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Stefan Raabs langatmiges Comeback: Und jetzt macht er wieder Shows

Kommentar

Stefan Raabs langatmiges Comeback: Und jetzt macht er wieder Shows

Daniel Wirsching
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    Stefan Raab ist der Gewinner des Abends. Das steht schon fest, bevor er am Samstagabend live auf RTL endlich, endlich, endlich im Düsseldorfer PSD Bank Dome zum Kampf gegen Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich auftritt, nein erscheint, auf einer unfassbar langen Showtreppe, die in die Geschichte der Showtreppe eingehen wird. Er singt: „Paar aufs Maul“.

    Davor muss das geneigte Publikum ein Superlativ-Gewitter, jede Menge Werbung und noch mehr RTL-A,B,C-Personal samt Bachelors und Bacheloretten über sich ergehen lassen. Bereits in den ersten 30 Minuten vor der ersten von vielen Werbepausen greift eine Langeweile um sich, gegen die selbst der Wahnsinn des Moderations-Trios nicht ankommt. Andauernd fragen sich Raabs ehemaliger „Showpraktikant“ Elton, Laura Wontorra und der ebenfalls bei RTL unvermeidliche Frank Buschmann, ob Raab überhaupt da sei und wie er aussieht. Wäre Raab nicht da, denkt man, wäre das wirklich eine sensationelle Idee: Das Meeeega-Comeback fällt aus! Früher hätte man Raab das zugetraut.

    Ein nicht enden wollender videoschnipseliger Rückblick

    Nach der Werbepause geht es weiter wie vor der Werbepause: mit Erzähl-mir-was-von-den-guten-alten-Zeiten. Promi-Nasen teils von vorvorgestern schwelgen im Vorgestern. Wie sie Raab kennenlernten. Wie toll sie ihn fanden (“Stefan hat mein Leben lustiger gemacht“, Campino). Warum er das Fernsehen „revolutionierte“ (“Stefan Raab ist ein richtiges Genie“, Markus Lanz). Gezeigt wird ein nicht enden wollender videoschnipseliger Rückblick auf sein Gesamtschaffen, der tief in die Neunziger reicht: Retro trifft auf die ultimative Lobhudelei – von Thomas Gottschalk über immer wieder Markus Lanz (warum eigentlich?) bis hin zu Udo Lindenberg, der für Raab seine Sonnenbrille abnimmt. Mehr der Ehre wäre bloß, hätte er den Hut gezückt.

    Einen frühen Fremdschäm-Höhepunkt liefert zuverlässig „Buschi“ Buschmann, der fragt: „Wie reagieren die jungen Leute?“ Und danach ins Mikro schreit: „Lass uns im Fernsehen mehr Mut haben!“ Den TV-Dia-Abend vornehmlich alter weißer beziehungsweise grau gewordener Männer mit Mut in Verbindung zu bringen – darauf muss man erst kommen.

    Vor bald zehn Jahren hatte der Kult-Moderator und Produzent Stefan Raab seine Karriere vor den Kameras beendet. Mit 49. Für seinen Rückzug wurde ihm großer Respekt entgegengebracht. Es schien, als habe da ausnahmsweise einer verstanden, dass man nicht überreizen sollte. Zuletzt hatte Raab ja doch arg lustlos gewirkt. Er trat also ab als TV-Ikone – und schaffte das Kunststück, im öffentlichen Gespräch zu bleiben.

    Das Moderations-Trio (von links): Elton, Laura Wontorra und Frank Buschmann.
    Das Moderations-Trio (von links): Elton, Laura Wontorra und Frank Buschmann. Foto: Raab Entertainment/Willi Weber

    Der Samstagabend zieht und zieht und zieht sich, ohne dass Regina Halmich nennenswert erwähnt worden wäre vor lauter Raab-Besoffenheit. Noch eine Stunde nach Sendebeginn fragt Laura Wontorra, ob Raab überhaupt komme, um gleich darauf zu sagen, sie freue sich über sein Comeback. Elton sagt: „Wir warten auf ein Zeichen.“ Im Hallen-Publikum macht sich Verzweiflung breit, man hoffe, dass ER kommt.

    Man fragt sich fortwährend: ernsthaft?

