Rund um den Öffentlichen Dienst bahnt sich ein Streit von historischem Ausmaß an. Am Dienstag, 24. Januar, haben die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst der Kommunen des Bundes begonnen. Der Ton war schon zuvor rau. Es werde "hammerharte" Verhandlungen geben, sagte Ulrich Silberbach, Chef des dbb Beamtenbund und Tarifunion. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke gibt sich kaum weniger angriffslustig und spricht von der "fokussiertesten Forderung seit Menschendenken für den Öffentlichen Dienst". Die Latte liegt also bereits hoch, doch worum geht es bei den Verhandlungen und drohen nun Streiks?
Verdi-Tarifverhandlungen beginnen im Öffentlichen Dienst mit hohen Forderungen
Die Forderungen von Verdi sind hoch. Die zweitgrößte Gewerkschaft Deutschlands legt keinen Wert auf die Inflationsprämie, die in der Industrie zuletzt bei vielen Verhandlungen eine wichtige Rolle gespielt hat. Stattdessen fordern Verdi und der Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Geld. Die Mindesterhöhung soll 500 Euro pro Person und Monat betragen. Eine Forderung, die rund 2,5 Millionen Beschäftigte betrifft. Am Dienstag, 24. Januar, beginnen die Verhandlungen in Potsdam.
Eine derart hohe Forderung hat es zuletzt im Jahr 1974 gegeben. Damals wollte die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) satte 15 Prozent bei mindestens 185 D-Mark für die Beschäftigten. Die Ausgangslage war nicht unähnlich zur heutigen. Eine Energiekrise, die sich rund um Öl drehte, hatte die Inflationsrate nach oben schießen lassen. Die Kaufkraft war geschwunden.
Öffentlicher Dienst: Drohen Streiks wegen der Verdi-Tarifverhandlungen?
Deutschland könnten einige turbulente Wochen bevorstehen. Und dem Bund womöglich ein teurer Kompromiss. Wenn Verdi ihre Forderungen durchsetzt, würden die Personalkosten der Arbeitgeber um rund 15 Prozent steigen. Bereits eine Tariferhöhung um ein Prozent kostet 1,3 Milliarden Euro. 15 Prozent machen dann also fast 20 Milliarden Euro aus.
"Das können wir so nicht leisten, und viele andere Kommunen auch nicht", sagte Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) dem Spiegel. Sie steht an der Spitze der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA). Zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist sie Verhandlungsführerin der Arbeitgeber. "Ich stehe in einem dreifachen Verteilungskampf um das knappe Geld", sagte Welge: "Die Kommunen sind von der Inflation und den derzeit hohen Energiepreisen genauso betroffen wie ihre Beschäftigten."
Die Arbeitnehmerseite scheint diese Argumente nicht gelten lassen zu wollen. Wenn die Arbeitgeber bei den Verhandlungen auf der Bremse stehen würden, dann "schließe ich Flächenstreiks nicht aus. Dann wird es richtig ungemütlich", machte Silberbach klar. Werneke sprach von einem "riesengroßem Druck", den er weitergeben würde. "Allein am Verhandlungstisch werden wir unsere Forderung nicht durchsetzen können", gab er schon einmal den Ton in Richtung Warnstreiks vor.
Streik im Öffentlichen Dienst 2023: Wie groß wären die Auswirkungen?
Der Druck wird ohne Zweifel auch für die Arbeitgeber hoch sein. Es steht viel auf dem Spiel. Kommt es zu Flächenstreiks im Öffentlichen Dienst, bleiben Kitas und Sparkassen geschlossen, der Müll wird nicht mehr abgeholt und Behörden arbeiten nicht mehr. Auch viele Verkehrsbetriebe werden ausgebremst. Ein Zustand, der schon in wenigen Tagen zu einem ernsthaften Problem innerhalb der Gesellschaft heranwachsen würde.