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Barcelona gegen Massentourismus: Harte, neue Regeln für Airbnb & Co.

Tourismus

Barcelona sagt Basta: Protest gegen Massentourismus, Airbnb und Kreuzfahrtschiffe

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    Ab nach Hause, dies fordern Demonstranten in Barcelona von ausländischen Urlaubern. Die Einwohner der beliebten Mittelmeerstadt leiden massiv unter dem Massentourismus.
    Ab nach Hause, dies fordern Demonstranten in Barcelona von ausländischen Urlaubern. Die Einwohner der beliebten Mittelmeerstadt leiden massiv unter dem Massentourismus. Foto: Paco Freire, SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

    Barcelona ist beliebter denn je. Es ist die meistbesuchte Mittelmeerstadt in Europa. Doch der Massentourismus hat längst negative Begleiterscheinungen. Nun reagiert die Stadt im Kampf gegen den Massentourismus mit radikalen Schritten. Zum Beispiel mit der Finanzkeule: Die Übernachtungssteuer soll demnächst pro Person auf fünf bis 7,50 Euro, je nach Unterkunftsart, steigen –das ist die höchste Urlaubssteuer Spaniens. Eine vierköpfige Familie muss dann in einer bescheidenen Drei-Sterne-Unterkunft pro Tag mit 20 Euro Bettensteuer rechnen.

    Verbot von Touristenwohnungen über Airbnb & Co.

    Kurz zuvor hatte der sozialdemokratische Bürgermeister Jaume Collboni angekündigt, dass alle Touristenapartments, die über Airbnb und andere Plattformen vermarktet werden, bis Ende 2028 ausnahmslos verboten werden. Das trifft mehr als 10.000 Touristenwohnungen mit 58.000 Betten. 40 Prozent des Übernachtungsangebots Barcelonas würde damit wegfallen. Ob diese Hammeranordnung tatsächlich umgesetzt werden kann, steht noch in den Sternen. Die Vermieterverbände wollen den Beschluss mit Gerichtsklagen kippen.

    Selfies mit Markthändlern nerven gewaltig

    Auch für Reisegruppen wurden harte Regeln erlassen. Wenn sie mit Führer unterwegs sind, dürfen sich nicht mehr als 20 Personen im Schlepptau des Tourguides befinden. Dieser darf während seiner Stadtführung keinen Lautsprecher benutzen. In der berühmten historischen Markthalle La Boqueria müssen Gruppen am Wochenende sogar ganz draußen bleiben. Die Markthändler klagen, dass sie einer „Plage von Selfies und Videoaufnahmen” ausgesetzt sind und Touristen die Gänge verstopfen.

    „Die touristische Belastung der Stadt darf nicht weiter zunehmen“, sagt Bürgermeister Collboni, der seit einem Jahr im Amt ist. „Das Wachstum kann nicht unendlich sein.“ Rund 16 Millionen in- und ausländische Besucher kamen 2023 in die katalanische Hauptstadt, in der 1,7 Millionen Menschen leben. Nimmt man die Vororte hinzu, in denen auch viele Stadttouristen unterkommen, waren es sogar 26 Millionen – ein Rekord. Keine andere Stadt am Mittelmeer empfängt mehr Reisende.

    Das Wachstum wird vor allem durch die Reiselust der Ausländer angeschoben. Die meisten Besucher kommen mit Kreuzfahrtschiffen aus den Vereinigten Staaten. Danach folgen an zweiter Stelle deutschsprachige Touristen - mehr als 900.000 Deutsche, Schweizer, Österreicher und auch Luxemburger machten 2023 in Barcelona Station.

    Einwohner fühlen sich wie Fremde in ihrer eigenen Stadt

    Hoteliers und Gastronomen freuen sich über das boomende Geschäft, doch den Bewohnern wird es zu viel. Die Einheimischen ärgert, dass sie es immer schwerer haben, sich in ihrer Stadt fortzubewegen. „Reisebusse verstopfen die Straßen. Und wenn ich zu Fuß unterwegs bin, gleicht dies angesichts der vielen Touristen auf den Gehwegen einem Hindernislauf“, schimpft ein Bürger im Lokalradio. Laut einer Umfrage der Stadtverwaltung glauben zwei Drittel der Bewohner, „dass Barcelona hinsichtlich der Aufnahmekapazität am Limit ist“. Rund die Hälfte bekennt, dass sie einen großen Bogen um touristische Zonen macht, weil es dort zu voll ist – die Einwohner fühlen sich als Fremde in ihrer Stadt. Zu diesen überlaufenen Hotspots gehören die Altstadt, die Flaniermeile La Rambla, die Meerespromenade, die vom Star-Architekten Antoni Gaudí geschaffene Basilika Sagrada Familia (Heilige Familie) und der ebenfalls von Gaudí gestaltete Park Güell.

    „Basta! Es reicht! Wir müssen dem Tourismus Grenzen setzen!”, riefen daher am Wochenende Tausende Demonstranten, die durch Barcelona marschierten. „Die Touristenmassen verschärfen ohnehin schon kritische Konflikte wie die Wohnungsnot, Umweltverschmutzung, soziale Ungerechtigkeiten und den Verlust der Lebensqualität”, hieß es im Protestmanifest mehrerer Bürgerinitiativen. Aus immer mehr Wohngebäuden würden Touristenunterkünfte; Geschäfte verwandelten sich zunehmend in Fast-Food-Läden.

    Zehn und mehr Kreuzfahrtschiffe liegen an einem einzigen Tag im Hafen

    Die Bürgervereine fordern auch, den boomenden Kreuzfahrttourismus zu begrenzen. Jetzt, in der sommerlichen Hochsaison, liegen an einem Tag zehn oder sogar noch mehr Kreuzfahrtschiffe im Hafen – darunter Ozeanriesen wie die „Oasis of the Seas” mit mehr als 6000 Passagieren. 2023 kamen allein 3,5 Millionen Urlauber mit diesen schwimmenden Hotels in Barcelona an – jedes Jahr werden es zehn Prozent mehr. Bürgermeister Collboni räumt ein, dass dies so nicht weitergehen kann.

    Die Metropole, die wegen ihres pulsierenden modernen Lebens und ihrer reichhaltigen Mittelalter-Geschichte als „Stadt der tausend Gesichter” gilt, ist zum größten Kreuzfahrthafen am Mittelmeer geworden. Auch deswegen, weil bisher in Barcelona die Zahl der erlaubten Kreuzfahrtschiffe noch nicht begrenzt wird. In anderen beliebten Hafenstädten, wie etwa Palma de Mallorca oder dem kroatischen Dubrovnik, wurden bereits Limits verhängt. In Italiens Lagunenstadt Venedig dürfen große Ozeandampfer gar nicht mehr anlegen.

    Zumindest beim Thema Wassermangel gibt es positive Nachrichten

    Aber es gibt auch eine positive Nachricht für Barcelonas Bewohner wie für die Touristen: Der Trinkwassermangel, der nach regenarmen Monaten im Winter zur Ausrufung des Notstands führte, ist dank vieler Niederschläge im Frühjahr zunächst abgewendet. Zwar dürfen Springbrunnen weiter nicht befüllt und Autos nicht gewaschen werden. Doch die Talsperren im Hinterland Barcelonas sind immerhin zu knapp 40 Prozent gefüllt. Hotels wie Privatleuten wurde deswegen erlaubt, jetzt im Sommer, wenn die Temperaturen hochkochen, ihre Swimmingpools zu füllen.

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