    Wäre das öffentlich-rechtliches Fernsehen, man würde sich die besten Anwälte nehmen, um seinen Rundfunkbeitrag zurückerstattet zu bekommen, und zwar rückwirkend für das vergangene Jahrzehnt. Wer nicht eingeschlafen ist, sieht, wie um 21.41 Uhr der Boxring von der Multifunktionshallendecke schwebt.

    Man fragt sich fortwährend: ernsthaft? Wir schreiben das Jahr 2024 und ein Boxkampf „Mann gegen Frau“ taugt nach wie vor zum Event? Bei der Premiere 2001 (!), als Raab zum ersten von jetzt drei Fights gegen die frühere Box-Weltmeisterin Halmich in den Ring stieg, hatte das durchaus seinen Reiz.

    Schon 2001 und 2007 traten die beiden gegeneinander an. Jedes Mal verlor Raab, 2001 brach ihm Halmich sogar die Nase.
    Schon 2001 und 2007 traten die beiden gegeneinander an. Jedes Mal verlor Raab, 2001 brach ihm Halmich sogar die Nase. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Die Hochzeiten des (Männer-)Boxens in Deutschland mit Axel Schulz und Henry Maske lagen nicht lange zurück. Und die Aussicht, dass TV-Provokateur und Fiesgrinser Raab („The Killerplauze“) ordentlich Dresche beziehen könnte, elektrisierte einen Teil der Fernseh-Nation. Der andere Teil fand eh alles wahnsinnig witzig, was Raab machte. Kurzum: ein geniales Konzept. Damals.

    Heute fragt ein Radiosender seine jungen Hörerinnen und Hörer zurecht, welche Relevanz Raab für sie habe. Die besseren Fragen wären: Kennt ihr diesen Raab überhaupt? Und: Findet ihr seinen Brachial-Witz nicht von vorvorvorgestern?

    Das ganze Box-Spektakel ist ziemlich gestrig

    Die ganze Show ist ziemlich gestrig, als sei man 20, 30 Jahre zurückgeschleudert worden. Sie ist so gestrig, dass Verna Mae Bentley-Krause wie 2001 ihr „Ich liebe deutsche Land“ (Die Älteren erinnern sich) schmettert. Raab jedenfalls, um diese „Buschi“-Frage zu beantworten, sieht für seine 57 Jahre plauzenlos toptrainiert aus.

    Sein Comeback hatte Raab über Monate hinweg in sozialen Medien und derart famos angekündigt, dass die Reunion der ewig zerstrittenen Gallagher-Brüder von Oasis dagegen fast verblasste. Mindestens bei jenen, die sich an seine und damit wohl auch an ihre besten Zeiten erinnerten. Das waren immerhin so viele, dass der Düsseldorfer „Dome“ mit 13.000 Plätzen schwups ausverkauft (RTL) war. Über den folgenden Berichterstattungs-Hype, der seriöseste Medien erfasste, kann man nur – staunen. Er wäre nicht größer gewesen, hätten die Nagelsmänner den EM-Pott geholt. Das berühmt-breite Raab-Grinsen muss dessen Gesichtsmuskeln in den vergangenen Wochen dauerbeansprucht haben.

    Raab schnauft und keucht und hält sich wacker

    Am Samstagabend schnauft und keucht Raab von der ersten Runde an. In Runde zwei wird er angezählt. In Runde vier hängt er in den Seilen. In Runde fünf lässt er die Arme hängen und fängt an zu schauspielern. Nach Runde sechs ist es vorbei. Er verliert klar nach Punkten, doch der (Eigen-)PR-Wert des Spektakels ist tatsächlich: mega. Raab sagt: „Ich hab mir überlegt: Ich mach wieder Shows.“ Es war der Satz, auf den alle gewartet hatten.

    Thomas Gottschalk hatte die Kunst des Überziehens bei „Wetten, dass..?“ perfektioniert, Stefan Raab führte das Publikum an neue (Schmerz-)Grenzen. Indem er eine noch so gute Show-Idee auswalzte wie einen Pizzateig, der irgendwann derart dünn wird, dass man hindurchschauen kann. Oben drauf kamen Produkthinweise. Gab es bei „Wetten, dass..?“ Vorwürfe der Schleichwerbung, wurde etwa Raabs „Wok-WM“ nach einem entsprechenden Gerichtsurteil und wahrheitsgemäßer als „Dauerwerbesendung“ deklariert.

