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Staatstheater Hannover trennt sich von Ballettdirektor Goecke

Hannover

Nach Hundekot-Attacke: Staatsoper trennt sich von Ballettdirektor

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    Ballettdirektor Marco Goecke 2019 im Foyer der Staatsoper Hannover.
    Ballettdirektor Marco Goecke 2019 im Foyer der Staatsoper Hannover. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Dass das Verhältnis zwischen Kunst und Kritik angespannt sein kann, hat ein Vorfall am Staatstheater Hannover gezeigt. Marco Goecke, der Ballettchef der Staatsoper, hat bei der Premiere des Ballettabends "Glaube – Liebe – Hoffnung" am Samstag die Kritikerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Wiebke Hüster, mit Hundekot beschmiert. Das sagte die Betroffene am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe Anzeige erstattet. 

    Das Staatstheater bestätigte in einer Mitteilung den Vorfall, entschuldigte sich und trennte sich am Donnerstag von Goecke. Sein Vertrag als Ballettdirektor sei mit sofortiger Wirkung im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst worden, sagte Intendantin Laura Berman am Donnerstag. Bereits am Montag wurde er suspendiert und erhielt Hausverbot. Er habe der Staatsoper und dem Staatsballett massiv geschadet, teilte das Staatstheater am Montag in Hannover mit.

    Nach Hundkot-Attacke: Goecke entschuldigt sich

    Drei Tage nach dem Vorfall hat Goecke sich öffentlich entschuldigt. "Ich möchte mich bei allen Beteiligten, an erster Stelle bei Frau Hüster, für meine absolut nicht gutzuheißende Aktion aufrichtig entschuldigen", teilte der 50-Jährige am Dienstag in einem schriftlichen Statement mit. "Im Nachhinein wird mir klar bewusst, dass dies eine schändliche Handlung im Affekt und eine Überreaktion war."

    Für sein Engagement in Stuttgart hat der Vorfall in Hannover keine Konsequenzen. Die Entscheidung des Staatstheaters werde keine Konsequenzen haben, sofern es um Gauthier Dance gehe, sagte eine Sprecherin der Company am Montag in Stuttgart. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Goecke ist seit 2019 sogenannter Artist in Residence im Theaterhaus.

    Staatstheater Hannover: Goecke beschmiert Kritikerin mit Hundekot

    Laut Hüster habe Goecke ihr vor der Attacke vorgeworfen, Kritiken mit persönlichen Angriffen zu schreiben. Frank Rieger, Landesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands in Niedersachsen, bezeichnete den Vorfall als Attacke auf die Pressefreiheit.

    Hüster vermutet, Goecke könnte sich auf ihre Rezension seines jüngsten Tanzstücks für das Nederlands Dans Theater bezogen haben. Als sie zu dem Ballettabend in Hannover kam, sah sie den Choreographen im Foyer im Gespräch mit Besuchern. Er hatte seinen Hund dabei. In der ersten Pause habe sich Goecke im Foyer dann vor sie gestellt und ihr vorgeworfen, dass sie immer so schlimme persönliche Kritiken schreibe.

    Er habe plötzlich eine Plastiktüte mit Hundekot aus der Tasche gezogen und ihr mit der offenen Seite ins Gesicht gerieben, sagte Hüster. "Als ich gespürt habe, was er gemacht hat, habe ich geschrien." Sie habe unter Schock gestanden und geweint. Die Pressesprecherin des Theaters habe ihr geholfen, sich im Waschraum der Intendanz zu säubern. Dann sei sie zur Polizeistation Hannover-Mitte gefahren und habe Anzeige erstattet. Hüster ist sich sicher, dass die Attacke geplant gewesen sei: "Das war Vorsatz."

    Ballettchef Goecke äußert sich bislang nicht zum Vorfall

    Berman erklärte: "Wir haben unmittelbar nach dem Vorfall den Kontakt zu der Journalistin gesucht und uns persönlich bei ihr und auch öffentlich entschuldigt." Die Staatsoper Hannover sei ein offener Ort des respektvollen Miteinanders und Austausches.

    "Ein Künstler muss – ebenso wie wir Journalisten – Kritik ertragen, auch wenn sie überzogen erscheinen mag", sagte DJV-Landeschef Rieger. "Wer auf Kritik mit Gewalt reagiert, der ist nicht tragbar." 2006 hatte ein erboster Schauspieler dem FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier den Notizblock weggerissen und war entlassen worden. (mit dpa)

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