Wasabi-Kaisergranat. Mehr müsse man nicht sagen, finden einige, um zu wissen, um wen es geht. Wer sich ein bisschen in der Spitzengastronomie auskennt, wird in der Tat schnell an ihn denken: Tim Raue. Über seine berühmte Krustentier-Kreation schreibt er in seinem Kochbuch "My Way": „Dieses Gericht spiegelt mich wie kein anderes. Wenn ich meine ganze Karriere auf ein Gericht reduzieren sollte – es wäre der Wasabi-Kaisergranat." Das Buch trägt den Untertitel "Von der Gosse zu den Sternen" – und im Prinzip ist das der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man Raues Karriere bringen kann.
Raue wächst in einfachen Verhältnissen in Berlin-Kreuzberg auf. Er schließt sich, so erzählt er es jedenfalls, einer Gang an, geht keiner Prügelei aus dem Weg, dreht krumme Dinger. Mit 17 Jahren fängt er eine Kochlehre an – mit 23 ist er Küchenchef. Vielleicht ist es seine Zeit auf der Straße, vielleicht der harsche Ton, den man als Koch-Lehrling aushalten muss: Raue jedenfalls gilt heute als forsch, als jemand, der gerne "saufen" und "fressen" sagt und sich gar nicht erst die Mühe macht, seine Egozentrik zu verstecken.
Tim Raue steht heute wohl öfter vor der Kamera als hinter dem Herd
Inzwischen gehört der 49-Jährige zu den besten Köchen Deutschlands. Sein Restaurant "Tim Raue" hat zwei Michelin-Sterne - die begehrten Auszeichnungen werden übrigens an diesem Dienstag neu vergeben. Raue kocht regelmäßig in der Sendung Kitchen Impossible, ist Juror der Koch-Show "The Taste" und der einzige deutsche Koch, dem die weltweit bekannte Serie "Chef’s Table" auf Netflix eine eigene Folge gewidmet hat. Mittlerweile, munkelt man, steht Raue öfter vor der Kamera als hinter dem Herd.
Jetzt greift Raue mit seiner Frau Katharina Köchen unter die Arme, die von derlei Ruhm weit entfernt sind. Ab 11. April läuft "Raue – der Restaurantretter" auf RTL. "Wir schauen, wo hakt es im Service, wo hakt es in der Küche. Und dann sagen wir in motivierender Art und Weise, wo die Reise hingeht. Das kann aber natürlich, wie ich halt einfach bin, auch eine klare Ansage sein", sagt Raue im Podcast des Food-Magazins Rolling Pin.
Der Spitzenkoch war nie ein Mann des Understatements
Raue, der Mann der klaren Ansagen, kann aber auch leiser. Wenn er über Essen spricht, dann in weichen, wolkigen Worten. Dann redet er von Musik am Gaumen, von hinreißenden Säurespitzen und davon, dass ihn Gerichte emotional tief berühren. Über sein Kaisergranat-Gericht sagt er: "Dieser Teller hat alles: verschiedene Texturen wie knusprig, zart und knackig, heiß und kalt, sauer, süß, salzig und scharf, cremig und flüssig. Eine Achterbahnfahrt am Gaumen. Dieser Teller bin ich." Ein Mann des Understatements war Raue nie.