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Stockholm-Syndrom: Ursprung vor genau 50 Jahren

Schweden

Ursprung des Stockholm-Syndroms: Geiselnahme begann vor genau 50 Jahren

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    Vor genau 50 Jahren, am 23. August 1973, ereignete sich ein Geiseldrama in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Der damals 32-jährige Jan-Erik Olsson betrat an einem Donnerstagmorgen um 10 Uhr mit einer Maschinenpistole die Bank und feuerte in die Decke. Dabei brüllte er: "Die Party hat begonnen." Als zwei Polizisten die Bank betraten, schoss er und verletzte einen der beiden. Danach ließ er 56 frei, drei Frauen und einen Mann im Alter zwischen 21 und 31 Jahren – alle Angestellte der Bank – nahm er als Geiseln.

    Stockholm-Syndrom hat seinen Ursprung in Geiselnahme vor 50 Jahren

    Olsson forderte drei Millionen Kronen und die Freilassung des berüchtigsten Bankräubers Schwedens, Clark Olofsson. Olsson verschanzte sich mit den vier Geiseln, rief das Büro von Ministerpräsident Olof Palme an und sagte: "Wenn wir die Bank nicht verlassen können, werden die Geiseln sterben."

    Am nächsten Tag wurde Olofsson in die Bank gebracht. Eine der Geiseln rief am selben Tag bei Palme an und sagte: "Lasst uns doch einfach laufen. Ich habe keine Angst vor diesen Männern. Sie beschützen uns." Ihre Worte wurden über die Medien verbreitet und viele fragten sich, weshalb sie die Geiselnehmer in Schutz nahm.

    Als die Polizei am dritten Tag der Geiselnahme laut einem Radiosender ein Loch in den Tresorraum bohren und die Insassen mit Gas betäuben wollte, legte Olsson den Geiseln Schlingen um den Hals. Olofsson versuchte sie zu beruhigen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei die Polizei zur Bedrohung geworden, sagte die Geisel Kristin Enmark später in einem Interview. Auf einmal seien die Geiselnehmer die Guten gewesen.

    In den beiden folgenden Tagen bohrte die Polizei trotz der Drohungen Löcher in den Tresorraum. Wasser drang ein. Durch die Löcher bekamen die Insassen Essen und Trinken und auch eine Kamera, die ein berühmtes Foto schoss.

    Geiselnahme in Stockholm: Geisel baut besondere Beziehung zu Täter auf

    Am sechsten Tag, dem 28. August, verlor Olsson die Nerven und schoss durch die Löcher in der Decke. Dabei verletzte er einen Polizisten an der Hand. Die Geiseln wurden nicht verletzt. Gegen 21 Uhr strömte Gas in den Innenraum und Olsson ergab sich. Als die Polizei die Bank stürmte und Olsson und Olofsson überwältigte, schrie Enmark: "Tut ihnen nicht weh, sie haben nichts getan." Draußen rief sie Olofsson vor den Kameras nach: "Wir sehen uns wieder."

    Enmark hatte bei der Geiselnahme eine besondere Beziehung zu Olofsson aufgebaut. In ihrem Buch erzählte sie, dass sie nach der Tat Kontakt zu ihm hielt, ihn mehrfach im Gefängnis besuchte und sich sogar eine kurze Beziehung entwickelte. Die Geiseln verweigerten später vor Gericht die Zeugenaussage, weil sie mit der Arbeit der Polizisten nicht einverstanden gewesen waren.

    Stockholm-Syndrom wird inzwischen für viele Situationen benutzt

    Der Stockholmer Polizeipsychologe Nils Bejerot, der das Verhalten aller Beteiligten analysiert hatte, prägte daraufhin den Begriff Stockholm-Syndrom. Damit wird das Phänomen beschrieben, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives, emotionales Verhältnis zu ihren Geiselnehmern aufbauen. Sie kooperieren mit ihnen und können sich teilweise noch nach der Tat mit ihnen identifizieren. Inzwischen wird der Begriff Stockholm-Syndrom für verschiedene Situationen benutzt, in denen Opfer Sympathien für ihre Peiniger entwickeln.

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