An der süditalienischen Mittelmeerküste schlummert unter Neapel und der Küstenstadt Pozzouli ein riesiger Vulkan. Die Phlegräischen Felder erstrecken sich über eine Fläche von über 150 Quadratkilometern und bilden einen Supervulkan unter der Erdoberfläche, der seit Jahren von Forschenden beobachtet wird.
Aktuelle Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Erdkruste durch die anhaltende Aktivität des Magmas zunehmend Risse bekommt, wodurch die Gefahr eines Ausbruchs steigt. Der italienische Zivilschutzminister Nello Musumeci hat laut einem Artikel von Merkur bestätigt, dass die Situation intensiv überwacht wird und die Region derzeit auf Warnstufe Gelb steht, mit der Möglichkeit einer schnellen Erhöhung der Alarmbereitschaft. Eine Studie hat zudem gezeigt, dass die Erdkruste über dem Vulkan bald aufbrechen könnte und ein Vulkanausbruch aktuell so wahrscheinlich ist, wie schon lange nicht mehr.
Am Montag, 2. Oktober 2023, war es in der Region erneut zu einem Erdbeben gekommen. Wie der italienische Zivilschutz erklärte, war es ein Erdstoß der Stärke 4,0. Verletze oder Schäden hatte das Beben zwar nicht gefordert, aber laut dem Bayerischen Rundfunk die Bevölkerung in Panik versetzt. Der Grund: Das Epizentrum des Erdbebens lag laut dem Nationalen Forschungsinsitut für Geophysik und Vulkanologie in Italien (INGV) in einer Tiefe von etwa drei Kilometern zwischen Neapel und Pozzuoli und hat damit erneut die Phlegräischen Felder betroffen.
Die Sorge vor einem Ausbruch wird aktuell immer größer. Aus diesem Grund hat die italienische Regierung die veralteten Pläne zur Evakuierung der Region überarbeitet und mit dem "Campi Flegrei"-Dekret einen neuen Evakuierungsplan für den Fall eines Vulkanausbruchs erarbeitet. Im Falle eines bevorstehenden Ausbruchs müssten laut einem Bericht der Tagesschau etwa eine halbe Million Menschen evakuiert werden, was nach Angaben der Behörden drei Tage dauern würde.
Übrigens: In Italien gibt es neben dem Ätna, dem Vesuv, dem Stromboli und den phlegräischen Felder auch zahlreiche Unterwasservulkane.
Phlegräische Felder: Warum droht in Italien ein Vulkanausbruch?
Seit etwa 70 Jahren wird die Region rund um Neapel laut dem Europamagazin regelmäßig von kleinen Erdbeben erschüttert und auch eine Studie von Juni 2023, durchgeführt von Forschenden aus London und Bologna, zeigt, dass die Campi Flegrei instabiler sind als bisher angenommen.
Denn: Durch die vulkanischen Aktivitäten bewegt und erhebt sich der Erdboden, so dass das Zentrum der Stadt Pozzouli inzwischen im Vergleich zu 1950 vier Meter höher liegt. Das haben auch Forschende des University College London und des INGV in einer im Fachjournal Nature Communications Earth & Environment veröffentlichten Studie festgestellt.
Demzufolge war der Erdboden in Pozzouli zwischen 1950 und 1984 in Zwei-Jahres-Intervallen pro Jahr um 0,1 bis 1 Meter gestiegen. Seit 2005 erhebt sich der Erdboden langsamer - pro Jahr etwa 1 bis 10 Zentimeter. Doch der Druck wird immer größer, so dass Brüche in der Erdkruste immer wahrscheinlicher werden. Laut einem Bericht der Zeit haben Vulkanologen bereits darauf hingewiesen, dass die Erdoberfläche derFelder immer schwächer und anfälliger für Risse wird, was charakteristisch für Supervulkane mit ihren großen Magmakammern ist.
