos untersuchen und zu dem Schluss kommen, dass durchaus ein Zusammenhang bestehen kann.
Bestimmte Farbpigmente werden regelmäßig von der EU verboten, wie erst zu Beginn des Jahres 2023 die Farben "Pigment Blue 15:3" und "Pigment Green 7". Sie seien schädlich und dürften deshalb nicht mehr zum Tätowieren verwendet werden. Das BfR hat hierzu einen eigenen Bericht veröffentlicht, in dem es zu Vorsicht aufruft. Laut dem BfR seien die Hinweise auf Schädlichkeit bei den Pigmenten nicht stark genug, um ein Verbot zu rechtfertigen. Außerdem äußert es die Sorge, dass jetzt statt den beiden bereits bekannten Pigmenten neue, unbekannte und demnach möglicherweise giftigere Pigmente verwendet werden könnten.
Das Problem ist, dass die Pigmente zwar auf ihre Toxizität überprüft werden, bevor sie zugelassen werden: Enthalten sie Schwermetalle oder Konservierungsstoffe, wie hoch ist ihre Keimbelastung, enthalten sie krebserregende Stoffe? Aber es fehlen aussagekräftige Untersuchungen dazu, wie die Pigmente sich im menschlichen Körper entwickeln. Wie reagieren sie auf Sonneneinstrahlung? Welche Abfallprodukte entstehen mit der Zeit? Hier fehlen laut BfR wissenschaftliche Studien.
Tätowierungen: Kann man sich jetzt also tätowieren lassen?
Die Entscheidung, ob man sich tätowieren lassen möchte, muss jeder nach Abwägung der Risiken selbst treffen. Die Hinweise auf ein mögliches Krebsrisiko sind nicht stark genug, dass eine Warnung ausgesprochen werden könnte, ganz bedenkenlos ist die Körperkunst aber auch nicht.
Das BfR spricht sich für mehr Forschung und eine Erstellung einer Positivliste von ungefährlichen Pigmenten aus, statt wie bisher einer Negativliste mit gefährlichen Pigmenten. Übrigens: Wer ein Tattoo hat und jetzt darüber nachdenkt, es sich aus Angst vor einer Krebserkrankung entfernen zu lassen, sollte darüber gut nachdenken. Einige Studien haben festgestellt, dass bei der Laserbehandlung von Tattoos aus den Farbpigmenten krebserregende Stoffe austreten. Auch hier besteht also ein gewisses Risiko.
Das Risiko, dass sich in Farbpigmenten bei Tattoos gefährliche Stoffe verstecken, kann nicht ausgeschlossen werden. Wer sich ein Tattoo stechen lassen möchte, sollte aber auf jeden Fall darauf achten, dass die Hygiene-Vorschriften in dem Tattoo-Studio beachtet werden. Eine schmutzige Tattoo-Nadel ist leicht zu vermeiden und kann lebensgefährlich sein.