    „Ganz klar: Ich werde mich da nicht zurückhalten“: Regina Halmich vor dem Boxkampf gegen Stefan Raab.
    „Ganz klar: Ich werde mich da nicht zurückhalten“: Regina Halmich vor dem Boxkampf gegen Stefan Raab. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Ein Fest für Werber (“Unterstützt durch Produktplatzierung“ wird zu Beginn eingeblendet) und ein Abgrund an Langeweile ist am Samstagabend auch dieser „Mega-Box-Kampf“ (Bild), der nicht Boxkampf heißt, sondern und natürlich in Großbuchstaben „DER CLARK FINAL FIGHT”. Offensichtlich ahnte man bei RTL den Erklärungsbedarf und erklärte auf seiner Internetseite, dass die Erklärung dafür „so einfach, wie simpel“ sei: Es handele sich um einen digitalen Versicherungsmakler, der sich „die Titelpartnerschaft sichern“ habe können. Ob es jedoch wirklich der dritte und finale Fight gegen Halmich war? Hoffen wir es.

    So wird Raabs neue Primetime-Show auf RTL+

    Und für das Raab-Comeback? Hoffen wir das Beste. Schon nächste Woche gehe es los. Er werde alles auf einer Pressekonferenz im Anschluss erklären. In der sagt Raab, dass er im Streamingkanal RTL+ von Mittwochabend an eine wöchentliche 90-minütige Show präsentieren werde, RTL sei zu ihm gekommen. In der Show sei alles dabei, was er könne – und eine Million Euro gebe es auch zu gewinnen. Der Titel: „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“. Zudem werde es weitere Events geben.

    In einer zeitgleich verschickten Pressemitteilung schreibt der Sender vom „Beginn einer mindestens fünfjährigen Zusammenarbeit“. Und erklärt zur angekündigten ersten Show: Raab „moderiert und stellt die Quiz-Fragen. Er tritt in Duellen gegen seine Herausforderer an. Wechselnde Gast-Moderatoren wachen immer wieder über die Spielrunden. Den Anfang macht Publikumsliebling Elton.“ Klingt auch ziemlich gestrig.

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    6 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Schaut man das gesamte Lebenswerk von Stefan Raab, inklusive gestern, mal an, so findet man nicht sehr viel Vergleichbare. Seine Schaffens-Bandbreite ist schon immens. Zugegeben, es ist nicht jedermanns Geschmack was Raab so treibt, aber mit den "Neu-Unterhaltern", wie Joko, Klaas ... kann er allemal locker mithalten.

    Rainer Kraus

    Stefan Raab ist schon ein intelligenter Marketing-Profi und cleverer Geschäftsmann. Er hat das Geschäft wohl in seiner elterlichen Metzgerei gelernt, wie Uli Hoeneß. Kluge Werbung für Raabs neuem Comeback und seiner Show, Tolle Werbung für den Boxsport, Unterhaltung a la "Wetten dass" und sehr gut verdient haben alle Beteiligten.

    Wolfgang Leonhard

    Das Unterschichten-Fernsehen hat auch seine Berechtigung, aber damit hat die soziale Verwahrlosung der Menschen begonnen, über die sich heute alle beklagen. In meinem Leben kommt ein Sender wie RTL seit vielen Jahren nicht mehr vor.

    Marianne Böhm

    Laura Wontorra kann man nicht mehr sehen, die Dame ist inzwischen schon sowas von verbraucht.. und dann noch Cindy von Marzahn, einfach zuviel.. Die Show selbst großartig.. Raab sieht großartig aus.. er kann es einfach.. Bin gespannt was nach kommt.. !!

    Wolfgang Steger

    Wie sich einige Kommentatoren von einem solch primitiven Event gut unterhalten fühlen können, ist für mich ein Rätsel. Ich war gestern auf einem tollen Konzert und habe die Show aufgenommen und im Schnelldurchlauf angeschaut. Viel Werbung und ein manipulierter Pseudo-Boxkampf. 3 Stunden Brot und Spiele für ein anspruchsloses Publikum.

    Erich Holmer

    Herzlichen Dank, Herr Wirsching, für diesen treffenden und ausgezeichneten Artikel, der beschreibt, wie sich B- und C-Promis von vorgestern versuchen, wieder in die Gegenwart zu beamen.

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