"Wir gehen gerade von der elastischen in die unelastische Phase über", sagte der italienische Seismologe Nicola Alessandro dem Europamagazin und erklärte: "Wenn ich einen Stock nehme und ihn verbiege, dann hat er zunächst eine elastische Phase, in der er sich verbiegt und wenn ich dann loslasse geht er zurück. Wenn ich ihn weiter verbiege, beginnt er zu knacken, ich höre Risse." Im Fall der Phlegräischen Felder symbolisiert der Stock die knackende Erdkruste, die immer stärker unter Druck gerät.
Der Studie zufolge weisen die Bewegungen des unterirdischen Supervulkans bereits auf aufsteigendes Gas und zunehmende Brüche in der Erdkruste hin. Ein Ausbruch wird aus diesem Grund immer wahrscheinlicher, ist aber nicht garantiert.
Supervulkan bei Neapel: Ist ein Vulkanausbruch unausweichlich?
Nicola Alessandro zufolge sind zwei Szenarien möglich: Durch kleinere Erdbeben könnte der Druck unter der Erdkruste entweichen und die Erde zurücksinken oder der Druck könnte sich in einer gewaltigen Eruption entladen. Das hätte fatale Auswirkungen auf ganz Neapel und die Region darum. Im Gebiet um die Phlegräischen Felder leben rund 360.000 Menschen, im Großraum Neapel etwa drei Millionen.
Experten beobachten die Aktivität der Phlegräischen Felder genau und speisen die Daten in eine Art Kommandozentrale ein, um die Bevölkerung im Erstfall so früh wie möglich warnen zu können. Die italienische Regierung hat kürzlich zudem mit einem Dekret zur 'Vorbeugung des seismischen Risikos' reagiert, welches eine Risikoanalyse, die Absicherung bebauter Gebiete und die Ausarbeitung eines neuen Evakuierungsplans vorsieht.
Supervulkan in Italien: So sieht der Evakuierungsplan aus
Die italienische Regierung hat für den Fall eines Ausbruchs der Phlegräischen Felder neue Maßnahmen erarbeitet, die im "Campi Flegrei"-Dekret erlassen werden können. Demnach sieht der Evakuierungsplan laut der italienischen Regierung zwei Zonen vor - rot und gelb.
In der roten Zone liegen dabei die Regionen, die am stärksten von einem Ausbruch betroffen wären. In den Gemeinden Pozzuoli, Bacoli, Monte di Procida und Quarto sowie Giugliano in Campania, Marano di Napoli und einige Gemeinden, die zu Neapel gehören leben rund 500.000 Menschen. In der gelben Zone - diese Region östlich der roten Zone könnte bei einem Ausbruch von herabfallender Asche betroffen sein - leben rund 800.000 Menschen.
Für die Evakuierung sieht der Plan der Regierung ein Zeitfenster von 72 Stunden, also drei Tage, vor. In der Alarm-Phase müssen dann alle Personen in der roten Zone gleichzeitig, aber kontrolliert das Gebiet verlassen. Dafür sind nach zwölf Stunden Vorbereitungszeit 48 Stunden vorgesehen. Die letzten zwölf Stunden dienen als Sicherheitspuffer.
Phlegräische Felder: Was könnte bei einem Vulkanausbruch passieren?
Der letzte Ausbruch der Phlegräischen Felder ereignete sich laut vulkane.net vor knapp 500 Jahren im Jahr 1538. Bei der Eruption bildete sich ein 133 Meter hoher Vulkankegel, der heute als Monte Nuovo bekannt ist.
Würde der Supervulkan heute ausbrechen, hätte das verheerende Folgen und schon kleinere Eruptionen könnten im dicht besiedelten Neapel und dem Gebiet um die Stadt großen Schaden anrichten. Ein Ausbruch der Stärke 7 oder 8 auf dem Vulkanexplosivitätsindex (VEI) würde laut vulkane.net die Region mit großer Wahrscheinlichkeit komplett zerstören. Eine entsprechende Aschewolke könnte bis nach Rom und sogar bis über die Alpen nach Deutschland reichen.
Außerdem: Wenn Magma an die Erdoberfläche dringt oder dort mit Wasser in Kontakt kommt, kann es laut der Augsburger Allgemeinen zu Explosionen kommen, die Druckwellen auslösen und Steinbrocken kilometerweit schleudern könnten.